«Ich sterbe gleich vor Hitze», diesen Satz hört man oft. Aber wie gefährlich ist Hitze wirklich?
Matthias Hermann, Kardiologe am Universitätsspital Zürich, gibt Entwarnung. Zwar lässt sich schon bei 30 Grad Celsius ein erhöhtes Sterberisiko nachweisen, wenn man die ganze Bevölkerung betrachtet. Ab dieser Temperatur wird auch von einem Hitzetag gesprochen. «Wer gesund ist und einigermassen an warme Temperaturen gewöhnt, ist aber keinem akuten Risiko ausgesetzt, wenn er sich in diesen Tagen körperlich betätigt.» Wichtig sei aber, regelmässig Pausen zu machen und genügend zu trinken.
Anders sieht es bei Leuten mit Diabetes oder erhöhtem Blutdruck aus. «Diese Personen müssen sich bei Hitze eindeutig schonen», sagt Hermann.
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Und welche Regeln gelten für Hitzefrei-Tage? In der Schule, im Büro und für Arbeiten draussen?
Schule: Hitzefrei – das war einmal
Schlechte Nachrichten für Schülerinnen und Schüler: Auch bei Temperaturen über 30 Grad muss man in den Unterricht, denn Hitzefrei gibt es in der Schweiz generell nicht. Die Kinder einfach nach Hause zu schicken, ist ebenfalls nicht möglich. Denn die Schule hat eine Betreuungspflicht.
«Hitzefrei bekommen» ist aber kein Mythos. Früher gab es eine solche Regel an Schweizer Schulen tatsächlich. Falls die Temperatur morgens um 10 Uhr schon über 30 Grad kletterte, bedeutete das für die Schülerinnen und Schüler aus dem Kanton Zürich Hitzefrei. Diese Klausel wurde jedoch in den 1980er-Jahren gestrichen.
In Basel-Stadt im Jahr 2003. Das Erziehungsdepartement führte damals zwei Gründe für die Abschaffung an: Man habe die Kinder mit der Aufhebung der Schulpflicht vor der Hitze schützen wollen, die meisten hätten den freien Nachmittag dann aber in der Badi oder beim Fussballspielen verbracht. Ausserdem war es für die Eltern schwierig, die Betreuung der Kinder spontan zu organisieren.
Büro: Nur für Schwangere gibt es eine feste Obergrenze
Wie in der Schule gibt es auch bei der Arbeit kein Hitzefrei. Allerdings hat der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin eine Fürsorgepflicht. Dazu hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Empfehlungen abgegeben:
Zum Beispiel muss die Raumtemperatur der Art der Arbeit angepasst werden. Konkret werden bei sitzender, vorwiegend geistiger Tätigkeit Temperaturen von 21 bis 23 Grad und bei körperlicher Arbeit je nach Schwere etwa 16 bis 21 Grad empfohlen.
Bei heissen Aussentemperaturen liegt der Wert maximal bei 26 Grad. Ebenfalls sollten mehrere kleine Pausen möglich sein, und Trinkwasser sollte zur Verfügung gestellt werden.
Eine Ausnahme gibt es jedoch: Schwangere und Stillende können ab einer Raumtemperatur von 28 Grad darauf bestehen, dass sie nicht zur Arbeit kommen müssen.
Wenn der Arbeitgeber nicht für ein angemessenes Raumklima sorgt, kann man sich ans kantonale Arbeitsinspektorat wenden. Diese Behörde muss aktiv werden, wenn ihr gemeldet wird, dass ein Arbeitgeber den Gesundheitsschutz missachtet.
Baustelle: Das Tessin machts vor
Auch für Bauarbeiter gibt es kein Hitzefrei, obwohl sie wohl mit am stärksten unter den hohen Temperaturen leiden. Die Fürsorgepflicht schreibt aber vor: Trinkpausen alle ein bis zwei Stunden, Sonnencreme muss ausgegeben werden, und es müssen Schattenplätze zum Ausruhen vorhanden sein.
Es gibt aber Forderungen nach einer strengeren Hitzeregelung für den Bausektor. Bisher ist das Tessin der einzige Kanton, der eine Lösung für den Strassenbau gefunden hat: Wenn Meteo Schweiz für drei aufeinanderfolgende Tage Hitze-Warnstufe 3 herausgibt, müssen die Arbeiten jeweils ab 13 Uhr eingestellt werden. Auch im Wallis soll es ab kommendem Jahr eine ähnliche Lösung geben. Die Gewerkschaft Unia fordert ausserdem: Bei 35 Grad muss die Arbeit ganz unterbrochen werden.
Dieser Artikel ist erstmals am 23. August 2023 erschienen