Ex-Kriminalkommissär zum Doppelmord von Basel
«Oft geht es um Deals, Drogen oder Familienehre»

Der ehemalige Basler Kriminalkommissär Markus Melzl geht davon aus, dass die Basler Killer ihre Opfer kannten. Die Motive bei Taten im Milieu seien in vielen Fällen ähnlich.
Publiziert: 10.03.2017 um 12:30 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:03 Uhr
Anwohner sind schockiert
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Doppelmord in Basel:Anwohner sind schockiert
Interview: Stéphanie Jenzer

Zwei Unbekannte haben gestern Abend in der Basler Bar Café 56 zwei Gäste erschossen, einer wurde lebensbedrohlich verletzt. Die Täter sind nach wie vor auf der Flucht (BLICK berichtete). Die Hintergründe der Tat sind noch weitgehend unbekannt. Die Staatsanwaltschaft geht aber davon aus, dass die Täter das Lokal – eingeschrieben auf den Mazedonier I. S.* – gezielt ausgesucht hätten. 

Markus Melzl, Ex-Kriminalkommissär Basel.
Foto: Blick

Das deckt sich mit den Erfahrungen von Markus Melzl. Er arbeitete fast sein ganzes Leben lang bei der Basler Polizei. Von 1996 bis 2012 war er Kriminalkommissär und Sprecher der Staatsanwaltschaft. BLICK sprach mit ihm über den Doppelmord von Basel.

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Forensiker sicherten bis tief in die Nacht Spuren vor dem Tatort.
Foto: AFP

BLICK: Wie schätzen Sie die Tat ein?
Markus Melzl:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Opfer nicht zufälligerweise erschossen wurden. Dass ein Täter, oder in diesem Fall die beiden Täter, in eine Bar gehen und dort willkürlich auf irgendwelche Leute schiessen, ist äusserst selten. Sehr wahrscheinlich wollten die Täter auch die dritte Person töten. Oder aber zumindest warnen. 

Was könnten die Gründe gewesen sein?
Da lässt sich wild darüber spekulieren. So wie ich es aus früheren Fällen kenne, kann das Spektrum breit sein. Misslungene Drogengeschäfte, kriminelle Geschäftsverbindungen, die schiefgegangen sind. Oder auch Prostitution, beschmutzte Familienehre oder ein Racheakt. Ich bin mir sicher, dass die Hintergründe in der Bar und im Umfeld bekannt sind. Da werden ganz bestimmt Hinweise gefunden. 

Erinnert Sie das an ähnliche Fälle von früher?
Ich habe mehrere solche Fälle bearbeitet. Vor allem ein Ereignis kommt mir dabei in den Sinn. Damals sind zwei Täter mit ihrem Auto vor eine Bar – auch in der Nähe der Erlenstrasse – gefahren, sind ausgestiegen und haben von aussen durch die Fensterscheiben in das Lokal geschossen. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Damals ging es um missglückte Geschäfte. Bei einem anderen Fall ging es um Spielschulden. Da haben zwei Männer in einem türkischen Lokal aufeinander geschossen. Beide wurden schwer verletzt.

Um welche Art von Bar handelt es sich beim Café 56?
Diese spezifische Bar kenne ich leider nicht. Sie befindet sich an der Erlenstrasse 56, in der Nähe des Badischen Bahnhofs in einem Kleinbasler Quartier. In der Umgebung gibt es viele solche kleine Lokale. Meistens existieren sie ein paar Jahre und schliessen dann wieder, weil sie nicht rentieren. Je nachdem, welche Nationalität der Besitzer hat, verkehren dort seine Landsleute, Kollegen und Familienmitglieder. Sie gehen dorthin, um sich mit ihresgleichen zu treffen und um ihre Sprache zu sprechen. 

Kleinbasel hat einen eher zweifelhaften Ruf. Alkohol, Drogen und Gewalt seien an der Tagesordnung. Ist das so?
Das kann man pauschal so nicht sagen. In Kleinbasel gibt es eine Art Dreiteilung. Im obersten Teil befinden sich zum Teil sehr teure Liegenschaften. Dort ist zum Beispiel auch das italienische Konsulat. Zwischen dem Wettsteinplatz und der Mustermesse liegt eine Art Vergnügungsviertel. Prostitution, Cabaret-Bars und das Rotlichtmilieu sind dort angesiedelt. Die Gegend ist vergleichbar mit der Zürcher Langstrasse. Und dann gibt es noch den dritten Teil, von der Erlenstrasse, wo sich das Café 56 befindet, über Kleinhüningen bis zur deutschen Grenze. Das ist das ursprüngliche Basler Arbeiterquartier. Dort wohnen viele Ausländer, Prostitution ist gang und gäbe. Es hat viele Bars und Multikultiläden, die die ganze Nacht geöffnet sind.

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