Darum gehts
- Trumps Behauptung über ausländische Häftlinge in der Schweiz ist irreführend
- Der hohe Ausländeranteil in den Gefängnissen spiegelt den hohen Ausländeranteil in der Bevölkerung wider
- 72 Prozent der Häftlinge sind Ausländer, aber 34 Prozent haben keinen Wohnsitz in der Schweiz
Donald Trump (79) sorgte in seiner Rede vor der Uno-Generalversammlung für Aufsehen, als er behauptete, der Anteil der ausländischen Häftlinge in Schweizer Gefängnissen liege bei 72 Prozent. Diese Zahl ist korrekt, sie liegt genau genommen bei 72,5 Prozent – doch sie allein erzählt nur einen Teil der Geschichte. Eine tiefergehende Analyse zeigt, dass Trumps populistische These, Migration würde die Kriminalität in die Schweiz bringen, einer genaueren Betrachtung nicht standhält.
Die Schweiz hat tatsächlich einen der höchsten Anteile an ausländischen Gefängnisinsassen weltweit. Im internationalen Vergleich liegt sie weit oben, nur Kleinstaaten wie Monaco, Andorra, Liechtenstein und Luxemburg verzeichnen höhere Zahlen. Dies liegt jedoch vor allem am ebenfalls sehr hohen Ausländeranteil in der Schweizer Bevölkerung – mit 27,4 Prozent (Stand Ende 2024) einer der höchsten Anteile in Europa, was die Zahlen relativiert.
Die genaue Zusammensetzung der Häftlinge
Um die Zahlen richtig zu verstehen, muss man zwischen den verschiedenen Gruppen von Ausländern in den Gefängnissen unterscheiden. Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) befanden sich am 31. Januar 2025 insgesamt 6994 Menschen in Schweizer Gefängnissen, davon 5069 Ausländer.
Laut einer Studie der Universität Lausanne aus dem Jahr 2019 ist die genaue Zusammensetzung entscheidend. So zeigte die Untersuchung, dass rund 49,3 Prozent der damals 6863 Inhaftierten legal in der Schweiz lebten – dazu gehören sowohl Schweizer als auch Ausländer mit festem Wohnsitz hier. 9,6 Prozent der Gefangenen waren Asylsuchende. Und die grösste Gruppe, nämlich 41,1 Prozent, umfasste «andere Ausländer und Ausländer mit unbekanntem Status».
In diese letzte Gruppe fallen Personen, die keinen festen Wohnsitz in der Schweiz haben: Grenzgänger mit G-Bewilligung, Touristen, sogenannte Sans-Papiers oder andere Personen ohne festen Aufenthaltsstatus. Es ist daher irreführend, diese Gruppen mit den legal hier lebenden Ausländern in einen Topf zu werfen. So sind beispielsweise 34 Prozent aller Gefängnisinsassen Ausländer ohne Wohnsitz in der Schweiz. Bei den Häftlingen in Untersuchungshaft liegt dieser Anteil sogar bei 49 Prozent.
Ein Blick auf Deutschland und Österreich
Der Vergleich mit den Nachbarländern zeigt ähnliche Muster, wenn auch mit unterschiedlichen Zahlen. In Deutschland betrug der Anteil der ausländischen Strafgefangenen Ende März 2024 37,4 Prozent. Dieser Anteil ist damit das dritte Jahr in Folge angestiegen und erreichte einen neuen Höchststand. Bei der Interpretation dieser Zahlen muss man ebenfalls den insgesamt steigenden Ausländeranteil in der Bevölkerung, soziodemografische Unterschiede und die Inhaftierung von Personen ohne Wohnsitz in Deutschland berücksichtigen.
In Österreich war die Situation Anfang 2025 noch deutlicher: Hier stellten rund 5000 ausländische Staatsbürger mehr als die Hälfte aller Gefängnisinsassen. Sie waren damit, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil von etwa 20 Prozent, deutlich überrepräsentiert – stärker noch als bei den Tatverdächtigen und Verurteilten.
Fazit: Stabile Zahlen widerlegen Trumps These
Das Argument, dass Migration die Zahl der ausländischen Häftlinge in der Schweiz dramatisch ansteigen lässt, ist falsch. Die Statistiken zeigen, dass der Anteil der ausländischen Häftlinge seit der ersten Erfassung 2004 weitgehend stabil geblieben ist. Damals lag er bei 70,7 Prozent, der bisherige Höchstwert wurde 2013 mit 74,3 Prozent erreicht.
Interessanterweise war es genau im Jahr 2013, als die Zuwanderung in die Schweiz stark anstieg und die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» lanciert wurde. Doch dieser Anstieg der Zuwanderung hatte keine messbare Auswirkung auf die Gefängniszahlen. Im Gegenteil: Die Zahlen sanken in den darauffolgenden Jahren sogar wieder leicht. Dies belegt, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen den Migrationsbewegungen und der Kriminalitätsrate gibt. Populistische Thesen wie die von Trump halten einer genauen Überprüfung nicht stand.