Darum gehts
- Zwei Zürcher Kantonsrätinnen reisen auf Staatskosten in die USA
- Reise sorgt für politische Kritik und Diskussionen über Klimapolitik
- Kosten der Reise belaufen sich auf 7736 Franken
Wenn Schweizer Politikerinnen und Politiker in mehr oder weniger offizieller Mission ins Ausland reisen, sorgt das gerne für Diskussionen. Jüngster Fall: Die zwei Vizepräsidentinnen des Zürcher Kantonsrats fliegen Anfang August auf Staatskosten in die USA.
Romaine Rogenmoser (54, SVP) und Monika Wicki (57, SP) nehmen am sogenannten Legislative Summit der National Conference of State Legislatures in Boston teil. Die Reise kostet gemäss Zürcher Parlamentsdiensten 7736 Franken. Der Staat übernimmt diese Kosten – enthalten sind Flug, Unterkunft, Teilnahmegebühr und Sitzungsgelder. Begleitet wird das Duo von einem Mitarbeiter der Parlamentsdienste, der seine Reise grösstenteils selber bezahlt. Das machte der «Tages-Anzeiger» publik.
«Dekadent» oder unverzichtbar?
Den Entscheid zur Kostenübernahme fällte die Geschäftsleitung des Parlaments. Die beiden Politikerinnen äusserten sich nicht dazu – stattdessen nahm Kantonsratspräsident Beat Habegger (50, FDP) Stellung. Im «Tages-Anzeiger» betonte er, es handle sich nicht um eine Vergnügungsreise, sondern um eine Delegationsreise im Rahmen der Partnerschaft der Parlamente.
Der Austausch mit anderen Behörden sei wichtig, gerade im Jubiläumsjahr der Konferenz. Die Teilnahme generiere zwar keinen direkten Nutzen wie ein Gesetz, ermögliche aber Zugang zu internationalen «Best Practices». Der Wissenstransfer könne «die Qualität der politischen Entscheidungsfindung» erhöhen.
In Zürich sorgt die Boston-Reise für eine politische Debatte. SVP-Präsident Domenik Ledergerber (38) bezeichnete die Reise als «dekadent» und klimapolitisch widersprüchlich. Die Finanzierung mit Steuergeld sei ein schlechtes Zeichen – insbesondere angesichts der Klimavorlage, über die Zürich im September abstimmt.
SP-Co-Präsident Jean-Daniel Strub (50) konterte mit Blick auf die Klimapolitik: Nutzen und Schaden jeder Reise müssten sorgfältig abgewogen werden, erst recht in einer Zeit, da der Flughafen Zürich mehr Passagiere befördere denn je. Im vorliegenden Fall sei mit der nötigen Umsicht gehandelt worden. «Der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Parlamenten sind tatsächlich sehr wichtig – über alle Ebenen hinweg», so Strub im «Tages-Anzeiger».
Diese Politiker-Reisli geben zu reden
Seit Klimaziele und CO₂-Bilanzen fest in der politischen Agenda verankert sind, stehen Reisen von Amtsträgern unter genauer Beobachtung. So wurde SP-Ständerat Daniel Jositsch (60) 2022 kritisiert, als er mit einer Studierendengruppe nach Kolumbien flog – nur kurz nachdem er dem damaligen SP-Bundesrat Alain Berset (53) wegen dessen Privatfliegerei klimaschädliches Verhalten vorgeworfen hatte.
Kürzlich geriet Grünen-Ständerätin Céline Vara (40) in die Schlagzeilen, weil sie mit ihrer Familie in den Oman geflogen war – trotz der klimapolitischen Forderungen ihrer Partei. Sie verteidigte die Reise als private Familienferien und wies den Vorwurf der Doppelmoral zurück.
Auch wegen der Kosten stehen Reisen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern regelmässig im Fokus. 2024 verbrachten Mitglieder des Bundesparlaments insgesamt 943 Tage im Ausland, ein Drittel davon entfiel auf die Schweizer Delegation im Europarat. Abgerechnet werden können dafür pro Reisetag bis zu 395 Franken für Hotel und Verpflegung, zudem gibt es ein Taggeld von 440 Franken. Der Austausch mit anderen Parlamenten sei ein unverzichtbarer Teil der Aussenpolitik, heisst es zur Begründung.