Darum gehts
- Stromausfall in Spanien und Portugal wirft Fragen zur Schweizer Stromversorgung auf
- Schweiz als Stromdrehkreuz Europas mit über 40 Auslandsleitungen
- Risiko für Blackout in der Schweiz laut Experten sehr gering
Und plötzlich geht in Spanien und Portugal das Licht aus. Blackout. Die Auswirkungen sind riesig: Verkehrschaos. Menschen stecken im Lift fest. Das Internet fällt teilweise aus.
Das Blackout wirft ein Schlaglicht bis in die Schweiz. Schliesslich gilt die Schweiz – mitten in Europa – als Stromdrehkreuz von Europa. 1958 wurden im aargauischen Fricktal die Stromnetze von Deutschland, Frankreich und der Schweiz zusammengeschaltet. Der «Stern von Laufenburg» sicherte den grenzüberschreitenden Strommarkt. Was passiert in Europa, wenn es in der Schweiz dunkel wird?
«Risiko eher klein»
Gabriela Hug forscht an der ETH Zürich zum europäischen Stromnetz. «Das Risiko, dass ein solches Blackout in der Schweiz passiert, ist eher klein. Insbesondere, dass das Schweizer Netz isoliert würde, ist fast unmöglich. Es wäre dann wohl ein Vorfall, der einen grösseren Teil des Europäischen Netzes betreffen würde.»
Während in Spanien gerade mal zwei bis drei starke Stromleitungen ins Ausland führen, sind es in der Schweiz über 40. Das bietet Vor- und Nachteile, so Hug. «Die Gefahr besteht natürlich, dass sich damit Schweizer Stromprobleme stärker auf die europäischen Nachbarländer ausbreiten und umgekehrt. Doch diese Verbindungen machen das System auch robuster.» Da die Stromnetze miteinander verbunden sind, würden im Notfall die Nachbarländer helfen, sagt die Professorin.
Schweiz half Frankreich
Swissgrid, Betreiber der Schweizer Höchstspannungsnetze, schätzt das Risiko für ein Blackout als «sehr gering» ein. Die Schweiz verfüge über eine moderne Netzinfrastruktur. Diese müsse allerdings ständig weiterentwickelt und ausgebaut werden. «Ansonsten steigt das Risiko.»
Auch Swissgrid verweist auf das europäische Stromnetz. «Das heisst aber nicht, dass ein grossflächiger Stromausfall in der Schweiz automatisch auch grosse Auswirkungen auf die Nachbarländer hat.» Als Beispiel nennt die Netzgesellschaft den Fall in Spanien. Das europäische Netz verhinderte Auswirkungen in den Nachbarländern. «So konnte Frankreich mit Hilfe von Swissgrid und den Netzbetreibern aus anderen Ländern den fehlenden Strom aus Spanien kompensieren.»
Trotz des geringen Risikos in der Schweiz: Die Fachleute würden sich auf diverse ausserordentliche Szenarien vorbereiten, schreibt Swissgrid.
Gibt es Probleme, etwa wenn weniger Strom ins Netz herein fliesst als heraus, dann könnte die Schweiz korrigieren, indem insbesondere mit der Wasserkraft mehr Strom produziert wird.
Spurensuche beginnt
In Spanien beginnt derweil die Suche nach den Ursachen. War es ein technisches Problem? Sabotage oder gar ein Cyberangriff? Auch in der Schweiz macht man sich darüber Gedanken. Swissgrid äussert sich nicht zu den Schutzkonzepten für die Stromnetze.
Klar ist aber: Gerade Angriffe auf die Stromdrehscheiben wie in Laufenburg könnten zum Problem werden. «Natürlich gibt es Orte, die bei einem Ausfall einen grösseren Einfluss hätten als andere. Generell ist das Schweizer Stromnetz aber sehr sicher», sagt ETH-Professorin Hug. So hat die Schweiz vorgesorgt. Das Hochspannungsnetz ist redundant aufgebaut, das heisst der Strom könnte über parallele Leitungen fliessen, sollte einmal eine Leitung wegfallen. Ähnlich wie im Strassenverkehr, gibt es mehrere Wege, um von einem Ort zum anderen zu kommen, und auf die man ausweichen kann. «Ein Ausfall kann also kompensiert werden.»
Gibt es aber mehrere Ausfälle, drohen auch in der Schweiz Probleme. «Natürlich könnte man das System weiter verstärken, doch das ist eine Kosten-Nutzen-Frage», sagt ETH-Professorin Hug.