Darum gehts
- Messerattacke in Zug in Grossbritannien: Mehrere Verletzte, zwei Festnahmen
- Panik brach aus, Passagiere flüchteten oder versteckten sich
- Zehn Verletzte in Spitäler gebracht, neun davon lebensbedrohlich
Am Samstagabend wurden in einem Zug nahe der mittelenglischen Kleinstadt Huntingdon mehrere Menschen mit einem Messer attackiert. Elf Personen mussten im Spital behandelt werden.
Fünf der Verletzten konnten das Spital bis am Sonntagabend verlassen. Ein Mensch befinde sich weiterhin in einem «kritischen, aber stabilen Zustand», so BBC. Nach Angaben des Senders handelt es sich dabei um einen Bahnmitarbeiter. Ein Polizeisprecher beschrieb den Bahnmitarbeiter als «heldenhaft» – er habe «das Leben vieler Menschen gerettet».
32-Jähriger wegen versuchten Mordes angeklagt
Ein 32-Jähriger befindet sich wegen des Verdachts des versuchten Mordes in Haft. Zunächst waren zwei Männer festgenommen worden. Doch der Verdacht gegen den zweiten Mann erhärtete sich nicht, er wurde ohne weitere Massnahmen entlassen.
Über den 32-jährigen Verdächtigen, der noch in Polizeigewahrsam verbleibt, ist bekannt, dass er aus dem Ort Peterborough stammt und auch am Bahnhof Peterborough in den Zug einstieg. Am Montagmorgen gab die britische Transportpolizei bekannt, dass der Tatverdächtige angeklagt wird. Ihm wird versuchter Mord in insgesamt elf Fällen, Körperverletzung sowie der Besitz einer Stichwaffe vorgeworfen. Noch am Montag soll er vor dem Peterborough Magistrates' Court erscheinen.
Zehn der Fälle versuchten Mordes stehen in direkter Verbindung zum Messerangriff. Eine weitere Attacke soll nach Angaben der britischen Transportpolizei früher am Samstag an einer Station in London erfolgt sein.
Protokoll der Tat
Scheinbar wahllos hatte der Täter die Passagiere attackiert. Blutüberströmte Fahrgäste flüchteten durch den Zug – auf der Suche nach Schutz vor dem Angreifer. So lief die Tat ab.
19.39 Uhr: Erste Notrufe
Um 19.39 Uhr gehen die ersten Notrufe bei der Polizei von Cambridgeshire ein.
19.42 Uhr: Notruf geht bei Transportpolizei ein
Um 19.42 Uhr lokaler Uhrzeit erhält die britische Transportpolizei einen Notruf. In einem Zug nahe der Kleinstadt Huntingdon seien mehrere Personen niedergestochen worden, heisst es.
Der Zug war um 18.25 Uhr in Doncaster gestartet – mit dem Bahnhof London King's Cross als Endstation. Die Tat ereignete sich nach Angaben mehrerer Fahrgäste rund zehn Minuten, nachdem der Zug den Bahnhof in Peterborough verlassen hatte.
Innert weniger Minuten bricht Panik im Zug aus
Die Attacke sorgt innert weniger Minuten für Panik im Zug, wie Fahrgast Olly Foster gegenüber dem Sender BBC berichtet. «Lauft, lauft, da ist ein Mann, der wirklich alle ersticht», habe ein Fahrgast gerufen. Zunächst hält Foster den Vorfall noch für einen Halloween-Streich. Doch dann flüchten immer mehr blutüberströmte Menschen durch den Waggon, überrennen einander dabei gegenseitig, wie Fahrgäste gegenüber dem «Mirror» berichten. Einige retten sich in die Toiletten.
Passagiere sichten Mann mit einem grossen Messer
Gegenüber der Zeitung «The Times» berichten Fahrgäste, dass sie einen Mann mit einem grossen Messer im Zug gesichtet hätten. Foster berichtet gegenüber BBC, dass ein älterer Mann ein junges Mädchen vor einem der Angreifer gerettet habe. Dabei habe er selbst Schnittwunden an Kopf und Hals erlitten. Andere Fahrgäste seien ihm zur Hilfe gekommen und hätten versucht, seine Blutungen mit Jacken zu stoppen.
19.50 Uhr: Die Polizei nimmt zwei Männer fest
Kurz nach dem Notruf wird der Zug am Bahnhof in Huntingdon gestoppt, wie ein Augenzeuge gegenüber BBC schildert. Vor Ort nimmt die Polizei zwei Männer fest. Nach Angaben von Superintendent John Loveless von der britischen Transportpolizei BTP erfolgten die Festnahmen nur acht Minuten nach dem ersten Notruf – also gegen 19.50 Uhr.
Ein Fahrgast berichtet gegenüber dem Sender Sky News, er glaube, gesehen zu haben, wie einer der Verdächtigen vor seiner Festnahme mit einem Taser überwältigt worden sei. Einer der Männer wurde später wieder auf freien Fuss gesetzt.
Mehrere Verletzte werden in Spitäler gebracht
Am Bahnhof Huntingdon warten gemäss BBC zahlreiche Rettungswagen, taktische Einsatzleiter, ein Gefahrengut-Einsatzteam und diverse Intensivteams der Ambulanz. Zehn Verletzte werden in Spitäler gebracht, darunter zwei mit lebensbedrohlichen Verletzungen. Eine weitere Person ging selber ins Spital.
Samstag, 23 Uhr: Passagiere werden in Bussen nach London gebracht
Gemäss lokalen Medienberichten werden kurz vor 23 Uhr unverletzte Fahrgäste, in Rettungsdecken gehüllt, mit Bussen nach London gebracht. Dort hätte ihre Zugfahrt ursprünglich enden sollen.
Sonntag, 1.46 Uhr: Terrorismusbekämpfung ermittelt
Die Polizei spricht von einem «schwerwiegenden Vorfall» und bestätigt gegenüber BBC, dass Beamte der Terrorismusbekämpfungseinheit die Ermittlungen unterstützen werden.
1.58 Uhr: Beeinträchtigungen für Bahnreisende bis Sonntag
Die britische Bahngesellschaft LNER fordert die Fahrgäste auf, Bahnreisen zu verschieben, und erklärt auf der Plattform X, dass bis zum Ende des Tages am Sonntag mit Beeinträchtigungen zu rechnen sei.
Zug steht auch am Sonntag noch am Bahngleis
Auch am Sonntagvormittag bleibt der Zug gemäss BBC noch am Bahnhof von Huntingdon stehen. Viele Strassen rund um den Bahnhof sind gesperrt, Zelte der Spurensicherung sind aufgebaut. Das Perron ist übersät mit persönlichen Gegenständen der Opfer.
10.42 Uhr: Pressekonferenz der BTP
Laut John Loveless von der BTP befinden sich die zwei festgenommenen Männer in Polizeigewahrsam. Es handle sich um einen 32-jährigen schwarzen Mann und einen 35-jährigen Mann karibischer Herkunft. Beide wurden gemäss Loveless im Vereinigten Königreich geboren und besitzen die britische Staatsbürgerschaft. Die Polizei habe sie wegen des Verdachts auf versuchten Mord festgenommen.
Zum Zeitpunkt der Pressekonferenz werden die Männer noch immer von der Polizei vernommen. Doch der Verdacht gegen den 35-jährigen Mann erhärtete sich nicht. Er sei entlassen worden, sagten die Ermittler am Sonntagabend.
10.48 Uhr: Zwei Verletzte in lebensbedrohlichem Zustand
Von den elf verletzen Personen konnten bereits vier wieder aus dem Spital entlassen werden, erklärt Loveless. Zwei befinden sich weiterhin in lebensbedrohlichem Zustand. Weiter erklärt er, dass es derzeit keine Hinweise auf einen möglichen Terrorangriff gebe.
20 Uhr: Noch eine Person in lebensbedrohlichem Zustand
Am Sonntagabend schwebte nur noch eine Person in Lebensgefahr. Fünf der Hospitalisierten haben das Spital bereits verlassen.
Das Motiv der Tat liegt noch im Dunkeln. «Spezialisierte Ermittler untersuchen den Hintergrund des Verdächtigen, den wir in Gewahrsam haben, sowie die Ereignisse, die zu dem Angriff geführt haben», sagte Deputy Chief Constable Stuart Cundy. Der 32-Jährige wurde in Grossbritannien geboren und hat einen Migrationshintergrund.