Hämatologin räumt mit Mythen auf
«Eisenmangel kann auch Männer treffen»

Ohne Eisen kann unser Körper kein Blut bilden – es ist also essenziell für unsere Gesundheit, ein Mangel hat schwerwiegende Konsequenzen. Er entsteht nicht nur während Schwangerschaft oder Wechseljahren, sondern zum Beispiel auch beim Sport. Eine Hämatologin klärt auf.
Publiziert: 10.06.2025 um 14:05 Uhr
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Aktualisiert: 10.06.2025 um 15:11 Uhr
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Läuferinnen und Läufer sind öfter von Eisenmangel betroffen, da der Aufprall auf die Fusssohlen rote Blutkörper platzen lassen kann.
Foto: Keystone

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Eisenmangel passiert relativ oft: Weltweit sind gut zwei Milliarden Menschen davon betroffen, in Europa leidet fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung daran. Darüber, wie er entsteht und wen er trifft, ranken sich viele Mythen. Einige sind wahr, andere könnten nicht falscher sein. Hämatologin Alicia Rovó klärt auf. 

Mythos 1: Eisenmangel entsteht durch Verzicht auf Fleisch

Was stimmt, ist, dass unser Körper das im Fleisch enthaltene Eisen besser aufnehmen kann als pflanzliches. «Aber das bedeutet nicht, dass es Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, zwingend an Eisen fehlt», sagt Rovó. Wer sich fleischlos ernährt, tut allerdings gut daran, sich zu erkundigen, welche Lebensmittel und vor allem welche Kombinationen Sinn machen. So verbessert zum Beispiel Vitamin C die Eisenaufnahme. Was die Aufnahme von Eisen hingegen hemmen kann, ist der Konsum von Kaffee und Tee. Daher wird empfohlen, den regelmässigen Konsum zusammen mit der Einnahme eisenreicher Lebensmittel zu vermeiden. Dabei sei die Eisenaufnahme aber sehr individuell, betont die Expertin. «Es gibt Leute, die ernährungstechnisch alles richtig machen und trotzdem Mühe mit der Eisenaufnahme haben. Das könnte zum Beispiel an Problemen mit dem Verdauungssystem liegen.» 

Mythos 2: Nur Frauen haben Eisenmangel

Falsch. «Auch Männer können an Eisenmangel leiden», sagt die Ärztin. Bei Frauen ist es allerdings signifikant häufiger der Fall. Aufgrund des normalen Blutverlusts während der Menstruation oder einer Entbindung oder eines gesteigerten Verbrauchs während Schwangerschaft und Stillzeit haben Frauen oft einen erhöhten Eisenbedarf. Daher sei die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau irgendwann im Leben an Eisenmangel leidet, extrem hoch, so Rovó. Da diese Tatsache heute bekannt ist, erhalten Frauen in vielen dieser Situationen vorsorglich Eisenpräparate. Bei Männern ist Eisenmangel zwar seltener, kommt aber auch immer wieder vor. Zum einen wegen falscher Ernährung oder wiederholter Magen-Darm-Blutungen, zum anderen wegen sportlicher Überbelastung des Körpers. Rovó: «Es gibt tatsächlich Sportler, welche zu Eisenmangel neigen, zum Beispiel Marathonläufer. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass beim Aufprall auf die Fusssohlen rote Blutkörper platzen und in der Folge Eisen über den Urin verloren geht. Ein weiterer Mechanismus, der bei extremem Ausdauersport zu Eisenmangel führen kann, sind Durchblutungsstörungen der Darmschleimhaut mit Gewebeschäden, die zu Mikroblutungen führen. Das gilt aber natürlich nicht nur für Männer. Und es heisst nicht, dass alle Marathonläufer zu wenig Eisen im Körper haben, aber das Risiko für einen Mangel ist etwas erhöht.» Einen höheren Eisenbedarf haben auch Kinder im Wachstum, auch hier besteht ein Risiko. 

Alicia Rovó, Hämatologin und Stv. Klinikdirektorin der Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor am Inselspital Bern.
Foto: TanjaLaeser Inselspital

Mythos 3: Das einzige Symptom von Eisenmangel ist Erschöpfung

Beängstigend: Sind die Eisenspeicher leer, merken die meisten Betroffenen ziemlich lange gar nichts. Während dieser Zeit wird aber bereits die Bildung von roten Blutzellen gestört, was irgendwann zu einer Anämie, einer Blutarmut, führt. «Die dominierenden Symptome des Eisenmangels sind meist an diese gekoppelt», so die Expertin. Dabei handle es sich zum Beispiel um andauernde Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Konzentrationsschwierigkeiten. Wenn die Hämoglobinwerte sehr tief sind, kommt auch Schwindel vor. Da die Haut, die Haare und die Nägel ebenfalls Eisen brauchen, beobachten viele Betroffene auch da Veränderungen.

Mythos 4: Um die Eisenspeicher zu füllen, braucht es eine Infusion

«Nein, man kann die Eisenspeicher problemlos durch orale Präparate auffüllen», sagt Alicia Rovó. «Der Vorteil einer Infusion ist allerdings, dass man in kurzer Zeit die Speicher einmalig auffüllen kann. Eine orale Therapie kann bis zu drei Monate dauern – und man muss immer an die Einnahme der Tabletten denken.» Ausserdem können diese Präparate zu Magen-Darm-Problemen führen. Der Expertin zufolge seien im Supermarkt erhältliche Eisenpräparate zur Behandlung eines Eisenmangels nicht zu empfehlen, da ihre Zusammensetzung nicht von einer offiziellen Aufsichtsbehörde kontrolliert wird.

Mythos 5: Je mehr Eisen, desto besser

Falsch! Viel zu viel Eisen im Körper ist sogar gefährlich und kann zu Organschäden führen. Alicia Rovó: «Auch wer aus bestimmten Gründen regelmässig Bluttransfusionen braucht, könnte durch das viele Eisen, welches sich in den roten Blutkörperchen befindet, gefährdet sein. Aber Eisenüberladung kommt bei weitem nicht so oft vor wie Eisenmangel.»

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