Darum gehts
- Elternzeit-Initiative fordert 18 Wochen Urlaub für jeden Elternteil
- Die Meinungen von Eltern, die im Bundeshaus politisieren, gehen auseinander
- SVP hält dagegen, während die FDP eine Mischlösung vorschlägt und die SP zur Initiative hält
Einmal mehr sorgt der Vaterschaftsurlaub für Zündstoff. Mit der Elternzeit-Initiative fordern Alliance F, Grüne, GLP, Travailsuisse und die Mitte-Frauen je 18 Wochen bezahlte Auszeit für Mutter und Vater. Für viele Väter ist der aktuelle Zwei-Wochen-Urlaub zu knapp – das sagt auch Simon Preisig (35). Er hätte seine Partnerin nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes gerne mehr unterstützt – aber die Kosten dafür waren zu hoch, wie er im Blick kritisierte.
Wie erleben Politikerinnen und Politiker die Zeit rund um die Geburt ihrer Kinder? Und wie stehen sie zur Elternzeit-Initiative? Sie teilen ihre Erfahrungen:
Barbara Borer-Mathys (SVP)
Die Aargauer SVP-Sekretärin Barbara Borer-Mathys (41) aus Holzikon ist Mutter einer siebenjährigen Tochter und von fünfjährigen Zwillingsbuben. Nach jeder Geburt bezog sie die gesetzlich vorgesehenen 14 Wochen Mutterschaftsurlaub, ihr Mann nahm jeweils zwei Wochen frei.
Da sie sich daraufhin selbständig machte, äussert die Rechtsanwältin Kritik an den Entschädigungszahlungen: «Männer, die Militärdienst leisten, erhalten Betriebsersatzentschädigung.» So werde sichergestellt, dass der Betrieb weiterlaufen kann, auch wenn sie abwesend seien. Selbständige Frauen, die wegen der Geburt fehlen, erhielten hingegen keinen Betriebsersatz. «Eine Coiffeuse steht damit schlechter da als ein Bauer», sagt Borer-Mathys.
Von einem Ausbau auf 18 Wochen Elternzeit pro Elternteil hält sie nichts: «Das ist viel zu teuer für Steuerzahler und Wirtschaft.» Stattdessen plädiert sie für mehr Flexibilität: Eltern sollten die 14 Wochen untereinander aufteilen können. «Das wäre kostenneutral und würde mehr Freiheit schaffen.»
Andri Silberschmidt (FDP)
FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (31) wurde im Januar zum ersten Mal Vater. Wie er und seine Frau die Betreuung ihres Sohnes organisieren, hängt von der jeweiligen Woche ab. «Ich habe regelmässig Tage, die ich mir freinehme», sagt der Zürcher. Die zwei Wochen Vaterschaftsurlaub hat er bezogen. Auch darüber hinaus achtete er darauf, seine Termine zu reduzieren und flexibel zu bleiben.
Wichtig ist ihm, dass beide Elternteile wieder ins Berufsleben zurückkehren können. Die Elternzeit-Initiative geht ihm jedoch zu weit. Stattdessen plädiert Silberschmidt dafür, die insgesamt 16 Wochen Elternschaftsurlaub flexibel aufzuteilen – mit einer Mindestdauer für den Mutterschaftsurlaub, um den gesundheitlichen Bedürfnissen der Gebärenden Rechnung zu tragen. «Eine flexible Aufteilung würde dabei helfen, die Beziehung und Erziehung egalitärer zu gestalten», fasst er zusammen.
Diana Gutjahr (SVP)
SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr (41) ist Mutter eines Sohnes. Nach der Geburt bezog sie die gesetzlich vorgesehenen 14 Wochen Mutterschaftsurlaub und stieg danach schrittweise wieder ins Berufsleben ein. «Mein Mann hat keinen Vaterschaftsurlaub gemacht, weil wir das so entschieden haben und wir uns heute auch ohne diesen Vaterschaftsurlaub die Betreuung teilen», sagt die Thurgauerin. Eine Elternzeit sei für sie kein Massstab dafür, ob man sich gegenseitig unterstütze oder im Haushalt helfe, betont sie.
Die aktuelle Debatte um eine Ausweitung der Elternzeit stösst bei Gutjahr auf Unverständnis. Aus eigener Erfahrung ist sie überzeugt: «Je länger die Elternzeit dauert, desto weniger ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben.» Mit Kindern müsse man sich laufend anpassen und das Leben flexibel gestalten.
Auch staatliche Eingriffe sieht sie kritisch. «Jedes Gesetz muss durch Firmen aufgefangen werden», sagt sie. Statt fixer Vorgaben brauche es mehr individuelle Lösungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden.
Jon Pult (SP)
SP-Nationalrat Jon Pult (40) ist ganz frisch in der Papa-Rolle: Seine Tochter kam am 10. März zur Welt. Die zwei Wochen gesetzlicher Vaterschaftsurlaub reichten ihm nicht – er hängte zwei Wochen Ferien an. «Das war sehr schön, aber ich hätte gerne noch mehr Zeit mit meiner neugeborenen Tochter verbracht», sagt der Bündner.
Die Elternzeit-Initiative unterstützt er voll und ganz. Kritisch sieht er hingegen Modelle, die an den 14 Wochen Mutterschutz rütteln. «Den Gebärenden die Elternzeit streitig zu machen, finde ich falsch», so Pult. Den Einwand der hohen Kosten lässt er nicht gelten: «Dass es der Familie und den Kindern gut geht, ist viel wichtiger als die kurzfristigen Interessen gewisser Branchen.»