«Was sein muss, muss sein», sagte Erika Löwer (95), als sie die Corona-Impfung am vergangenen Sonntag erhielt. Sie ist die erste Person, die im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) geimpft wurde. 19 Millionen Menschen leben in der Region und warten noch auf ihren Piks.
Was bislang unbekannt ist: Eine Schweizer Firma spielt eine zentrale Rolle beim Impfstart im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands. Sie rekrutiert sämtliche 7000 Fachkräfte, die Spritzen setzen und die Impfübung überwachen. Und sie plant die Einsätze, erfasst die Arbeitszeiten und rechnet die Stunden ab. Eine Herkulesaufgabe.
Die Firma selbst ist keine Grossfirma, sondern ein KMU aus dem Speckgürtel von Zürich. Der Name: Staffcloud. Gerade einmal zwölf Personen arbeiten für das Unternehmen. Zu den Kunden zählen grosse Namen: die Migros, der EV Zug oder der Fussballklub Bayer Leverkusen. Bei einem internationalen Spiel des Bundesligisten managt die Software von Staffcloud bis zu 600 Personen.
Gross in der Ostschweiz
Jetzt kommt der Impfgrossauftrag in NRW dazu. «Wir haben bereits mehr als 5000 Personen rekrutiert», sagt Thomas Ungricht (43), Co-Gründer der Firma. Das medizinische Fachpersonal arbeite an über 50 verschiedenen Standorten und verteilt 10'000 Impfdosen pro Tag.
Es ist nicht der erste Coup in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Im Frühjahr koordinierte die Software von Staffcloud rund 3500 Helfer für den Kanton Thurgau. Diese Personen arbeiteten bei der Corona-Hotline, boten Einkaufsdienste an oder waren beim Zivilschutz angestellt.
Ein weiteres Engagement aus der Ostschweiz sind die Impfzentren von Appenzell Ausserrhoden. Bis zu 200 Personen werden dereinst an den Standorten Heiden, Teufen und Herisau arbeiten inklusive mobiler Impfequipe. Die Koordination dieser Fachkräfte übernimmt Ungrichts Firma.
Auftrag in Rekordzeit
Aber kein Auftrag ist grösser als die Aufgabe in NRW. «Das ist ein kleines Wunder für uns», sagt Ungricht. «Ein Weihnachtsmärchen.» Normalerweise dauere es über ein Jahr, bis ein Vertrag mit der öffentlichen Hand unterzeichnet sei. Die Konkurrenz sei hart. Zu den Rivalen gehöre unter anderem der Softwarekonzern SAP. Ein Milliardenunternehmen.
Die angespannte gesundheitliche Lage liess ein langwieriges Verhandeln aber nicht zu. Die Impfung sollte so rasch wie möglich starten. Ungricht warf alles in die Waagschale – die Erfahrung aus der Schweiz, den Auftrag mit dem Bayer-Konzern, die anderen Engagements. Mit Erfolg.
«Vom Erstkontakt bis zur Unterzeichnung des Vertrags vergingen nur fünf Tage», freut sich der einstige Journalist. Jetzt muss er liefern.