«Die wichtigsten iranischen Atomanlagen sind zerstört»
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Trump in Rede:«Die wichtigsten iranischen Atomanlagen sind zerstört»

Editorial zum US-Angriff auf die Mullahs
Trumps gefährliche Wette

Das islamistische Regime im Iran wegzubomben, scheint eine verheissungsvolle Option zu sein. Das Risiko ist allerdings beträchtlich – nicht zuletzt für Trump selbst.
Publiziert: 22.06.2025 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2025 um 09:59 Uhr
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Fabian Eberhard, stv. Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Thomas Meier
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Jetzt ist der selbst ernannte «Anti-Kriegspräsident» also ein Kriegspräsident. Donald Trump schickt seine Kampfjets nach Teheran und stürzt sein Land in einen neuen Nahostkrieg. Die Eskalationsspirale dreht weiter und die USA und Israel liebäugeln offen damit, das Mullah-Regime einfach wegzubomben.

Am deutlichsten wurde der israelische Verteidigungsminister Israel Katz. Ayatollah Ali Chamenei, Irans oberster Führer, sei ein «moderner Hitler», der «nicht weiter existieren» dürfe. Donald Trump erklärte: «Wir wollen den totalen, vollständigen Sieg.»

Das ist die Sprache des Krieges – und eine gefährliche Wette. Auf den ersten Blick scheint der Sturz der islamistischen Diktatur, zu deren Staatsraison die Vernichtung Israels gehört, eine verheissungsvolle Option zu sein. Das iranische Atomprogramm: beendet. Der gesamte Nahe Osten: friedlicher und neu geordnet.

Aber kann das klappen? Die Risiken sind beträchtlich. US-Bomben könnten die Region weit über den Iran hinaus in Flammen setzen. Die komplexe Struktur seiner Gesellschaft und die regionalen Verflechtungen der Mullahs machen einen kontrollierten Machtwechsel nahezu unmöglich. Ohne tragfähige Nachfolgelösung droht der staatliche Zusammenbruch.

Irans Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi sagt im Interview mit Blick denn auch: «Das Regime lässt sich nicht durch militärische Interventionen stürzen. Die Iranerinnen und Iraner müssen jetzt zusammenrücken und der unterdrückenden Theokratie ein Ende setzen.»

Versuche, ein Regime von aussen zu beseitigen und durch eine stabile Regierung zu ersetzen, endeten schon häufig in der Katastrophe. Wir erinnern uns: 2003 zog der damalige US-Präsident George W. Bush in den Krieg, um angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak zu zerstören, Saddam Hussein zu stürzen und den Nahen Osten zu befrieden.

Benjamin Netanyahu sagte damals vor dem US-Kongress: «Wenn ihr Saddam ausschaltet, garantiere ich euch: Es wird enorm positive Auswirkungen in der Region haben.» Am Ende starben mehr als 100'000 Menschen im Bürgerkrieg. Und aus den Trümmern des Irak erstand die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Auch wenn die heutige Situation nicht dieselbe ist wie vor mehr als 20 Jahren, sollte uns der Irakkrieg eine historische Mahnung sein: daran, welche vernichtende Wirkung die tödliche Dynamik einer militärischen Eskalation haben kann. Man kann eine Schlacht gewinnen – und am Ende doch verlieren.

Krieg gestaltet Geschichte. Bisher weiss niemand, zu welchem Ergebnis der Grossangriff auf den Iran führen wird. Noch läuft alles nach Plan, aber die Risiken sind gewaltig: Die Opferzahlen sind nicht absehbar, die möglichen Auswirkungen auf die bereits wankende Weltwirtschaft bedrohlich. Und Todesfälle von US-Soldaten könnten für die Trump-Regierung auch zum innenpolitischen Albtraum werden.

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