Harte Zeiten für die Schweizer Modebranche: Seit Jahren sinken mit wenigen Ausnahmen die Umsätze. 2024 sieht es besonders düster aus. In den ersten sechs Monaten gingen die Umsätze um 4,9 Prozent zurück, wie das Marktforschungsinstitut GFK gegenüber den Zeitungen der AZ Medien bestätigte.
Für Chicorée-Chef Jörg Weber gibt es dafür vor allem einen Grund: das miserable Wetter im Juni. «Bis im Mai war das Jahr eigentlich gut», sagt er zu Blick. «Doch im Juni gab es einen ‹Umsatzlockdown›. Niemand kauft Sommerkleider, wenn es permanent regnet.»
Rabatte von 50 Prozent und mehr
Obwohl es im Juli für Chicorée wieder gut gelaufen sei, werde es nun schwierig, den Rückstand in diesem Jahr noch aufzuholen. «Es braucht jetzt einen super Winter, das heisst, es muss sehr schnell kühl werden», so Weber.
Vorerst aber versuchen die Schweizer Modehändler ihre Sommerkleider mit hohen Rabatten doch noch an die Frau oder an den Mann zu bringen.
So bietet die angeschlagene Kleiderkette Esprit im Onlineshop zusätzlich zu den gewährten 50 Prozent auf «ausgewählte Styles» weitere 30 Prozent Rabatt an, so die Zeitungen von AZ Medien. Und das Warenhaus Globus lockt bei Kleidern und Schuhen mit bis zu 60 Prozent Rabatt.
Rabatte von 50 Prozent auf ziemlich alles seien ein schlechtes Zeichen, sagt Nordal Cavadini, Detailhandelsexperte beim Beratungsunternehmen Alix Partners. «Die Händler sitzen offenbar auf Beständen, die sie nicht verkaufen konnten. Sie versuchen nun, Platz zu machen für die nächste Saison.»
«Rabatte sind Teil des Konzepts»
Der Preis sei sehr wichtig heute, betont Weber. Die Lebenshaltungskosten sind gestiegen und die Leute gönnten sich heute weniger als beispielsweise direkt nach Corona. Da sei man bei Chicorée als Discounter gegenüber vielen Konkurrenten im Vorteil. «Bei uns herrscht permanenter Ausverkauf. Wenn ein Artikel nicht besonders gut läuft, dann senken wir den Preis nach wenigen Wochen», sagt Weber. «Rabatte sind Teil unseres Konzepts.»
Cavadini bestätigt dies. «Der klassische Endsaison-Ausverkauf im Juli und Januar spielt heute immer weniger eine Rolle.» Es gebe längere Sonderverkäufe, die zum Teil früher beginnen, und zusätzliche Shoppingevents wie den Black Friday, der heute eine ganze Woche dauere und auch im Kleiderhandel wichtig sei.
Jüngere Kunden stehen auf Shein und Co.
Und was ist mit der chinesischen Konkurrenz im Internet? Firmen wie Temu und Shein boomen auch in der Schweiz, wie verschiedene Rankings zeigen. «Im tiefen Preissegment sind sie sicher eine zusätzliche Konkurrenz», sagt Cavadini. «Mit aktueller Mode, tiefen Preisen und aggressivem Marketing sprechen sie vor allem die jüngere Kundschaft an.»