Weihnachtsgeschäft lässt die Kassen klingeln
Heiliger Kaufrausch

Das Budget für Weihnachtsgeschenke war noch nie so hoch wie heuer. Trotz Teuerung und trüben Aussichten zeigt sich die Bevölkerung spendierfreudig.
Publiziert: 18.12.2022 um 14:56 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2022 um 15:10 Uhr
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Das Weihnachtsgeschäft, das den Detailhändler traditionell die fettesten Umsätze beschert, lässt die Kassen klingeln wie eh und je.
Foto: Shutterstock
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Sven ZauggRedaktor SonntagsBlick

Man gönnt sich ja sonst nichts: Eine Floskel, die hierzulande nicht sehr glaubwürdig klingt. Die Schweiz gehört zu den Nationen mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Hier gönnt man sich reichlich, besonders zur Weihnachtszeit.

Doch 2022 klangen die Prognosen für die Wintermonate düster. Im dritten Quartal rasselte die Konsumentenstimmung angesichts stotternder Weltwirtschaft, galoppierender Inflation, zunehmender Energiekosten und Krankenkassenprämien in den Keller.

«Sparen! Sparen! Sparen!», lautete die Devise. Doch was Konsumentinnen und Konsumenten in Umfragen erklären, muss sich nicht zwangsläufig mit der Realität decken. Zumindest an echten und virtuellen Ladenkassen ist derzeit von der angeblich schlechten Stimmungslage nichts zu spüren. Besonders das Weihnachtsgeschäft, das Detailhändlern traditionell die fettesten Umsätze des Jahres beschert, lässt sie hoffen wie lange nicht.

Konsumfreudige Schweizer

Dieses Jahr gibt sich die Schweizer Bevölkerung aussergewöhnlich konsumfreudig. Das zeigt eine aktuelle Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY in der Schweiz. Nach eigenen Angaben beabsichtigen Herr und Frau Schweizer, im Durchschnitt 343Franken für Weihnachtsgeschenke auszugeben.

Damit steigt der im Vorjahr erreichte Rekordwert (2021 waren es 334 Franken) um drei Prozent. Bemerkenswert ist, dass dieser Anstieg vor allem auf die befragten Männer zurückzuführen ist: Sie wollen im Schnitt mit 375 Franken deutlich mehr für Geschenke ausgeben als im Vorjahr – da waren es 351 Franken. Frauen hingegen beabsichtigen mit 309 Franken weniger auszugeben als 2021, als sie von 320 Franken Weihnachtsbudget sprachen.

Das verwundert sogar den Sozial- und Wirtschaftspsychologen Christian Fichter (51): «Wer das Konsumverhalten mit den traditionellen ökonomischen Modellen anschaut, fasst sich an den Kopf und versteht das nicht.» Doch so irrational der Kaufrausch auch sei, gebe es doch positive Aspekte, die den Konsum anstacheln.

Fichter: «Die Situation am Arbeitsmarkt ist gut, und die Portemonnaies sind voll. Das ist bei Kaufentscheidungen immer noch das Wichtigste. Zweitens: Unsere Konsumbedürfnisse bleiben trotz Krisenstimmung bestehen, und Weihnachten ist uns sowieso heilig.»

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Schweizer haben noch Erspartes übrig

Tatsächlich hat die Sparquote der Schweizer Haushalte gemäss Erhebungen der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich im Pandemiejahr 2020 einen Rekordwert erreicht. Seitdem sinkt sie zwar wieder, liegt jedoch im letzten Quartal noch immer über dem Vorkrisenniveau: Erspartes, das nun gegen Ware getauscht wird.

Dies beobachtet auch Dagmar Jenni (53), Direktorin der Swiss Retail Federation, des Dachverbands der grossen und mittleren Detailhandelsunternehmen: «Wir dürfen zum ersten Mal seit der Pandemie wieder richtig shoppen zu Weihnachten und zehren dafür gerne vom Ersparten.» Laut Jenni lag der stationäre Handel bis Ende November mit 4,5 Prozent im Plus und für den Dezember erwartet sie abermals sehr gute Zahlen.

Die gehobene Kauflaune spürt auch das grösste virtuelle Warenhaus der Schweiz, das 2021 einen Umsatz von zwei Milliarden Franken erzielte. Digitec-Galaxus-Sprecherin Seraina Cadonau: «Unsere Kundschaft ist in Weihnachtskauflaune und noch ausgabefreudiger als letztes Jahr.» Für Dezember rechnet der Onlinehändler im Durchschnitt mit über 50 000 versandten Paketen pro Tag.

Die Bedeutung des Weihnachtshandels zeigt sich daran, dass viele Detaillisten in den vier Wochen vor Weihnachten doppelt so viel Umsatz generieren wie in einem gewöhnlichen Monat.

Leuchtpullis und Game-Konsolen

Besonders gefragt sind laut Cadonau Lego-Bausätze, Game-Konsolen von Sony und Nintendo, Handys und Kopfhörer von Apple sowie Föhne und Staubsauger von Dyson. Auch Weihnachtspullis mit viel Klimbim, Samichlaus-Socken oder Rentier-Pyjamas seien derzeit sehr begehrt, sagt Cadonau: «Die Verkaufszahlen der LED-Pullis befinden sich in diesen Wochen im hohen dreistelligen Bereich.»

Kontrastiert wird die Weihnachtssause von einem globalen Thema, der drohenden Energieknappheit. Die führte zu einem nachhaltigen Run auf Produkte, die beim Stromsparen helfen sollen, darunter Energiemessgeräte und Sparduschbrausen bis hin zu Kerzen. Allein effizientere Brausen lagen bis Mitte Dezember im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1000 Prozent im Plus.

Allerdings: Nach der grossen Festtagsparty droht der Kater. Gemäss KOF dürfte das BIP im ersten Halbjahr 2023 nun noch um ein Prozent steigen. Zwar werde der Konsum mit plus 1,4 Prozent auch im kommenden Jahr zulegen – erheblich geringer jedoch als im zu Ende gehenden Jahr mit einem Plus von rund vier Prozent. Auch die Detailhändler dürften das zu spüren bekommen.

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