Darum gehts
Eigentlich wäre jetzt Wladimir Putin (72) mit massiven Strafzöllen an der Reihe. Heute läuft nämlich das Ultimatum ab, das US-Präsident Donald Trump (79) dem Kreml-Herrscher für eine Waffenruhe in der Ukraine gestellt hatte. Doch die Russen greifen die Ukrainer mit unverminderter Heftigkeit an.
Trump hatte Putin mit schweren Sanktionen auch gegen Russlands Handelspartner gedroht, falls er die Waffen bis heute nicht zum Schweigen bringe. Passiert ist aber nichts, und es wird wohl vorerst kaum etwas passieren. Einmal mehr ist es Putin gelungen, den Herrscher im Weissen Haus ins Leere laufen zu lassen.
Wieder kommt Putin mit der alten Leier der neuen Versprechungen: Er hat Trump während des Ultimatums zugesagt, weitere Gespräche über eine Waffenruhe zu führen. Zuerst sah dieses Treffen, das vermutlich nächste Woche und möglicherweise in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden soll, nach einem Meilenstein aus. Denn anfänglich wollte Trump auch den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) dabeihaben, was zu dessen erster Direktbegegnung mit Putin seit Kriegsbeginn geführt hätte. Inzwischen wurde Selenski aber wieder ausgeladen und auf spätere Verhandlungen vertröstet.
Erneut werden also nur Trump und Putin über eine Lösung in der Ukraine brüten. Der Kreml-Boss hat bereits bekräftigt, dass er auch weiterhin keine eroberten Gebiete zurückgeben werde. Fortschritte, geschweige denn ein Durchbruch sind daher auch dieses Mal nicht zu erwarten.
Trump droht mit Strafzöllen
Die Frage ist, wie Trump reagieren wird. Bis zum Gespräch wird er seine Drohungen von scharfen Sanktionen kaum umsetzen. Diese sehen vor, nebst Russland alle Länder zu bestrafen, die mit Moskau geschäften. Das Instrument ist bekannt: Strafzölle. Trump sprach von 100 Prozent, der republikanische US-Senator Lindsey Graham (70) und zahlreiche seiner Ratskollegen fordern sogar 500 Prozent. Betroffen wären in erster Linie China und Indien, beide Länder sind grosse Abnehmer von russischem Öl.
Putin lullt Trump immer wieder mit Versprechen ein, die im Weissen Haus auf Verständnis stossen, aber nur Putins Interessen widerspiegeln. Der Russe weiss genau, wie weit er Trump die Hand hinstrecken muss, damit sich dieser im Erfolg wähnt.
Ulrich Schmid, Russland-Experte an der Universität St. Gallen, sagt: «Der geübte KGBler hat erkannt, wie er den politischen Narzissmus des amerikanischen Präsidenten bespielen kann.» Zudem bewundere Trump Putins autoritären Politikstil und dessen unangefochtene Position im Land. «Das ist letztlich auch Trumps Wunschbild für seine eigene Rolle in den USA», meint Schmid.
Auf der anderen Seite zeigt Trumps Verhalten auch, dass er an einer umfassenden Unterstützung der Ukraine nur begrenztes Interesse hat. Dazu sagt Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn: «Trump scheint immer wieder nach Wegen zu suchen, um extensive Sanktionen gegen Russland zu vermeiden.» Schliesslich will Trump möglichst einer Eskalation aus dem Weg gehen und als Friedensstifter in die Geschichte eingehen.
Weiterer Punkt für Putin
Doch wie wird Trump reagieren, wenn Putin erneut nicht in einen Waffenstillstand einlenkt? Bisher war es ein unverbindliches «Wir werden sehen, was er zu sagen hat, es liegt ganz bei ihm». Direkte Strafzölle gegen Russland wären zwar leicht umsetzbar, schmerzen aber wegen des geringen Handelsvolumens zwischen den beiden Ländern kaum. Auch Sekundärzölle gegen Russlands Handelspartner wären eine Möglichkeit, die laut Schmid aber schwierig umzusetzen seien.
Wie Trump tatsächlich reagieren wird, ist nicht klar. «Immer wieder rückt er von seinen eigenen Ankündigungen ab», sagt Adorf. Sicher hingegen ist, dass Putin mit seiner Hinhaltetaktik gegen den amerikanischen Präsidenten erneut gepunktet hat.