Einfach Claudio fragen
Darf man Tintenfische töten?

In seiner letzten Kolumne lieferte Claudio Del Principe Tintenfisch-Rezepte. Einige Leserinnen und Leser stören sich daran, dass er solch intelligente Tiere kocht. Del Principe sieht in der Kritik eine versteckte Doppelmoral.
Publiziert: 19.09.2025 um 13:54 Uhr
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In der letzten Kolumne präsentierte Claudio Del Principe acht verschiedene Arten, um Tintenfisch zuzubereiten.
Foto: Claudio del Principe

Darum gehts

  • Auf die letzte Kolumne zu den Oktopus-Rezepten hat Claudio Del Principe Kritik erhalten
  • Dahinter sieht der Kochbuchautor Doppelmoral
  • Häufig wurde mit der Intelligenz der Oktopusse argumentiert, doch Schweine zeigen ähnliche kognitive Fähigkeiten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Claudio Del PrincipeKolumnist

Wer ist schlauer: Oktopus, Schwein oder Mensch? In meiner letzten Kolumne habe ich acht köstliche Zubereitungsarten für Tintenfisch aus meinem Kochbuch «A casa» geteilt. Prompt folgten einige kritische Kommentare: Man dürfe diese Tiere nicht töten. Der Grund? Sie seien hochintelligent.

Das sind Schweine auch. Aber das ist diesen schnitzelessenden Pulpo-Aktivisten völlig egal.

Tatsächlich belegen immer mehr Versuche, dass die wirbellosen Meeresbewohner erstaunlich klug sind. Und spätestens seit dem erfolgreichen Netflix-Dokumentarfilm «Mein Lehrer, der Krake» werfen sich Kraken-Fans in die Bresche und fordern ein Essverbot für ihre achtarmigen Freunde.

Das mag auf den ersten Blick edelmütig erscheinen. In Wahrheit ist es nur scheinheiliges Getue. Diese selektive Empörung, bei der sich Menschen reflexartig für eine spezifische Sache engagieren und dabei Zusammenhänge ausblenden, ist typisch für unsere hysterische Zeit. Das zeigt sich in kulinarischen und besonders auch in politischen und gesellschaftlichen Debatten. Leider geht es nur noch um Meinungshoheit. Bist du nicht dafür, bist du automatisch dagegen. Da helfen auch keine Argumente.

Es ist nicht falsch, sich für Tintenfische einzusetzen. Aber es ist verlogen, anderen Tieren gegenüber nicht die gleiche Empathie aufzubringen. Zum Beispiel Rindern und Hühnern, die wir massenhaft verspeisen. Sie werden allzu oft unterschätzt. Es ist erwiesen, dass auch sie emotionale Intelligenz zeigen. Sie haben eine komplexe Sozialstruktur, ein bemerkenswertes Langzeitgedächtnis und können einfache Formen von Logik anwenden.

Die Fähigkeiten eines Schweins sind im Vergleich zu einem Oktopus besonders herausragend. Ein Oktopus hat etwa 500 Millionen Nervenzellen – ähnlich viele wie ein Hund. Ein Grossteil sitzt in den Armen, die quasi selbständig denken können. In Sachen Problemlösungsfähigkeit und Kreativität ist der Oktopus dem Schwein zwar leicht überlegen. Dafür hat das Schwein die Nase vorn bei sozialer und emotionaler Intelligenz, was beim Oktopus aufgrund seiner meist einzelgängerischen Lebensweise kaum vorkommt. Schweine sind äusserst lernfähig, können komplexe Aufgaben lösen, nutzen Werkzeuge (z. B. Stöcke zum Graben), haben ein gutes Langzeitgedächtnis und bestehen Spiegeltests. In Intelligenztests schneiden sie ähnlich clever ab wie Hunde oder sogar Affen.

Und der Mensch? Der ist zwar tausendmal intelligenter, zeigt sich aber im praktischen Denken oft erstaunlich beschränkt.

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