Trotz Bundesgerichts-Urteil wegen auseinandergerissener Familie
Zug bleibt uneinsichtig

Obwohl das Bundesgericht die Inhaftierung einer afghanischen Familie als unrechtmässig verurteilte, hält der Kanton an seinem Vorgehen fest.
Publiziert: 16.05.2017 um 16:10 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 14:48 Uhr
Sermîn Faki

Das Bundesgericht hat die Inhaftierung einer afghanischen Familie und die Fremdplatzierung der drei kleinen Kinder als nicht rechtmässig verurteilt (BLICK berichtete). Zug habe damit das Recht auf Privat- und Familienleben verletzt, so das Gericht. Zudem entging der Kanton nur knapp einer Rüge wegen unmenschlicher Behandlung.

Familie R. in Oslo. Die Mutter ist auf sich allein gestellt, die Kinder vermissen ihren Vater.
Foto: zvg

«Eine Evaluation anderer Möglichkeiten fand nicht statt»

Obwohl vom höchsten Schweizer Gericht derart zurechtgewiesen, gibt sich Zug uneinsichtig. Sie nehme das Urteil zur Kenntnis, so die Sicherheitsdirektion in einer Medienmitteilung.

Bilder aus glücklicheren Tagen: Amira zu Gast bei ihren Schweizer Verwandten.
Foto: zvg

Und sie verteidigt das harte Vorgehen: Die Behörden hätten dem Kindeswohl immer höchste Bedeutung beigemessen, so CVP-Sicherheitsdirektor Beat Villiger. «In diesem delikaten und anspruchsvollen Fall haben die involvierten Behörden hervorragend und mit sehr viel Fingerspitzengefühl zusammengearbeitet. Das Wohlergehen der Kinder hatte dabei immer allererste Priorität.»

Karim und Amin auf dem Karussell.
Foto: ZVG

Selbstverständlich habe das Zuger Amt für Migration auch andere Massnahmen geprüft, diese aber verworfen. Nur, genau das konnte der Kanton in Lausanne nicht beweisen, wie das Bundesgericht im Urteil festhält: «Eine Evaluation anderer Möglichkeiten fand nicht statt.»

Bundesgericht habe nicht umfassend geurteilt

Zug kritisiert ferner, das Bundesgericht habe zu wenig gewürdigt, dass «innerfamiliäre Zustände und Vorfälle» die Entscheidungen des Amts für Migration erheblich beeinflusst hätten. Auch «erstaune» es, dass das Gericht die Gefahr des Untertauchens nicht in Erwägung gezogen habe. Denn die Eltern hätten mehrfach bekräftigt, dass sie nicht gewillt seien, die Schweiz zu verlassen.

Das stimmt ebenfalls nicht. Denn das mehrheitlich bürgerlich zusammengesetzte Bundesgericht (zwei SVP-Richter, je ein CVP-, GLP- und SP-Richter) weist im Urteil darauf hin, dass die Anzeichen für eine Vereitelung der Ausschaffung «erheblich» sein müssen. Es fand in diesem Fall aber offenbar zu wenig Anzeichen dafür.

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