Darum gehts
- Pagani Utopia: Neues Supersportwagenmodell mit beeindruckenden Leistungen und Design
- Handgefertigtes Interieur mit Aluminium und Leder, ohne Touchdisplays
- 864 PS, 1100 Nm Drehmoment, 0–100 km/h in 3,1 Sekunden
«Die Reifen müssen unbedingt warm sein. Wenn du von zu Hause mit kalten Pneus startest und direkt Vollgas gibst, kommts nicht gut», weiss Pagani-Testfahrer Alberto, als wir gemeinsam Richtung Modena (I) fahren. Nervös und erwartungsvoll sitze ich auf dem Beifahrersitz des 3,1 Millionen Euro (netto, ohne Steuern) teuren Superboliden Pagani Utopia, während Alberto scheinbar tiefenentspannt am Steuer hockt, mal etwas stärker beschleunigt, wieder abbremst, mit einer Hand einlenkt, um danach cool mit der anderen in den nächsten Gang zu schalten. Ich löchere ihn mit Fragen, als wäre ich noch nie zuvor ein Auto gefahren. «Wofür ist dieser Knopf? Was passiert mit diesem Hebel hier?» Alberto beantwortet geduldig und mit stoischer Ruhe all meine Fragen. Warum ich so nervös bin? Weil ich mich gleich selbst ans Steuer des Pagani Utopia setzen darf.
Modell Nummer 3
Mit dem Utopia beginnt nach dem 1999 erschienenen Zonda und dem 2011 enthüllten Huayra ein neues Kapitel bei Pagani: Das dritte komplett neue Modell von Pagani erblickt nach sechs Jahren Entwicklungszeit 2022 das Licht der Welt. Optisch dürfte der Utopia manchem den Mund offenstehen lassen: Geschwungene Linien, zwei Scheinwerfer pro Seite, aktive Aerodynamik und die Pagani-typischen im Kreis angeordneten vier Auspuffendrohre am Heck – der Supersportler gleicht eher einem rollenden Kunstwerk als einem Auto.
Ich gebe es zu: Ich bin nicht ganz unvoreingenommen. Seit meiner Kindheit schwärme ich für die Fahrzeuge aus der Manufaktur von Horacio Pagani – und diese Faszination hielt auch mit dem Erwachsenwerden an. Heute, wo ich nach meiner Ausbildung auch das Verständnis für die Technik habe und weiss, mit welcher Perfektion und Liebe zum Detail ein Pagani gebaut ist, ist meine Achtung fast noch mehr gestiegen: Alu und Leder dominieren das Innenleben des Zweiplätzers, jedes Detail ist handgefertigt. Alles im Cockpit ist auf den Fahrer ausgerichtet: vom Lenkrad über die offene Schaltkulisse bis zu den Pedalen. Die Instrumente sind klassisch, analog und dennoch modern. Touchdisplays sucht man dagegen vergeblich.
Oldschool-Schaltung
Platzwechsel. Ich lege meine Hände aufs Lenkrad. Langsam löse ich den linken Fuss vom Kupplungspedal, um den Schleifpunkt ausfindig zu machen. Die Kupplung fühlt sich nicht hart an, wie man es sich von anderen puristischen Sportwagen gewohnt ist, sondern genau richtig. Ich starte auf einer unübersichtlichen Strasse mit schmalen Haarnadelkurven in einem kleinen Dörfchen. Kein einfaches Geläuf, um sich an einen millionenteuren Supersportler zu gewöhnen. Zumal ich weiss, dass dieses Modell das Letzte von insgesamt zehn Prototypen ist, das Pagani vom Utopia gebaut hat. Der flache Renner gleitet sanft über die Strasse, das Fahrwerk, eine Kombination aus Doppelquerlenkern und elektronisch gesteuerten Dämpfern, filtert Unebenheiten der engen Landstrasse mühelos weg, und die Lenkung ist direkt und präzise.
Antrieb Sechsliter-V12-Biturbobenziner, 864 PS (635 kW)@6000/min, 1100 Nm@2800-5900/min, sequentielles Siebengang-Getriebe oder Siebengang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 3,1 s, Spitze 350 km/h
Masse L/B/H 4,67/2,06/1,17 m, Leergewicht 1280 kg
Umwelt Verbrauch Werk 12,1 l/100 km, Energieeffizienz G
Preis ab 3,1 Millionen Euro netto und ohne Steuern
Antrieb Sechsliter-V12-Biturbobenziner, 864 PS (635 kW)@6000/min, 1100 Nm@2800-5900/min, sequentielles Siebengang-Getriebe oder Siebengang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 3,1 s, Spitze 350 km/h
Masse L/B/H 4,67/2,06/1,17 m, Leergewicht 1280 kg
Umwelt Verbrauch Werk 12,1 l/100 km, Energieeffizienz G
Preis ab 3,1 Millionen Euro netto und ohne Steuern
Der erste Gang des manuellen Schaltgetriebes befindet sich, wie bei alten Lamborghini und Ferrari, unten links. Zudem gibts auch hier eine Schaltkulisse, in der der Schalthebel geführt wird. Ich schiele anfangs bei jedem Gangwechsel zur rechten Hand runter, damit ich den Hebel auch ja an den richtigen Ort schiebe. Kleine Randnotiz: Rund 70 Prozent der längst ausverkauften Utopia wurden mit Handschaltung bestellt! Wir fahren einige Male die gleiche Strecke, um uns vom Fotografen ablichten zu lassen. So gewinne ich zunehmend mehr Vertrauen ins Auto. «Stell ihn doch mal in den Racemodus, dann klingt der Wagen noch etwas aggressiver», rät Alberto nach ein paar Minuten. «Aber Vorsicht, dann ist die Stabilitätskontrolle ESC deaktiviert.»
Meisterwerk der Technik und Kunst
Mittlerweile sind die Fotos im Kasten, und ich habe das Vertrauen zum knapp 1,3 Tonnen leichten Boliden gefunden. Jetzt drücke ich vehementer aufs Gas – und nach wenigen Millisekunden sprechen die Turbos des Sechsliter-V12-Biturbo-Motors, der von AMG stammt, an. Und zwar so irrwitzig stark, dass es mich förmlich in den wunderbar passenden Ledersitz presst. Tempo 100 schafft der Utopia übrigens in 3,1 Sekunden – und spurtet bis zur Spitze von 350 km/h weiter. Ich rase auf die nächste Kurve zu und schalte runter –, jetzt ohne Blick zur Schaltkulisse. Dazu betätige ich das Bremspedal, und die Karbon-Keramik-Bremsen von Brembo packen sofort zu.
Mit dem aus einem Alublock gefrästen Lenkrad lenke ich ein und gebe am Kurvenausgang wieder Vollgas. Die wahnsinnige Power von 864 PS (635 kW) und 1100 Nm maximales Drehmoment überträgt der Utopia ohne jegliche Elektrifizierung alleine über die Hinterräder, und das volle Drehmoment steht bereits ab 2800 Umdrehungen zur Verfügung. Dies führt dazu, dass ich unbeabsichtigt das Heck zum Tänzeln bringe – es aber mit Leichtigkeit wieder auffange.
Fazit: In meinen Augen ist der Utopia mehr als nur ein Auto – er ist ein Meisterwerk der Technik und des Designs. Ich geniesse jeden Kilometer Fahrt. Der Utopia hat meine grossen Erwartungen gar noch übertroffen und mir gezeigt, was möglich ist, wenn Leidenschaft und Ingenieurskunst aufeinandertreffen. Dass man sich mit dem Utopia preislich im mittleren einstelligen Millionenbereich bewegt, das interessiert die 99 Coupé- oder die 130 Roadster-Käuferinnen und Käufer sowieso kaum.
Den Konfigurationsmöglichkeiten und damit der Höhe des Preises sind übrigens kaum Grenzen gesetzt – der Kunde ist schliesslich König. Auf der letzten Geraden kurz vor der geplanten Ankunft kann ich nicht anders: Ich drücke nochmals kräftig aufs Gas, um das Pfeifen der Turbos und das Nachblubbern des V12-Motors noch einmal zu hören. Das ist Musik!