Weniger Spielwaren, dafür Chips und Gummibärli
Müller macht aus Franz Carl Weber langsam eine Drogerie

Schleckereien am Eingang, Chips zwischen den Puppen: Monate nach der Übernahme baut die deutsche Eigentümerin die Spielwarenhändlerin um.
Publiziert: 21.12.2023 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 22.12.2023 um 10:47 Uhr
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Franz-Carl-Weber-Filiale Zürich: Die neue Besitzerin Müller zeigt Präsenz auf der Ladenfläche.
Foto: ZVG
Andreas Güntert
Handelszeitung

Lego und Playmobil, Squishmallows-Kuscheltiere, Barbiepuppen, Puzzles: Danach sucht die Last-Minute-Kundschaft, die im Shopping-Schlussspurt vor Weihnachten in die Läden von Franz Carl Weber hastet.

Beim Eintritt in einige der 22 Filialen treffen sie aktuell zusätzlich auf ein Angebot, das sie so noch nicht kannten auf den Flächen der Schweizer Legende des Spielwarenhandels: Haribo-Gummibärchen, Pringles-Chips, Kinder-Schokolade und was der Quengelware mehr ist. Mal gruppiert in einer Ecke, mal als einzelnes Produkt mitten in der Spielwarenauslage.

Neue Besitzerin Müller zeigt Präsenz

Dass «Franzki», wie die traditionsreiche Kette im Volksmund genannt wird, plötzlich auf den Geschmack von Süsswaren, Naschzeug und salzigen Snacks gekommen ist, hängt mit der neuen Besitzerin zusammen. Vor fünf Monaten, per Stichtag 1. Juli 2023, wurde Franz Carl Weber von der deutschen Handelskette Müller übernommen.

Augenfällig wird der Drogeriemarktriese als Naschwerk-Absender etwa in der Franzki-Filiale am Zürcher Bahnhofplatz, wo Mitnahme-Food in grossen Müller-Stellboxen feilgeboten wird. Naschzeug und Süssigkeiten aus der Hand von Müller auf den Flächen von Franz Carl Weber – das könnte wohl erst der Anfang eines stärkeren Auftritts der neuen Eignerin sein. Die nächste Stufe: Die Umwidmung ganzer Franzki-Abteilungen auf das Drogeriesortiment von Müller.

Ab Frühling 2024 soll umgebaut werden

So jedenfalls berichten es der «Handelszeitung» eingeweihte Kreise. Der Plan, sagt jemand, der mit den Vorgängen vertraut ist, sehe so aus: Bis und mit Weihnachten blieben die Flächen noch für Spielwaren reserviert und dementsprechend unangetastet, ab Frühling 2024 werde dann aber umgebaut. Dieser Umbau werde grössere Filialen wie jene in Zürich, Basel oder Genf betreffen.

Zu rechnen sei dabei weniger mit einer kompletten und landesweiten Müller-Umflaggung, sondern mit einer Teilverwandlung einzelner Flächen: Mehr Müller-Drogerie-Sortiment, weniger Spielwaren. Je nach der Zahl bereits bestehender Müller-Filialen in der Umgebung, könnte es dabei auch sein, dass kleinere Franz-Carl-Weber-Läden vollständig zu Ablegern der Drogeriemarktkette würden.

Zwar, so heisst es bei engen Beobachtern, scheine Müllers Absicht hinsichtlich der Ausweitung der Drogerie-Verkaufszone klar, konkrete Pläne seien aber noch nicht gezeichnet. Oder noch nicht für jeden der betroffenen Läden. Welche Filialen es dabei in welchem Umfang treffen wird, wollte die neue Franz-Carl-Weber-Besitzerin auf Anfrage nicht mitteilen. Die Müller-Zentrale in Ulm liess Anfragen der «Handelszeitung» bezüglich Umbauplänen und Schweizer Strategie unbeantwortet.

Müller ist ein Spielwarenriese

Dass die grosse und expandierende Müller-Handelskette Franz Carl Weber vor allem wegen der teils guten Lagen übernommen hat, wurde da und dort schon beim Verkauf im Sommer geargwöhnt. Damals wurden auch Stimmen laut, wonach es Müller bei der Übernahme lediglich darum gehen könnte, die besten Standorte zu Müller-Verkaufsstellen umzurüsten.

Was viele in der Schweiz nicht wissen: Müller war schon vor der Franz-Carl-Weber-Übernahme ein Spielwarenexperte. Und ein Riese in diesem Geschäft: Von den 4,6 Milliarden Euro Umsatz, die das Unternehmen im Geschäftsjahr 2022/2023 eingefahren hat, rangieren Spielwaren mit Verkaufserlösen von 597 Millionen Euro hinter Drogerie- und Parfumerieartikeln an drittwichtigster Stelle.

Von dieser Stärke her gesehen machte es Sinn, dass Müller erhebliche preisliche Beschaffungsvorteile für Franz Carl Weber ins Spiel bringen würde. Im Müller-Geschäftsbericht, der die Periode bis 30. Juni 2023 erfasst, wurde der Schweizer Zukauf klar mit dem Sektor Spielzeug in Verbindung gebracht: «Mit der Übernahme der Franz Carl Weber Gruppe, die nach dem Abschlussstichtag erfolgte, wird das Spielwarensegment in der Schweiz gestärkt.»

Vorbesitzer Dobler ist nicht mehr im Verwaltungsrat

Als weitere Beruhigung galt bei der Übernahme, dass der bisherige Co-Besitzer Marcel Dobler auch weiterhin seine schützende Hand über das Unternehmen halten würde: «Franzki ist und bleibt für mich eine Herzensangelegenheit», sagte Dobler im Sommer 2023 zur «Handelszeitung», «deshalb bleibe ich auch im Verwaltungsrat und werde die Interessen von Franz Carl Weber weiter wahren.» Eine schützende Hand also.

Doch seit kurzem schützt Doblers Hand in dieser Angelegenheit nicht mehr. Der einstige Co-Gründer von Digitec und heutige FDP-Nationalrat, der Franz Carl Weber 2018 zusammen mit dem deutschen Spielzeughersteller Simba Dickie und anfangs noch einem dritten Investor übernommen hatte, spielt in den Gremien von Franz Carl Weber keine Rolle mehr. Wie Einträge im Handelsregister zeigen, schied Dobler per 7. Dezember aus der Franz Carl Weber AG und bereits Mitte November aus der FCW Group aus.

Zu allfälligen Umbauplänen der neuen Franz-Carl-Weber Mutter Müller mag sich Dobler nicht äussern, er sei nicht mehr involviert.

Erinnerungen an den Fall Obletter

Dass Müller zuweilen unzimperlich mit Zukäufen umgeht, zeigt das Beispiel des deutschen Unternehmens Obletter. Die 1825 gegründete Spielwarenhändlerin ging in den Siebzigerjahren an Franz Carl Weber. Die Schweizer verpassten dem Unternehmen das charakteristische Schaukelpferd-Logo, verkauften die Firma dann aber 1997 weiter – an Müller.

Zwölf Obletter-Niederlassungen, so zeichnet die «Süddeutsche» die damalige Entwicklung nach, gab es 1997 noch, danach seien bis auf das Geschäft am Münchner Stachus alle Niederlassungen geschlossen oder verkauft worden. Vor zwei Jahren schien dann auch der fast 200-jährige Obletter-Ableger am Münchner Stachus dem Tode geweiht. Müller wollte den Mietvertrag nicht verlängern. Was in der bayerischen Metropole für eine Woge der Empörung sorgte. Ein emotionales Erdbeben, das auch den Firmenpatron und kühlen Rechner Erwin Müller, 91, nicht kalt liess.

«Überwältigt von der Resonanz»

Und so liess er die Öffentlichkeit im März 2022 wissen: «Müller war überwältigt von der Resonanz der treuen Obletter-Kunden auf die angekündigte Schliessung.» Zusammen mit der Vermieterin habe man eine Lösung gefunden, «um den Münchnern ihr liebstes Spielwarengeschäft zu erhalten.»

Eine emotionale Regung, auf die jetzt wohl nicht nur Franz-Carl-Weber-Fans hoffen. Sondern auch die rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn möglichst viel Franzki erhalten bleibt, wäre das süsser als alles Schleckzeug.

Franz Carl Weber und seine Besitzer

In der 142-jährigen Geschichte von Franz Carl Weber meldeten verschiedene Firmen und Unternehmer Anspruch auf die Firma mit dem charakteristischen Schaukelpferd an. Gegründet 1881 und danach lange weiterhin in der Familie des Gründers Franz Philipp Karl Friedrich Webers geführt, wurde «Franzki» 1984 an Denner verkauft.

Von dort ging das Unternehmen 2006 an die französische Ludendo-Gruppe, die 2018 zahlungsunfähig wurde. Im gleichen Jahr stieg eine Investorengruppe um Marcel Dobler bei Franz Carl Weber ein. Im Sommer 2023 wurde Franz Carl Weber an die Müller Handels AG Schweiz verkauft.

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