Darum gehts
- Verteidigungsminister Pfister präsentiert Pläne für VBS angesichts bedrohlicher Sicherheitslage
- Pfister betont Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit trotz Neutralität der Schweiz
- Armeebudget soll bis 2032 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht werden
Europa ist in Alarmstimmung. Schon 2027 könnte es zum Krieg zwischen Russland und der Nato kommen, warnen Experten. «Das Sicherheitsumfeld der Schweiz macht mir Sorgen», sagt auch der neue Verteidigungsminister Martin Pfister (61). Europa und die Schweiz seien so gefährdet wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Erstmals präsentierte der Mitte-Bundesrat am Montag auf dem Waffenplatz Bure im Kanton Jura seine Pläne für das Verteidigungsdepartement (VBS).
In der Regel treten neue Bundesratsmitglieder nach 100 Tagen im Amt erstmals öffentlich auf. Der Zuger machte dies schon nach rund der Hälfte der Zeit: «In der aktuellen Sicherheitslage haben wir keine Zeit für langes Schweigen. Ich spüre seitens Politik und Öffentlichkeit die Erwartung, mich rasch zu positionieren.»
Pfister will Gas geben, präsent sein, Sicherheit ausstrahlen. Das ist löblich. Die Sache hat aber auch einen Nachteil: Nach ein paar wenigen Wochen im Amt kann er noch kaum Konkretes vorweisen.
Vieles bleibt vage, ist erst noch zu erarbeiten. Dennoch sprach Pfister davon, dass die Phase der ersten Analyse abgeschlossen sei. Er stellt drei zentrale Handlungsfelder in den Vordergrund:
Sicherheitspolitik strategisch weiterentwickeln
Aufgrund der Bedrohungslage erarbeitet der Bundesrat derzeit eine sicherheitspolitische Strategie mit klaren Zielen und Wegen, wie diese erreicht werden sollen. Für Aussenstehende erscheint dies nicht mehr als selbstverständlich. Die Schweiz muss wissen, was ihre Armee können soll und welche Mittel sie dafür braucht. Konkreter aber wurde Pfister bisher kaum.
In einem Punkt aber war er unmissverständlich: «Sicherheitspolitische Autonomie ist nicht realistisch. Unsere Antworten müssen genauso grenzüberschreitend sein wie die Bedrohungen selbst.» Heisst: Ohne internationale Partner geht es nicht. So habe die Schweiz Zugriff auf sicherheitsrelevante Informationen und Frühwarnsysteme, erhalte Zugang zu modernen Verteidigungstechnologien und könne an internationalen Übungen teilnehmen – stets unter Einhaltung der Neutralität.
Armee soll verteidigungsfähig werden
Die Armee muss über das nötige Personal, Waffen und Munition verfügen, um das Land verteidigen zu können. Auch dies ist als solches noch keine neue Erkenntnis und erscheint für den Laien selbstverständlich. Pfister liess aber leise durchblicken, dass das VBS dafür letztlich mehr Mittel braucht.
Bisher hat das Parlament beschlossen, das Armeebudget bis 2032 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen – deutlich weniger als die meisten anderen europäischen Staaten. Das gelte es zu akzeptieren, so Pfister. «Aber wir müssen der Politik auch klar aufzeigen, welches Risiko sie damit eingeht.»
Daneben läuft die Regelung der Nachfolge des zurücktretenden Armeechefs Thomas Süssli (58) und des Nachrichtendienstchefs Christian Dussey (60). Neues gibt es noch nicht zu berichten. Dusseys Nachfolge soll spätestens nach den Sommerferien bekannt sein. Bis Ende Jahr sollen auch alle mit der Neubesetzung von Süsslis Posten verbundenen Rochaden bei der Armee abgeschlossen sein.
Vertrauen ins VBS stärken
Von aus der Bahn geratenen Rüstungsprojekten bis zu Betrugsvorwürfen beim Rüstungskonzern Ruag – immer wieder ist das VBS in den vergangenen Monaten in die Negativschlagzeilen geraten.
Dem will Pfister entgegenwirken. Dazu zählt er eine stärkere Kontrolle über Projekte und Programme, bei denen es bisher wiederholt zu Mehrkosten und Verzögerungen gekommen war. Pfister schuf nun die Abteilung «Planung, Controlling, Digitalisierung und Sicherheit» und setzte Robert Scheidegger von der Eidgenössischen Finanzkontrolle an deren Spitze.
Und das Fazit?
Pfister will seiner Verantwortung als Landesvater nachkommen und der Verunsicherung im Land entgegenwirken. Sein öffentlicher Auftritt wirkte deutlich geübter, er schien sich wohler zu fühlen als noch im Bundesratswahlkampf, wo er als Zuger Regierungsrat das grosse Bundesbern noch nicht gewohnt war und Medienschaffende zu meiden schien.
Auch wenn das Französisch noch nicht ganz sattelfest ist, wirken solche Auftritte schon deutlich staatsmännischer. Nur: Sie können trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pfister noch wenig Neuigkeiten vorweisen kann.