Zweiklassengesellschaft auf der Piste
In diesen Skigebieten dürfen Premium-Gäste vordrängeln

Beim Skifahren sind alle gleich – ausser in Crans-Montana und Laax. In den beiden Destinationen dürfen Premium-Gäste einfach an der Menschenschlange am Lift vorbeifahren. Das kommt nicht bei allen gut an.
Publiziert: 03.03.2022 um 17:24 Uhr
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In Crans-Montana VS können Gäste für einen Aufpreis am Lift vordrängeln.
Foto: Zvg

Skifahren gilt in der Schweiz nach wie vor als Volkssport und als Gleichmacher. Alle bestellen im Bergrestaurant die gleichen Pommes mit Schnitzel, besuchen die gleichen Skilager, brettern die gleichen Pisten hinunter und stehen zusammen am Lift an. Wer vordrängeln will, macht sich rasch sehr unbeliebt. Die Bergbahnen in Laax GR und Crans-Montana VS rütteln an diesem Weltbild. Wer hier einen teureren Skipass kauft, hat die Lizenz zum Vordrängeln und kann sich damit das Anstehen am Skilift sparen.

In Crans-Montana schlägt diese Premium-Tageskarte mit 188 Franken zu Buche. Das Premium-Jahres-Abo kostet statt 1400 Franken stolze 1999 Franken. Die «NZZ» hat sich vor Ort ein Bild gemacht und dabei festgestellt, dass die Premium-Fahrer bei den anderen Gästen nicht nur auf Gegenliebe stossen. Wer die Tageskarte für die Überholspur hat, erntet böse Blicke. «Das widerstrebt mir. Ein Skilift sollte für alle gleichermassen zugänglich sein», wird David aus Liverpool in der «NZZ» zitiert.

Situation mit dem Fliegen vergleichbar?

Doch es gibt einige Skifahrer, die mit der Zweiklassengesellschaft auf der Skipiste weniger Probleme haben. Schliesslich kenn man dies ja vom Bahnfahren oder Fliegen. Wer mehr zahlt, fährt in der ersten Klasse mit breiteren Sitzen, fliegt mit mehr Beinfreiheit oder geniesst das Konzert von der Loge aus.

So ganz vergleichbar scheinen die Situationen jedoch nicht zu sein. Beim Fliegen und in der Bahn entsteht für die anderen Gäste kein direkter Nachteil. Ganz im Gegenteil. Die teureren 1.-Klasse-Plätze finanzieren alle anderen quer. Am Skilift verdonnern die Premium-Fahrer alle anderen dazu, länger anstehen zu müssen. Das macht das Thema emotionaler als andere Premium-Angebote.

Crans-Montana bietet auch günstige Tickets

Das scheint bei vielen Premium-Gästen zu einem schlechten Gewissen zu führen. Kaum einer wollte gegenüber der «NZZ» Stellung nehmen. «Ich respektiere die anderen, also sollen sie mich auch respektieren. Vielleicht sollten die Stänkerer einfach etwas mehr arbeiten, um sich das tolle Angebot leisten zu können», wird der eine zitiert.

Die Bergbahnen von Crans-Montana rühmen sich jedoch auch damit, auf der anderen Seite besonders günstigste Tageskarten anzubieten. Dank dynamischem Preismodell können Schnäppchenjäger bereits ab 15 Franken zu einer Tageskarte kommen.

Alle anderen Destinationen in der Schweiz verzichten auf Zweiklassen-Tickets ab. Das hängt aber auch stark damit zusammen, dass viele Gebiete ihre Beförderungskapazitäten in den letzten fünfzehn Jahren massiv ausgebaut haben und die Anstehzeiten deshalb massiv gesunken sind. (smt)

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