Darum gehts
- Schweizer Verteidigungspolitik gerät international in die Kritik
- Medien hinterfragen Schweizer Sicherheits- und Verteidigungsinstitutionen
- Zuletzt gab es viel Unruhe im VBS, unterdessen hat Bundesrat Pfister übernommen
Die Schweizer Verteidigungspolitik gerät international selten ins Visier. Das war zuletzt anders: Nach einer Rücktrittswelle im Verteidigungsdepartement (VBS) und der Debatte über die Rolle der Schweiz in Europa mehren sich kritische Stimmen aus dem Ausland – mal scharf, mal spöttisch!
Was sie eint: Sie werfen kein besonders gutes Licht auf unser Land, wie eine Auswertung des Aussendepartements (EDA) zeigt. Die Imagewächter von «Präsenz Schweiz» verfolgen genau, wie führende Medien weltweit über die Schweiz berichten – und welches Bild sie dabei zeichnen.
Seit wenigen Wochen sitzt Bundesrat Martin Pfister (61) auf dem VBS-Chefsessel. Doch kurz vor dem Abgang seiner Vorgängerin Viola Amherd (62) schlitterte das Departement in eine regelrechte Krisenserie: Rüstungsprojekte liefen aus dem Ruder, beim Rüstungskonzern Ruag tauchten Betrugsvorwürfe auf – und zwei weitere Schlüsselfiguren kündigten ihren Rücktritt an: Armeechef Thomas Süssli (58) und Nachrichtendienstchef Christian Dussey (60).
Durchwursteln in Bern?
Ein gefundenes Fressen für internationale Kommentatoren. Denn vielerorts wird derzeit genau beobachtet, wer sich in der neu entstehenden Sicherheitsordnung wie positioniert. Und ausgerechnet die Schweiz hinterliess dabei zuletzt keinen guten Eindruck.
In den ersten Monaten dieses Jahres nahmen internationale Medien das Thema wiederholt auf. «Sie stellen dabei die Frage, ob die zentralen sicherheits- und verteidigungspolitischen Institutionen der Schweiz zu einem geopolitisch denkbar ungünstigen Zeitpunkt von einer Führungskrise betroffen seien», heisst es in der EDA-Auswertung.
Die französische Zeitung «Le Monde» schrieb von einer «Krise an der Spitze der militärischen Hierarchie» in der Schweiz. Fazit: «Die Rücktritte in Serie werfen Fragen auf über den Ernst, mit dem die nationale Sicherheit geführt wird.»
Besonders deutlich war die Kritik aus Deutschland. Medien «kritisieren die Schweiz dabei teilweise scharf als sicherheitspolitische Trittbrettfahrerin und werfen ihr vor, sich opportunistisch an die USA anzulehnen», stellt das EDA fest.
So schrieb etwa die «Süddeutsche Zeitung»: «Die Schweiz wird sich bald die Frage stellen müssen, welche Rolle sie in einem sich auch sicherheitspolitisch neu sortierenden Europa einnehmen möchte.» Und die «Frankfurter Allgemeine» bemerkte: Das neutrale Land profitiere sicherheitspolitisch davon, dass es von Ländern des Sicherheitsbündnisses Nato umgeben sei.
Nach dem «Trump-Schock»
Auch der innere Zustand der Armee sorgt für Kopfschütteln. Selbst englischsprachige Medien verwiesen laut EDA-Papier auf «die veraltete militärische Ausrüstung und die im europäischen Vergleich niedrigen Verteidigungsausgaben».
Gleichzeitig berichteten Zeitungen, dass die Schweiz eine engere Zusammenarbeit mit der Nato in Erwägung ziehe. Die «Financial Times» aus London sprach von Schockwellen in der Schweiz, nachdem das Verhältnis zwischen den USA und Russland zunehmend unberechenbar geworden ist. Das Blatt kam zum Schluss: Der «Trump-Schock» bringe die neutrale Schweiz dazu, nach neuen Allianzen zu suchen.