Die Lage auf dem Schweizer Immobilienmarkt ist angespannt. Hauskäufer und Eigenheimbesitzer sind mit stark steigenden Hypothekarzinsen konfrontiert. Dazu kommen wirtschaftlich unsichere Zeiten. Mitte Juni hob die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins überraschend um einen halben Prozentpunkt an.
Das verunsichert Schweizer Hauskäufer offensichtlich. Denn die Nachfrage nach Wohneigentum hat in den letzten Wochen abgenommen, zeigt eine Umfrage von Blick.
Seit Anfang Jahr ist die Zahl der Suchabos auf Immobilienportalen gesunken gemäss Zahlen des Branchenspezialisten Wüest Partner. Bei Eigentumswohnungen nahmen die Abos um 7,2 Prozent und bei Einfamilienhäusern um 9,1 Prozent ab. «Dennoch ist die Nachfrage derzeit noch höher als das Angebot», sagt Robert Weinert (43), Leiter Immo-Monitoring bei Wüest Partner.
Run auf Wohneigentum ist vorbei
Zuvor fand auf dem Schweizer Immobilienmarkt ein regelrechter Run auf Wohneigentum statt. Schweizerinnen und Schweizer wollten mit dem Ausbruch der Pandemie mehr denn je ein Haus oder eine Wohnung ihr Eigen nennen.
Gleichzeitig war das Angebot so knapp wie nie zuvor. Bis zu 100 Interessenten pro Kaufobjekt waren im Kanton Zürich keine Seltenheit. Das liess die Preise in bisher unerreichte Höhen klettern. «Diese Dynamik wird sich nun nicht mehr fortsetzen», sagt Ursina Kubli (43), leitende Immobilien-Expertin bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Trendwende auf dem Eigenheimmarkt
«Der Ansturm auf Eigenheime der letzten beiden Jahren dürfte sich nun normalisieren», meint auch Weinert. Laut Brancheninsidern gab es in den letzten Monaten weniger Interessenten pro Objekt als noch im Vorjahr.
Kubli spricht sogar von einer Zeitenwende auf dem Schweizer Häusermarkt. Denn zumindest die finanzielle Motivation, ein Eigenheim zu kaufen, nimmt ab. Das versetzt der überragenden Nachfrage einen Dämpfer.
Mieten wieder günstiger als Kaufen
«Viele Mieter hatten in den letzten Jahren das Gefühl, gegenüber Eigenheimbesitzern im Nachteil zu sein, die dank tiefer Hypothekarkosten äusserst günstig wohnen konnten», erklärt Kubli. Das hat sich nun geändert.
Die Zinsen für Festhypotheken steigen bereits seit Anfang Jahr. Der SNB-Entscheid im Juni löste einen weiteren Zinssprung aus. Betrug der Zinssatz für eine zehnjährige Festhypothek Anfang Jahr noch im Schnitt 1,4 Prozent, sind es aktuell rund 2,85 Prozent.
Wer Zinssicherheit sucht und daher eine langfristige Hypothek abschliesst, muss tiefer in die Tasche greifen. Gemäss Berechnungen der ZKB hat manche Mietwohnung inzwischen günstigere Wohnkosten als vergleichbares Stockwerkeigentum.
Kaufangebot nimmt zu
Diese Verteuerung sorgt für eine gewisse Beruhigung auf dem überhitzten Immobilienmarkt. Dazu kommt, dass gleichzeitig auch das Kaufangebot zunimmt. So stieg die Anzahl Kaufinserate auf der Immobilienplattform ImmoScout24 von März bis Mai 2022 sowohl bei den Häusern als auch bei Eigentumswohnungen. Bei Häusern erhöhte sich das Angebot um knapp zehn Prozent. Beim Stockwerkeigentum betrug die Zunahme sogar 13 Prozent.
Dieser Trend dürfte sich laut Kubli fortsetzen. «Fallen die Negativzinsen weg, dürften künftig wieder mehr Liegenschaften auf den Markt kommen», sagt sie. Mit der gleichzeitig etwas beruhigten Nachfrage sei das ein Schritt in Richtung Gleichgewicht.