Wein virtuell
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Erste Online-Degu der Schweiz:Wein virtuell

Erste Online-Degustation der Schweiz
Wein virtuell

Die Winzer Sandra und Olivier Mounir aus Salgesch VS gehen in der Krise neue Wege. Mit einer interaktiven Weindegustation. Bei der Premiere waren über Tausend live dabei!
Publiziert: 06.04.2020 um 14:51 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2020 um 08:10 Uhr
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Professionelles Setting: Gleich mit fünf Kameras wurde der Anlass gestreamt.
Foto: zVg
Alain Kunz

Die Idee ist bestechend einfach: Vorab kann man sich ein Degustationsset von sechs Halbliter-Flaschen liefern lassen. Und dann stellt der Winzer diese Weine zu einem bestimmten Zeitpunkt vor. Die Kunden und Interessenten interagieren auf den sozialen Kanälen, auf denen gestreamt wird. Im Fall von Mounir waren dies Facebook und Youtube.

Und in der Tat: Die Teilnehmer an der ersten solchen interaktiven Weinprobe, unter ihnen auch Fachleute wie Winzerkollegen, Weinjournalisten oder der berühmte Ampelograf José Vouillamoz, machten davon rege Gebrauch, leiteten ihre Impressionen und Fragen so direkt in den Keller im Weindorf Salgesch im Oberwallis weiter. Sei es, warum der Fendant im Hals gar nicht schmecke, sondern nur auf Zungenspitze. Oder ob im Wallis in Zeiten des Klimawandels mit immer höheren Temperaturen überhaupt noch schöne Pinot noirs gekeltert werden können.

Und was ist mit der Klimaerwämung?

Die Antworten gaben Sandra und Olivier. Und auch jeder der Teilnehmer für sich selber. Jeder konnte nach der Verkostung des Pinots «Perle du Rhodan» für sich entscheiden, ob der Daumen nach oben gehe – oder nicht. Meiner ging jedenfalls rauf. Und für den gesamten Anlass? Auch da. Mit Peter Keller wurde überdies einer der versiertesten Weinjournalisten der Schweiz zugeschaltet. Seine Meinung zum Thema Walliser Pinot: «Im Wallis, wo es sehr warm wird, kann es schwierig werden wegen der Klimaerwärmung. Da muss man dann eher in die Höhe gehen, um Pinot anzubauen. Und man darf nicht zu spät ernten.» Und was denkt er vom Event? «Wir leben von der Degustation, vom direkten Kontakt, vom Besuch auf dem Weingut. Das kann eine Digitalverkostung nie ersetzen. Aber in bizarren Zeiten ist das sehr spannend. Ihr seid da Pioniere.»

Mounir streamte den Anlass nicht etwa mit dem Handy, sondern mit einem professionellen TV-Produktionsteam mit fünf Kameras. Seine Bilanz: «Was mir richtiggehend Hühnerhaut bereitete, ist, dass viele Teilnehmer später sagten, sie hätten für ein paar Minuten an etwas anderes denken können als an dieses Virus.» Und immerhin waren gut 400 eingeloggt. «Weshalb ich von rund tausend Teilnehmern ausgehe», so Mounir, «denn die meisten sassen zu zweit oder zu dritt vor den Bildschirmen.»

Über 500 verkaufte Degustationssets

Die Filmcrew konnte sich der Salgescher Winzer übrigens nur deshalb leisten, weil «eine Werbe-Filmcrew im Moment doch null Aufträge hat, weshalb sie bei solch einer spannenden Sache zu einem Spezialpreis mitmachte.» Denn auch die Weinbranche liegt völlig darnieder, wie die Gastronomie. Zumindest eine eher kleinere Kellerei wie die Cave du Rhodan, für die Messen und Degustationen vital sind. «In den drei Wochen seit dem Lockdown besuchten gerade zwei Kunden unseren Keller, um Wein zu kaufen. Natürlich verkaufen wir nun online mehr. Aber das ist nicht unser Kerngeschäft. Unter dem Strich sind achtzig Prozent der Verkäufe weggebrochen. Das geht an die Existenz!» Da sind die über 500 verkauften Degustationssets, die Mounir für 92 Franken verschickte, ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber immerhin.

Während des Lockdowns hat Mounir nun weitere Degustationsevents geplant. Aber keine solch grossen mehr. «Die nächsten Anlässe sind auf zwanzig Teilnehmer beschränkt, die dann allesamt über Zoom.com per Videokonferenz zugeschaltet sind.» Das helfe immerhin ein bisschen in Kontakt mit den Kunden zu bleiben.

5 der 6 degustierten Rhodan-Weine im BLICK-Test
  • Fendant 2018: Typische, leicht mineralische Nase, Schwarztee, Pfirsich, grüner Apfel, Mandarinen, Mundfülle, Schmelz, lebhaft und frisch, trinkig, mittellanger Abgang. Präzis gemachter Fendant! Score: 16,75/20 (15 Franken)
  • Petite Arvine 2018 (Foto): Wunderschöne Mandarinennase, leicht mineralisch, floral, Schmelz, perfekt austariert, Salzigkeit gegen Ende, Tiefe, trinkig, fülliges, samtenes, recht langes Finale. Score: 17,5/20 (23 Franken)
  • Blanc de Noir 2018: Ein Rosé aus Pinot-noir-Trauben mit ausladend-floraler Nase, Himbeeren, wohl rechte Fülle, aber schönes Säure-Rückgrat, Schmelz, präzis vinifiziert, trinkig, mittellang. Score: 16,25/20 (16 Franken)
  • Perle du Rhodan Pinot noir 2018: Sauerkirschen, Würze, Kräuter, Schmelz, schöne Balance mit dezenter Säurestruktur, wieder Chriesi, nicht überextrahiert, süffig-saftig, Erdbeeren im eleganten, frischen, mittellangen Finish. Score: 16,75/20 (17.50 Franken)
  • Humagne Rouge 2018: Beerig, rote Früchtchen, leichte Würze, Schmelz, Fülle, knackige, aber nie dominierende Säure, dezente Tannine, saftig, erstaunlich harmonisch, profitiert gewiss vom Wärmejahr 2018, Fülle, stoffig, trinkig-gefällig, mittlerer Abgang. Score: 16,75/20 (23.50 Franken)

(Alle Weine gibts bei www.rhodan.ch. Preise für 75-cl-Flaschen)

  • Fendant 2018: Typische, leicht mineralische Nase, Schwarztee, Pfirsich, grüner Apfel, Mandarinen, Mundfülle, Schmelz, lebhaft und frisch, trinkig, mittellanger Abgang. Präzis gemachter Fendant! Score: 16,75/20 (15 Franken)
  • Petite Arvine 2018 (Foto): Wunderschöne Mandarinennase, leicht mineralisch, floral, Schmelz, perfekt austariert, Salzigkeit gegen Ende, Tiefe, trinkig, fülliges, samtenes, recht langes Finale. Score: 17,5/20 (23 Franken)
  • Blanc de Noir 2018: Ein Rosé aus Pinot-noir-Trauben mit ausladend-floraler Nase, Himbeeren, wohl rechte Fülle, aber schönes Säure-Rückgrat, Schmelz, präzis vinifiziert, trinkig, mittellang. Score: 16,25/20 (16 Franken)
  • Perle du Rhodan Pinot noir 2018: Sauerkirschen, Würze, Kräuter, Schmelz, schöne Balance mit dezenter Säurestruktur, wieder Chriesi, nicht überextrahiert, süffig-saftig, Erdbeeren im eleganten, frischen, mittellangen Finish. Score: 16,75/20 (17.50 Franken)
  • Humagne Rouge 2018: Beerig, rote Früchtchen, leichte Würze, Schmelz, Fülle, knackige, aber nie dominierende Säure, dezente Tannine, saftig, erstaunlich harmonisch, profitiert gewiss vom Wärmejahr 2018, Fülle, stoffig, trinkig-gefällig, mittlerer Abgang. Score: 16,75/20 (23.50 Franken)

(Alle Weine gibts bei www.rhodan.ch. Preise für 75-cl-Flaschen)

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