Das Beschaffungsrecht des Bundes ist eine trockene Materie und unheimlich kompliziert. Trotzdem sorgt der Bundesrat mit der neusten Totalrevision für Aufruhr.
Grund: Beschaffungsunterlagen sollen künftig nach Abschluss eines Verfahrens vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen und so zur Geheimsache werden (BLICK berichtete).
Das würde der Bevölkerung und den Medien die Aufdeckung von möglichen Skandalen erschweren – obwohl es um Steuergelder geht. Adrian Lobsiger, der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte, reagierte umgehend: «Das deklarierte Transparenzziel des revidierten Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen würde durch diese Aushöhlung des Öffentlichkeitsgesetzes ins Gegenteil verkehrt.»
Tatsächlich schrieb das Finanzdepartement zum Bundesratsentscheid noch: «Das neue Abkommen verbessert Transparenz und Marktzugang.»
Widerstand von Fetz bis Rickli
Das Parlament wird entscheiden müssen, ob es Lobsiger oder dem Bundesrat folgen will. Schon jetzt ist aber klar: Die Front der Kritiker ist breit, der Bundesrat dürfte auflaufen.
SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (ZH) sagt zu BLICK: «Der Entscheid des Bundesrats ist ein Skandal.» Denn das Beschaffungswesen sei «anfällig für Filz und Korruption». Die Situation werde sich nicht verbessern, «wenn die Öffentlichkeit nicht mehr hinschauen darf».
Der umstrittene Passus sei «ein Schlag ins Gesicht kritischer Journalisten». Diese seien aber nötig, um zu kontrollieren, ob Steuergelder sinnvoll eingesetzt würden.
Praktisch sprachlos zeigt sich SP-Ständerätin Anita Fetz (BS). «Ich habe keine Ahnung, wie der Bundesrat auf eine solch abartige Idee kam.»
Für den Steuerzahler gehe es nämlich um einen «matchentscheidenden Bereich». Tatsächlich wundern sich auch Insider in der Verwaltung über den Entscheid.
FDP-Ständerat Raphaël Comte (NE), wie Fetz Mitglied der Finanzdelegation, bezeichnet den Beschluss als «problematisch». Transparenz im Beschaffungswesen sei «sehr wichtig», um weitere Skandale zu verhindern.
Den Ansatz des Bundesrats findet der Neuenburger «erstaunlich». Der Druck auf die Verwaltung müsse hochgehalten werden, das sei «wichtig für gesunde Finanzen».
CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) sagt auf Anfrage: «Ich teile die Auffassung von Herrn Lobsiger.» Beim Beschaffungswesen «Intransparenz zu schaffen», findet er «falsch». Denn Transparenz gelte es höher zu gewichten als mögliche Kosteneinsparungen.
Das sagt die Verwaltung
Aber was sagen Finanzminister Ueli Maurer und seine Beamten dazu? Nichts! Sein Departement verweist auf das Bundesamt für Bauten und Logistik.
Dieses wollte nur schriftlich Stellung nehmen. Mit der Änderung soll «der Schutz der Berufs-, Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse der Anbieter auch über den Zuschlag hinaus gewährt werden», heisst es. Damit trage der Bundesrat den Erwartungen der Anbieter und der Wirtschaft Rechnung. Ausserdem wolle man Wettbewerbsverzerrungen entgegenwirken.