Darum gehts
- Bundesrat berät über F-35-Kauf. Pfister informiert über weiteres Vorgehen
- USA verschieben Patriot-Lieferung an Schweiz zugunsten der Ukraine
- Kampfjet-Kauf könnte 1,3 Milliarden Franken teurer werden als geplant
Neue Abstimmung oder nicht? Was meint ihr, liebe Blick-Leser?
Der Fixpreis ist vom Tisch. Die F-35-Kampfjets werden bis zu 1,3 Milliarden Franken teurer. Die FDP hält weiter am Geschäft fest – die SP fordert eine neue Volksabstimmung. Was meint ihr? Bitte voten!
F-35-Kampfjet wird teurer – Fixpreis endgültig vom Tisch
Der Bundesrat muss eine bittere Niederlage einstecken: Die USA bleiben hart und verweigern der Schweiz beim Kauf der neuen F-35-Kampfjets einen Fixpreis. Trotz «intensiven Gesprächen» mit hochrangigen Vertretern des Weissen Hauses und einem Telefonat zwischen US-Verteidigungsminister Pete Hegseth und VBS-Chef Martin Pfister bleibt Washington bei seiner Haltung. Das teilt der Bundesrat am Mittwoch mit.
Das heisst: Die Schweiz zahlt für den F-35-Kampfjet den jeweils ausgehandelten Preis zwischen den USA und Hersteller Lockheed Martin. Wie hoch die Zusatzkosten schlussendlich ausfallen, lässt sich noch nicht abschliessend sagen. Sie hängen vom weiteren Verlauf der Teuerung in den USA, von der Entwicklung der Rohstoffpreise und anderen Faktoren, wie etwa den Zöllen ab. Laut VBS drohen Mehrkosten von 650 Millionen bis 1,3 Milliarden Franken. Damit würde die Beschaffung bei den geplanten 36 Jets deutlich mehr kosten als die 6 Milliarden Franken, die das Volk 2020 bewilligt hat.
Trotzdem will der Bundesrat am Kauf festhalten. Das VBS prüft nun bis Ende November verschiedene Optionen und will klären, ob die ursprünglichen Anforderungen an die Luftverteidigung von 2017 überhaupt noch gelten. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des künftigen Luftwaffen-Chefs Christian Oppliger soll die Annahmen von damals kritisch überprüfen.
Grüne sehen Debakel für den Bundesrat
Die Grünen haben ihre Forderung nach einem sofortigen Abbruch der Beschaffung des Kampfjets F-35 bekräftigt. Dem Bundesrat wirft die Partei vor, wie schon im Zusammenhang mit den US-Zöllen gegen die Schweiz über den «Mythos des Schweizer Sonderfalls"» gestolpert zu sein.
«Die Ratenzahlungen müssen sofort gestoppt werden», schrieb der Zürcher Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli am Mittwoch auf der Plattform Bluesky. Es drohten weitere Kostensteigerungen. Die Landesregierung erlebe ein Debakel. «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.»
Der Bundesrat hatte zuvor mitgeteilt, er akzeptiere höhere Preise für die Kampfjet-Beschaffung als ursprünglich angenommen und halte am F-35 fest.
In seiner Reaktion verlangte Glättli konkret, das Parlament müsse nun schnell über eine von ihm eingereichte Motion zum Thema befinden können, die auch eine neue Bedrohungsanalyse zur Luftraumsicherung fordert.
Fokussieren soll sich die Schweiz dabei nach dem Willen des früheren Grünen-Präsidenten unter anderem auf die Luftpolizei, den Schutz besonderer Objekte wie Staumauern oder Atomkraftwerke und die Bedrohung durch Drohnen. In der Begründung des Vorstosses warnt er zudem vor einer Abhängigkeit von den USA.
Grüne sehen F-35-Beschaffung als «Debakel für den Bundesrat»
«Die Ratenzahlungen müssen sofort gestoppt werden», schrieb der Zürcher Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli am Mittwoch auf der Plattform Bluesky. Es drohten weitere Kostensteigerungen. Die Landesregierung erlebe ein Debakel. «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.»
In seiner Reaktion verlangte Glättli konkret, das Parlament müsse nun schnell über eine von ihm eingereichte Motion zum Thema befinden können, die auch eine neue Bedrohungsanalyse zur Luftraumsicherung fordert.
Fokussieren soll sich die Schweiz dabei nach dem Willen des früheren Grünen-Präsidenten unter anderem auf die Luftpolizei, den Schutz besonderer Objekte wie Staumauern oder Atomkraftwerke und die Bedrohung durch Drohnen. In der Begründung des Vorstosses warnt er zudem vor einer Abhängigkeit von den USA. (SDA)
FDP stellt sich hinter Pfisters Entscheid
«Wer den Volksentscheid für neue Kampfjets torpediert, spielt mit der Sicherheit der Schweiz», schreibt die FDP. Martin Pfister habe heute kommuniziert, dass die Schweiz diese Mehrkosten akzeptiert. Die FDP stelle sich klar hinter diesen Entscheid, denn der F-35 sei sicherheitspolitisch unverzichtbar.
Das Kampfjet-Debakel werfe ein schlechtes Licht auf die frühere Spitze des VBS. «Alt-Bundesrätin Viola Amherd hatte jahrelang betont, mit den USA einen Fixpreis vereinbart zu haben.» Der Bundesrat und die zuständigen Geschäftsprüfungskommissionen müssten nun lückenlos aufklären, wie es zu dieser falschen Erwartung kam und ob im Beschaffungsprozess Fehler gemacht wurden.
Ende der Medienkonferenz
Die Medienkonferenz ist nun zu Ende.
GLP fordert Lösung innerhalb des 6-Milliarden-Kostendachs
«Das ist mehr als ein folgenschwerer Irrtum, der unserer Landesregierung unterlaufen ist», schreibt die GLP in einer Medienmitteilung. Der Bundesrat könne nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern er müsse eine Lösung präsentieren, die sich im von der Bevölkerung abgesegneten Rahmen bewegt – oder er muss erneut vors Volk. «Sonst droht dem Geschäft der Absturz.»
GLP-Nationalrat Beat Flach sagt: «Für die GLP ist es nicht akzeptabel, dass die Schweiz diesen Mehrpreis einfach akzeptiert.» Nun sei die Landesregierung gefordert, denn sie habe die Schweiz in dieses Schlamassel navigiert. «Sie muss eine Lösung finden, die das Kostendach von 6 Milliarden einhält, beispielsweise mit dem Kauf von 30 statt 36 Kampfflugzeugen und einer Option, die sechs restlichen F-35 doch noch anzuschaffen, sofern das Volk deren Kauf für zusätzliche 1,3 Milliarden bewilligt», so der Sicherheitspolitiker.
Juristische Schritte gegen Anwaltskanzleien sind «stand heute» nicht vorgesehen
Werden man juristisch gegen die Kanzleien vorgehen, fragt eine Journalistin. Die Einschätzungen hätten sich ja nun als falsch herausgestellt. «Stand heute ist es nicht vorgesehen, dass wir rechtlich gegen die Anwaltskanzleien vorgehen», antwortet Pfister.
SP fordert neue Abstimmung
Die SP fordert eine neue Abstimmung über die F-35-Kampfjets. «Wir fordern, dass die Stimmbevölkerung erneut über den F-35-Kauf entscheiden kann und diese Beschaffung nach falschen Versprechen nicht einfach durch die Hintertür durchgedrückt wird», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer.
Nach der heutigen Ankündigung sei klar, dass die Stimmbevölkerung damals hinters Licht geführt wurde, da ihr für 6 Milliarden Franken eine komplette Kampfjetflotte in Aussicht gestellt wurde.
Telefonat mit Hegseth
Eine Journalistin fragt nach Pfisters Telefonat mit US-Verteidigungsminister Hegseth. «Er war sehr gut informiert und hat die Situation gut gekannt», so Pfister. «Er sagte, es sei nicht möglich für die USA von dieser Position abzurücken.» Man müsse den Preis so verrechnen, wie es das US-Recht vorgebe und nicht, so wie es in den Verträgen stehe. Hegseth sei gut informiert und freundlich gewesen.
Viele offene Fragen in Gesprächen mit USA
Heute sei es noch nicht möglich, zu sagen, wie viel die Mehrkosten betragen. Wie könne der Bundesrat entscheiden, ob und wie viel weniger Flugzeuge man beschaffe? «Genau, das ist ein Problem, das wir haben», so Pfister. Man müsse diese Fragen auf jeden Fall auch mit den USA abstimmen. Viel sei noch unklar: Etwa welche getätigten Investitionen wie angerechnet würden.
So viel kosteten die Rechtsgutachten
Rüstungschef Urs Loher gibt die genauen Kosten der Rechtsgutachten bekannt. Das erste Gutachten habe 17'098 Franken gekostet, das zweite 38’949 Franken und das Positionspapier rund 8572 Franken.
Das Verhältnis zwischen Bundesbern und Washington steht derzeit unter keinem guten Stern. Da ist natürlich einerseits der 39-Prozent-Zollhammer von US-Präsident Donald Trump (79), der Zehntausende Schweizer Jobs gefährdet. Doch das ist längst nicht alles.
Ende Juni hatte Verteidigungsminister Martin Pfister (62) vor der Öffentlichkeit einräumen müssen, dass der Kauf von 36 US-Kampfjets F-35 doch sehr viel teurer werden dürfte als versprochen. Von einem Fixpreis, auf den Pfisters Vorgängerin Viola Amherd (63) stets beharrt hatte, wollen die USA nichts wissen. Das Fiasko erschüttert erneut das Vertrauen in die Politik.
Und als wäre das noch nicht genug, kam kurz darauf bereits die nächste Hiobsbotschaft aus Übersee: Die USA verschieben die Lieferung der bestellten Patriot-Systeme. Das US-Verteidigungsministerium priorisiert Lieferungen an die Ukraine. Die Schweiz guckt in die Röhre.
Retten, was zu retten ist
Nun muss Pfister versuchen, zu retten, was zu retten ist. Für den Bundesrat ist der F-35-Kauf alternativlos. Er halte an der Gültigkeit des Fixpreises fest, hiess es im Juni. Entsprechend wolle man die diplomatischen Gespräche mit den USA fortsetzen. «Wir glauben nach wie vor daran, eine Lösung zu finden. Die USA haben ein Interesse daran, als vertrauenswürdiger Partner wahrgenommen zu werden», sagte Verteidigungsminister Martin Pfister an der Medienkonferenz.
Doch wird die US-Regierung bereit sein, beim Preis Abstriche zu machen? Sie hat kaum einen Grund, zulasten des US-Steuerzahlers Mehrkosten für die Schweiz zu übernehmen – da muss man kein Prophet sein.
Am Mittwoch hat der Bundesrat über das weitere Vorgehen beim Kampfjet-Kauf beraten. Um 15.15 Uhr tritt Martin Pfister vor die Medien, um zu informieren. Blick berichtet live.
De facto bleiben zwei Optionen
Klar aber ist schon jetzt: Der Landesregierung bleiben de facto nur zwei Möglichkeiten. Sie kann die Zahl der Flieger senken, um den vom Volk bestimmten 6-Milliarden-Kostenrahmen doch noch einzuhalten. Denn andernorts ist all das Geld in der Armee kaum einzusparen. Erst in einer zweiten Tranche könnten dann Jahre später weitere Jets bestellt werden. Die Luftverteidigung des Landes aber wäre bis dahin zumindest geschwächt.
Die zweite Option: Der Bundesrat beantragt dem Parlament einen Nachtragskredit von gegen 1,3 Milliarden Franken. Moralisch würde die Frage vielleicht nochmals vors Stimmvolk gehören, rein rechtlich aber ist das nicht nötig. Doch angesichts der leeren Staatskassen bleibt auch im Parlament das Risiko einer Bruchlandung, müsste dieses das Geld doch anderswo einsparen.
Für den Bundesrat eine Wahl zwischen Pest und Cholera.