Erstes offizielles Treffen zwischen deutschem Kanzler und US-Präsidenten
Was Merz von Trump will – und was er dafür riskiert

Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump zu umgarnen – und ihn gleichzeitig in die Pflicht zu nehmen. Doch was kann Merz wirklich erreichen, wenn der mächtigste Mann der Welt nie zweimal dieselbe Meinung hat?
Publiziert: 02.06.2025 um 11:10 Uhr
|
Aktualisiert: 02.06.2025 um 12:10 Uhr
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
Bundeskanzler Friedrich Merz macht sich bald auf den Weg nach Washington – doch was kann er dort erreichen?
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
BlickMitarbeiter06.JPG
Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Es ist ein Treffen mit Symbolkraft – und Risiko. Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz am Donnerstag US-Präsident Donald Trump im Weissen Haus besucht, steht mehr auf dem Spiel als diplomatische Etikette. Der neue starke Mann aus Berlin trifft auf den Ego-Präsidenten in Washington. Was sie eint: Machtbewusstsein. Was sie trennt: fast alles andere. Kann das gut gehen?

SMS-Diplomatie zwischen Friedrich und Donald

Merz kommt nicht mit leeren Händen. In den vergangenen Wochen hat er gezielt daran gearbeitet, Drähte ins Trump-Lager zu legen. Mehrere Telefonate, sogar SMS auf Vornamensbasis – «Friedrich» und «Donald» haben sich angenähert, wie «Spiegel» berichtete. Merz darf sogar im offiziellen Gästehaus des Weissen Hauses nächtigen – eine Ehre, die nicht jedem zukommt. Es ist der Versuch, Vertrauen zu schaffen, bevor es konkret wird. Denn Merz hat klare Ziele: Er will Trump im Ukraine-Krieg an Bord halten, die Nato zusammenführen und einen drohenden Handelskonflikt entschärfen. Nur: Wird Trump mitspielen?

Der Kanzler weiss, dass Trumps Rückkehr ins Weisse Haus nicht nur in Europa für Nervosität sorgt. Schon jetzt mehren sich in den USA Stimmen, die einen Rückzug amerikanischer Truppen aus Europa fordern. Merz will dem entgegenwirken – mit Signalpolitik. Deutschland werde das Nato-Ziel von fünf Prozent Verteidigungsausgaben erfüllen, bekräftigte er. Es ist ein Angebot an Trump: Wir liefern, wenn ihr bleibt.

1/7
Der Kanzler auf internationaler Mission: Friedrich Merz reist mit klaren Zielen nach Washington.
Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler

Mission Ukraine: Druck auf Putin, mit Trump

Doch Merz' wichtigste Mission in Washington ist die Ukraine. Europa ringt intern um eine einheitliche Linie, Merz will in Brüssel wie in Washington als Antreiber gelten. Sein Plan: Trump mit ins Boot holen, um den Druck auf Putin zu erhöhen. Ein neues Sanktionspaket liegt bereits auf dem Tisch – doch ohne die USA bleibt es zahnlos. Merz will verhindern, dass Trump Europa den Frieden verhandeln lässt, während sich Amerika elegant heraushält.

Nicht zuletzt geht es Merz um geopolitischen Einfluss. Der Kanzler weiss, dass Europa in Washington oft nicht als Einheit wahrgenommen wird – sondern als Flickenteppich nationaler Interessen. Er will das ändern, sich als Gesicht eines handlungsfähigen Europas positionieren, das Verantwortung übernimmt. Auch deshalb ist dieses Treffen für ihn weit mehr als ein diplomatischer Pflichttermin. Es ist eine Bewährungsprobe – für seine Aussenpolitik, seine Führungsstärke und seine Rolle im globalen Machtgefüge.

Guter Draht oder kalte Schulter?

Was also ist von diesem Treffen zu erwarten? Viel Rhetorik, eine freundliche Pressekonferenz – und im besten Fall ein «guter Draht», wie ihn deutsche Diplomaten vorsichtig erhoffen. Im schlechtesten Fall ein Trump, der gerade keine Lust auf Konsens hat. Denn das Oval Office ist, wie ein US-Diplomat es gegenüber dem Handelsblatt formulierte, «zur Gefahrenzone geworden»: Man weiss nie, welchen Trump man bekommt. Mr. Charming oder Mr. Chaos?

Für Merz ist das Treffen ein Drahtseilakt. Er muss Stärke demonstrieren, ohne den impulsiven Präsidenten vor den Kopf zu stossen. Er muss diplomatisch sein – aber nicht devot. Denn letztlich geht es um mehr als politische Eitelkeit. Es geht um die Frage, ob Europa und die USA unter Trump 2.0 noch Partner sein können – oder nur noch Nachbarn mit getrennter Agenda.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?