Rückschlag für die Pharmakonzerne Sanofi und GlaxoSmithKline bei der Entwicklung ihres Corona-Impfstoffs: Bis zu einer möglichen Zulassung des Vakzins, von dem die Europäische Union bis zu 300 Millionen Dosen verwenden will, könnte es deutlich länger dauern als gedacht. Das hat gestern der TV-Sender France 2 berichtet.
Nach ersten Studienergebnissen, die Sanofi veröffentlichte, erzeugte der Impfstoff nur eine unzureichende Immunantwort bei älteren Menschen. Diese sind bei einer Corona-Infektion aber besonders gefährdet. Sanofi will nun Anfang kommenden Jahres eine weitere Studie starten und hofft, bis Ende 2021 einen wirksameren Impfstoff zu entwickeln.
Millionen Dosen vorab gesichert
Eigentlich hatte der Konzern bei positiven Studienergebnissen auf eine Marktzulassung bis Mitte nächsten Jahres gehofft. Die für eine Zulassung entscheidende Phase-3-Studie sollte noch in diesem Monat beginnen. Die Aktien von Sanofi verloren an der Börse in Paris fast drei Prozent. Neben der Europäischen Union haben sich auch die USA und Grossbritannien schon Millionen Dosen des Impfstoffs vorab gesichert.
Nach den veröffentlichten Ergebnissen der Phase-1/2-Studie erzeugte der Impfstoff bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 49 Jahren eine Immunreaktion, die vergleichbar mit der von bereits genesenen Covid-19-Patienten war. Bei älteren Erwachsenen sei die Immunantwort allerdings niedrig gewesen - wahrscheinlich aufgrund einer unzureichenden Konzentration des Antigens, teilte Sanofi mit.
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Das Unternehmen will nun im Februar eine neue Studie mit einer verbesserten Antigen-Formulierung starten. Die zulassungsrelevante Phase-3-Studie könnte dann im zweiten Quartal beginnen. Positive Ergebnisse dieser Studie könnten im zweiten Halbjahr zu Zulassungsanträgen führen und damit die mögliche Verfügbarkeit des Impfstoffs von Mitte 2021 bis zum vierten Quartal verzögern.
Neuartige Technologien
Während bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff bereits völlig neuartige Technologien wie die mRNA-Impfstoffe von BioNTech und Moderna positive Ergebnisse mit einer überraschend hohen Wirksamkeit von rund 95 Prozent erzielt haben, betrifft der Rückschlag bei Sanofi eine eigentlich bewährte Technologie.
Der Impfstoff der Franzosen basiert auf eine der etabliertesten Technologien für Vakzine, die etwa bei Impfungen gegen das humane Papillomavirus, Hepatitis B und Keuchhusten eingesetzt wird. Sie zielt darauf ab, im Labor hergestellte Proteine in den Körper einzubringen, um das Immunsystem zu einer gezielten Abwehr zu bewegen. Die neuen, auf Boten-RNA (mRNA) basierenden Impfstoffe nutzen dagegen das Nachrichtensystem des menschlichen Körpers, um Zellen die Information zur Produktion von Proteinen und damit zur Bekämpfung der Krankheitserreger zu vermitteln.
«Keine starke Dosierung testen»
Rückschläge in der Medikamentenentwicklung sind nichts Ungewöhnliches. Auf der mit Hochdruck betriebenen Suche nach Corona-Impfstoffen, die als entscheidend zur Beendigung der Pandemie angesehen werden, stehen die Unternehmen mit ihren Studien nun aber besonders im Rampenlicht. Jean-Daniel Lelievre, Leiter der Klinik für Immunologie und Infektionskrankheiten am Henri-Mondor-Krankenhaus in Creteil bei Paris, geht davon aus, dass Sanofi und Glaxo ihren Impfstoff verbessern können.
«Bei dieser Art von Impfstoff ist das Ergebnis keine Überraschung. Wir wissen, dass bei älteren Patienten mehr Antigen benötigt wird.» In der frühen Phase der klinischen Entwicklung stünden jedoch Sicherheit und Verträglichkeit im Fokus. «Da kann man keine starke Dosierung testen.» (pbe)