Weiterer Ex-Chef meldet sich zu Wort
Debatte um Alkohol in der Migros weitet sich aus

Die Gegner eines Alkoholverkaufs beim orangen Riesen hatten bisher die Oberhand. Nun melden sich die Befürworter zu Wort. Mit Anton Scherrer, einem ehemaligen Chef des orangen Riesens. Er hatte auch schon die Brauerei Hürlimann geführt.
Publiziert: 09.05.2022 um 17:25 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2022 um 17:38 Uhr
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Anton Scherrer (79) war von 2001 bis zu seiner Pensionierung 2005 Präsident der Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes.
Foto: KEYSTONE Sobli

Bis am 4. Juni lässt die Migros 2,3 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter darüber entscheiden, ob es beim orangen Riesen künftig Alkohol zu kaufen gibt. Wird die Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht, gibt es in den Läden künftig Bier und Wein. Die Sache ist Migros-intern höchst umstritten.

Der ehemalige Migros-Chef Herbert Bolliger (69) ist der prominenteste Kämpfer gegen die Aufhebung des Alkoholverbots in der Migros. Er hat einige seiner engsten Mitarbeiter aus seiner Zeit an der Spitze der Migros um sich geschart, um den Verkauf von Alkohol zu verhindern. Die sogenannte Gruppe für die M-Werte will das Erbe von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler (1888–1962) verteidigen.

Brauerei Hürlimann geführt

Nun melden sich im «Migros-Magazin» auch die Befürworter eines Alkoholverkaufs prominent zu Wort. Anton Scherrer (79), von 2001 bis zu seiner Pensionierung 2005 Präsident der Generaldirektion des Migros Genossenschafts-Bundes MGB, macht sich für ein Ja stark. Sein Hintergrund: Bevor er in den 90-er-Jahren zur Migros kam, führte er die Brauerei Hürlimann.

«Mir geht es um die Ehrlichkeit in der Alkoholfrage», sagt Scherrer. Gottlieb Duttweiler habe den Alkoholverzicht im Jahr 1928 in der Not eingeführt, weil er von Lieferanten boykottiert wurde. Nun sei es an der Zeit, das Alkoholverbot aufzugeben. Der Grund: «Die Delegierten haben erkannt, dass die Migros rund um die Supermärkte Alkohol eingeführt hat und so den Alkoholverzicht umgeht.»

Die Kunden seien im Nachteil, weil sie Alkohol nicht bei der Migros einkaufen können. «Bier und Wein müssen sie sich umständlich anderswo besorgen. Oder, noch schlimmer, sie weichen aus und kaufen gleich alles bei der Konkurrenz ein», so Scherrer. Es sei bequemer und besser für die Umwelt, alles auf einmal einzukaufen.

«Süchtige haben ein schwieriges Leben»

Suchtfragen nehme er sehr ernst und wolle das Problem nicht kleinreden. «Süchtige Menschen haben ein schwieriges Leben, aber sie werden heute besser geschützt und unterstützt als zu Duttweilers Zeiten. Die Konsumenten sind heute besser aufgeklärt. Sie sind selbstbestimmt und möchten sich nicht einschränken lassen.»

Scherrer stellt klar: «Die Migros verkauft grosse Mengen Alkohol, sei es über Denner, Migrolino, Voi und sogar über den Migros-Online-Supermarkt!» Duttweiler habe ein unverkrampftes Verhältnis zum Alkohol gehabt und auch gern ein Glas Wein genossen. «Mit seinem Geschäftssinn hätte er im heutigen Verdrängungsmarkt nichts gegen den Alkoholverkauf einzuwenden.» (pbe)

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