Expertin über Eltern und Teenie-Sex
«Wunderbar, wenn Teenager Sextoys ausprobieren»

Wenn Teenager sexuell aktiv werden, ist das ein normaler Teil des Erwachsenwerdens – für Eltern aber oft eine akustische Zumutung. Die Expertin Dania Schiftan erklärt, wie wir mit Offenheit, Aufklärung und Natürlichkeit durch die knisternde Zeit kommen.
Publiziert: 28.06.2025 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 28.06.2025 um 16:09 Uhr
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Wenn Jugendliche ihre Sexualität entdecken, wissen Eltern nicht immer, wie reagieren.
Foto: Getty Images

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Maja ZivadinovicFreie Journalistin Service-Team

Von der Zahnspange zum aktiven Liebesleben kann es ganz schön schnell gehen. Oft zu schnell für Eltern, die sich noch daran gewöhnen müssen, dass ihre lieben Kleinen plötzlich gross sind.

Irgendwann tauschen Teenager ihre Legos gegen Gleitgel, und Spotify-Playlists mit Titeln wie «Soft & Sexy» werden aktuell. Und während in der guten Stube noch das Familienleben in Finken stattfindet, läuft im Kinderzimmer möglicherweise gerade der Soundtrack zur sexuellen Selbstbestimmung – inklusive akustischer Untermalung.

Was also tun, wenn die geliebte Tochter oder der pubertierende Sohn ganz offenbar sexuell aktiv ist? Weghören? Klopfen? Mit der Thermoskanne in den Wald flüchten?

Wir haben mit der Psychologin und Sexologin Dania Schiftan gesprochen – über Grenzen, Aufklärung und warum Eltern mehr chillen (aber nicht schweigen) sollten, wenns im Kinderzimmer abgeht.

Was raten Sie Eltern, die peinlich berührt sind, wenn sie plötzlich Sexgeräusche aus dem Kinderzimmer hören?
Dania Schiftan: In erster Linie ist das ein gutes Zeichen. Das Kind fühlt sich in den heimischen vier Wänden genug sicher und wohl, um seine Sexualität zu entdecken. Das spricht für eine gute Aufklärung und einen gesunden Umgang mit Sexualität. Dass man als Eltern dennoch etwas überrumpelt ist, wenn man sein «Baby» stöhnen hört, ist völlig normal und okay. Aber hier liegt es an ihnen, das Gefühl auszuhalten und sich primär zu freuen, dass sich das Kind zu Hause sicher und frei fühlt. Dennoch dürfen Eltern etwas sagen. Zum Beispiel: «Ich hab neulich was mitgehört – ist ja total normal, aber gib uns doch ein Zeichen, wenn wir mal spazieren gehen sollen. Oder nimm Rücksicht, wenn Oma da ist.»

Wie reagieren, wenn man Teenager beim Masturbieren oder beim Sex erwischt?
Was immer geht: «Sorry, dass ich da reingeplatzt bin – das war sicher auch für dich unangenehm. Ich respektiere deine Privatsphäre.» Zusätzlich ist es aber wichtig, das Kind zu bestärken und es wissen zu lassen, dass es völlig okay und normal ist, dass es masturbiert oder eben Sex hat.

Darf man vom eigenen Kind oder dessen Partner beziehungsweise Partnerin verlangen, dass leiser gestöhnt wird?
Ich finde Regeln im gemeinsamen Haushalt eine gute Sache. Schliesslich soll sich die ganze Familie zu Hause wohlfühlen. Eine Regel könnte zum Beispiel sein, dass laute Sexgeräusche mitten in der Nacht, die schlafende Familienmitglieder wecken, nicht okay sind. Auch darf man festlegen, dass man wissen will, wer daheim ein und aus geht. Damit sich alle sicher und wohlfühlen, ist es wichtig, dass man die Freunde und Freundinnen der eigenen Kinder kennt, die zu Besuch sind – vor allem regelmässig. Aber Achtung: Regeln sollen Sicherheit geben, nicht Kontrolle ausüben. Wichtig ist, dass man sie gemeinsam bespricht und nicht einfach diktiert.

Psychotherapeutin und Sexologin Dania Schiftan: «Kinder haben ein Anrecht auf Privatsphäre.»
Foto: ©MIRJAM KLUKA

Was, wenn es Eltern unangenehm ist, verschmutze Bettwäsche zu wechseln?
Im Idealfall kommt das Kind selber auf die Idee, dass ein Wechsel der Bettwäsche eine gute Idee ist. Wenn nicht, kann man bestens das Gespräch suchen. Ganz ohne zu urteilen oder das Kind zu beschämen, kann man sagen, dass es gut ist, die Bettwäsche regelmässig zu wechseln und dass es schön ist, wenn das Kind dies selbst übernimmt.

Was tun, wenn man im Nachttisch des Kindes Sextoys findet?
In erster Linie bin ich der Meinung, dass Kinder ein Anrecht auf Privatsphäre haben und wir deswegen nicht in ihren privaten Schubladen wühlen sollen. Auf der Metaebene aber finde ich es wunderbar, wenn Teenager Sextoys ausprobieren. Das spricht dafür, dass sie ihre Sexualität entdecken und genug neugierig und offen für verschiedene Variationen sind. Da darf man sich als Mutter oder Vater absolut freuen.

Wann und wie sollen wir unsere Kinder aufklären, damit keine Peinlichkeiten entstehen?
Meiner Meinung nach ist es das Beste, wenn das Thema Aufklärung schon von ganz klein auf selbstverständlich gelebt wird. Was sicher immer gut ist, ist, wenn wir den Kindern sozusagen einen Schritt voraus sind. Man weiss zum Beispiel, dass Selbstbefriedigung schon im Kindergarten ein Thema ist. Das Wichtigste ist, dem Kind nicht zu sagen, dass es etwas Schmutziges oder Verbotenes macht. Ein guter Ansatz ist, zu verbalisieren, dass es richtig ist, den Körper zu erforschen, und dass sich das schön und wohlig anfühlt. Dass es aber etwas ist, das das Kind in seinem Zimmer für sich machen darf. Es soll die Zeit mit sich selber geniessen. 

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