Gurten-Gründer Philippe Cornu hatte Prostatakrebs
Von Todesängsten und trockenen Orgasmen

Tumore in der Prostata sind die häufigste Krebserkrankung beim Mann. Gut 7800 Männer erhalten laut Bundesamt für Statistik jährlich diese Diagnose. Zu ihnen gehörte Konzertveranstalter Philippe Cornu. Sein Appell an seine Geschlechtsgenossen: Geht zur Vorsorge!
Publiziert: 04.11.2025 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2025 um 09:22 Uhr
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Philippe Cornu gründete das Gurtenfestival und veranstaltet heute unter anderem das Seaside Festival.
Foto: zVg

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Die Anekdote ist in Bern fast schon legendär, seit Philippe Cornu (66) sie vor gut zwei Jahren der «Berner Zeitung» erzählte: Der Konzertveranstalter versprach seinem behandelnden Urologen, einem grossen Rolling-Stones-Fan, Konzerttickets für die Band – aber erst wenn Cornu nach seiner Prostata-Operation wieder eine Erektion habe! 

Die Geschichte, die zu dieser Schmunzette führte, beginnt tragisch: 2017 stirbt ein guter Freund von Philippe Cornu an Prostatakrebs. Kurz vor seinem Tod nimmt er Philippe und weiteren Freunden eindringlich das Versprechen ab, in die Vorsorge zu gehen. Ein Weckruf für den Gründer des Gurtenfestivals. «Ich hatte mich bis dahin überhaupt nicht mit dem Thema befasst. Und es legt einem ja als Mann auch nie jemand nahe, das zu tun.» Dies, obwohl gemäss Uniklinik Zürich rund 19 Prozent der Betroffenen sterben. «Für uns Männer gibt es kein Pendant zum Frauenarzt, bei dem man sich jährlich auf männerspezifische Gesundheitsprobleme durchchecken lassen kann. Dabei wäre es genauso wichtig wie bei Frauen», sagt Philippe Cornu. Er selbst geht seit dem Tod seines Freunds, wie versprochen, jährlich zur Prostatakontrolle.

Die obersten Ziele: Krebsfrei werden, kontinent bleiben  

2021 entdeckt der Arzt tatsächlich Tumore in Philippes Prostata. Sie sind klein, man kann noch zuwarten. Wenn sie nicht wachsen, kann man damit leben, meint der Urologe. Aber sie wachsen. Schnell. Ein Jahr später ist klar: Die Prostata muss raus. «Da überlegte ich mir erstmals, was das heisst für mich», so Cornu. «Du hörst das Wort Krebs und fragst dich, ob du jetzt dein Testament machen musst.»

Philippe Cornu 1990 mit seiner damals vierjährigen Tochter Laia. «Da wusste ich noch nicht mal, was eine Prostata überhaupt ist.»
Foto: Christian Helmle

Auch wenn der Sensenmann noch nicht grad an die Tür klopft – Philippe Cornu ist zum Zeitpunkt der Diagnose verhältnismässig jung, hat zusätzlich zu drei erwachsenen noch drei junge Kinder. Da frage man sich schon: «Was, wenn …?» Nach dem ersten Schock und den überlebenswichtigen Fragen tauchen andere wichtige Fragen auf. Zum Beispiel die nach der Erektion. Geht das überhaupt noch? Und was ist mit dem Orgasmus? «Keiner stellt solche Fragen, obwohl sie alle beschäftigen!» Philippe fragt. Die Antwort seines Urologen ist so wie der Orgasmus ohne Prostata: trocken. «Das erste Ziel ist, dass du krebsfrei bist. Das zweite, dass du kontinent bleibst. Alles andere kommt danach.» 

Fragen stellen, Antworten bekommen  

Beim Entfernen der Prostata kann es unter Umständen zur Schädigung des Blasenmuskels oder der Harnröhre kommen. Oder zu Verletzungen von für die Erektion wichtigen Nerven, die in unmittelbarer Nähe der Prostata liegen. Das kann Inkontinenz beziehungsweise Erektionsstörungen zur Folge haben. Mit der Prostata werden auch die Samenblasen entfernt, die den Grossteil der Samenflüssigkeit enthalten. Wer noch einen Kinderwunsch hat, sollte die entsprechenden Möglichkeiten mit Arzt oder Ärztin absprechen. Ein Orgasmus hingegen ist trotzdem noch möglich. Philippe Cornu: «Ich habe diese Frage vor meiner Operation einem Bekannten gestellt, der das bereits hinter sich hatte. Er meinte, er fände das gar nicht so übel ohne die «Sauerei» danach.»

Prostatakrebs: Zahlen und Fakten
  • Laut Bundesamt für Statistik macht Prostatakrebs 30,6 Prozent aller Krebsfälle bei Männern aus
  • Seit 1992 hat sich die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen mehr als verdoppelt
  • Das Medianalter der neu Erkrankten liegt bei 70,7 Jahren
  • Ein gesunder Lebensstil mit regelmässiger Bewegung, gesunder Ernährung und auch häufigem Ejakulieren kann zwar laut Krebsliga Schweiz einen positiven Einfluss haben. Prostatakrebs vorbeugen kann man aber nicht. Umso wichtiger sind Vorsorgeuntersuchungen
  • Prostatakrebs wächst in der Regel langsam und verursacht oft über lange Zeit keine oder kaum Beschwerden. Symptome können sein: Schwierigkeiten oder Schmerzen beim Wasserlassen, Blut im Urin, blutiger oder schmerzhafter Samenerguss
  • Beim Untersuch wird die Prostata abgetastet. Das kann ungewohnt sein, ist aber nicht schmerzhaft. Zusätzlich wird bei einem Prostatakrebsvorsorgetest (PSA) Blut entnommen. Sind die PSA-Werte hoch, folgt eine Biopsie. Nur nach ihr kann eine Diagnose gestellt werden
  • Laut Bundesamt für Statistik macht Prostatakrebs 30,6 Prozent aller Krebsfälle bei Männern aus
  • Seit 1992 hat sich die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen mehr als verdoppelt
  • Das Medianalter der neu Erkrankten liegt bei 70,7 Jahren
  • Ein gesunder Lebensstil mit regelmässiger Bewegung, gesunder Ernährung und auch häufigem Ejakulieren kann zwar laut Krebsliga Schweiz einen positiven Einfluss haben. Prostatakrebs vorbeugen kann man aber nicht. Umso wichtiger sind Vorsorgeuntersuchungen
  • Prostatakrebs wächst in der Regel langsam und verursacht oft über lange Zeit keine oder kaum Beschwerden. Symptome können sein: Schwierigkeiten oder Schmerzen beim Wasserlassen, Blut im Urin, blutiger oder schmerzhafter Samenerguss
  • Beim Untersuch wird die Prostata abgetastet. Das kann ungewohnt sein, ist aber nicht schmerzhaft. Zusätzlich wird bei einem Prostatakrebsvorsorgetest (PSA) Blut entnommen. Sind die PSA-Werte hoch, folgt eine Biopsie. Nur nach ihr kann eine Diagnose gestellt werden

Fragen stellen und Antworten bekommen – das ist einer der Gründe, warum Philippe Cornu seine Geschichte nach der Operation öffentlich macht. Zuerst in den sozialen Medien, dann in der «BZ». «Seither haben sich schon sechs Bekannte von mir nach einer Prostatakrebs-Diagnose gemeldet.» Natürlich nimmt er sich Zeit – er war damals auch froh, hats jemand getan. Und: «Ich werde oft von Frauen angesprochen, die sich für meine Offenheit bedanken und sagen, nur deswegen hätten sie ihre Männer endlich dazu gekriegt, zur Vorsorge zu gehen.» 

Engagement für Aufklärung  

Philippe Cornu engagiert sich für den Benefiz-Velomarathon «Race for Life», der sich gerade neu als Verein aufstellt und in «Ride for Life» umbenannt wird. Cornu ist Vizepräsident, 2026 findet die Veranstaltung erstmals im Mai statt (siehe Box). Engagement ist wichtig, um aufzuklären, sagt Philippe. Auch darüber, dass Prostatakrebs zwar kein Todesurteil ist, aber die Entfernung der Prostata auch kein Spaziergang. «Ich habe mich noch ein halbes Jahr danach oft schlapp und ausgelaugt gefühlt.» Wenn man diesen Warnschuss bekomme, müsse man versuchen, ab und zu etwas kürzerzutreten und sich nicht dafür zu schämen. «Was ich gelernt habe? Besser auf meinen Körper zu hören. Hin und wieder das Tempo zu drosseln. Mich zu fragen, was denn nun wirklich wichtig ist.» 

Allgemein wird eine jährliche Vorsorgeuntersuchung ab 45 Jahren empfohlen. Bei familiärer Vorbelastung wie im Fall von Philippe Cornu schon ab 40 Jahren. «Meine Söhne sind bereits beim Urologen erfasst und werden automatisch aufgeboten.»

Ride for Life

Unter dem Motto «Leben. Hoffnung. Mut.» findet am 30 Mai 2026 Ride for Life in Bern statt, der Benefiz-Velomarathon für Krebsbetroffene. Dreh- und Angelpunkt ist das BernExpo-Festgelände, wo von 10 bis 23 Uhr Oasen der Begegnung entstehen: Orte, wo tiefe Gespräche geführt und Emotionen gelebt werden dürfen, wo Umarmungen heilen. Daneben pulsiert das Leben: Kids-for-Kids-Ride, Live-Konzerte, Yoga, Tanz, Spiele.

Weil niemand mit Krebs allein sein sollte. Weil Hoffnung wächst, wenn wir sie teilen. Und weil Mut entsteht, wenn Gemeinschaft das Schweigen bricht. Im Mittelpunkt stehen gelebte Geschichten von Betroffenen, Angehörigen und Freunden. Symbolisch dafür: drei Velorunden – «Lebensrunde», «Hoffnungsrunde» und «Mutrunde» – die jede und jeder nach eigenen Möglichkeiten zurücklegt.

Mit den Spenden werden Projekte für Betroffene und Forschung möglich gemacht. Alle Infos: www.rideforlife.ch

Unter dem Motto «Leben. Hoffnung. Mut.» findet am 30 Mai 2026 Ride for Life in Bern statt, der Benefiz-Velomarathon für Krebsbetroffene. Dreh- und Angelpunkt ist das BernExpo-Festgelände, wo von 10 bis 23 Uhr Oasen der Begegnung entstehen: Orte, wo tiefe Gespräche geführt und Emotionen gelebt werden dürfen, wo Umarmungen heilen. Daneben pulsiert das Leben: Kids-for-Kids-Ride, Live-Konzerte, Yoga, Tanz, Spiele.

Weil niemand mit Krebs allein sein sollte. Weil Hoffnung wächst, wenn wir sie teilen. Und weil Mut entsteht, wenn Gemeinschaft das Schweigen bricht. Im Mittelpunkt stehen gelebte Geschichten von Betroffenen, Angehörigen und Freunden. Symbolisch dafür: drei Velorunden – «Lebensrunde», «Hoffnungsrunde» und «Mutrunde» – die jede und jeder nach eigenen Möglichkeiten zurücklegt.

Mit den Spenden werden Projekte für Betroffene und Forschung möglich gemacht. Alle Infos: www.rideforlife.ch

Und wie war das nun mit diesem Urologen und den Rolling-Stones-Tickets? «Er hatte Pech – das Berner Konzert wurde wegen Mick Jaggers Corona-Erkrankung abgesagt», meint Philippe Cornu verschmitzt. Aber keine Sorge: Der Urologe hat stattdessen Tickets fürs Seaside Festival bekommen. 

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