Donnerstagmorgen, 8 Uhr: Bereits im 13er-Tram von der Zürcher Bahnhofstrasse zum Uetlihof telefonieren Anzugträgerinnen und -träger mit nervöser Stimme. Auf vielen Smartphone-Bildschirmen leuchten Liveticker auf. Seit rund einer Stunde ist Gewissheit: Die UBS schluckt die CS Schweiz vollumfänglich. 3000 Stellen sollen abgebaut werden. Die grosse Frage: Wen trifft es?
Oben angekommen beim Uetlihof, strömt die Menschenmasse in das Gebäude der einstigen Credit Suisse. Vor allem hier in Zürich soll das Unternehmen entschlackt werden. In dem Betriebsgebäude arbeiten über 5000 Angestellte für die Grossbank, versorgen die Bank mit technischer Infrastruktur und Backoffice-Dienstleistungen.
«Kein Kommentar», «die Pressestelle kann sicher Auskunft geben», «ich bin spät dran» – noch kaum jemand, der auf dem Weg ins Büro ist, will etwas sagen.
Stimmung besser, als noch am Tag zuvor
Einer der CS-Angestellten stellt ausserhalb des Firmencampus seine Vespa ab. Er gibt zu Protokoll, dass er sich noch nicht einmal informiert habe. Er tut dies mit einem lockeren Lächeln, das zeigt: Der grosse Hammer kam für die CS-Leute nicht heute, sondern bereits im März.
Auch einer der wenigen CS-Banker mit Mitteilungsbedürfnis bestätigt die Vermutung: «Ehrlich gesagt ist die Stimmung heute deutlich besser als noch gestern», sagt der adrett gekleidete Mann zu Blick. Denn statt den 10'000 Entlassungen, die zuvor als Zahl herumgeisterten, seien es glücklicherweise doch «nur» 3000.
Gelassenheit und Zweckoptimismus
«Die Gefahr, dass es auch mich treffen könnte, ist mir natürlich bewusst», sagt der Banker. Er beschäftige sich aber erst dann damit, wenn es wirklich passieren würde. Den Personen, die jetzt gekündigt haben, könne er nicht viel abgewinnen: «Die bessere Entscheidung wäre gewesen, vor einem halben Jahr abzuspringen.» Nun komme es halt, wie es kommen müsse. «Vielleicht entsteht aus der Übernahme schlussendlich sogar etwas Besseres.» Dabei schwingt eine grosse Portion Zweckoptimismus mit.
Eine Mitarbeiterin aus dem Backoffice lässt sich derweil bei der Rauchpause am Mittag stören. «Wir lachen, damit wir nicht weinen müssen», sagt sie. Die Stimmung im Team sei wehmütig. Vor allem, dass über Jahre hinweg «Friede, Freude, Eierkuchen» geherrscht habe. Im Februar sei man dann innerhalb weniger Tage auf dem Boden der Realität angelangt.
Ob es jetzt 10'000 oder 3000 Stellen sind, die abgebaut werden, sei ihr herzlich egal – «schlussendlich kann es jeden treffen». Verärgert ist sie auch von der Kommunikation der UBS: Intern seien die Infos erst um 10 Uhr via Mail bei ihnen angekommen. «So läuft es hier: zuerst die Medien, dann die Angestellten.»
Zwei jüngere CS-Banker zeigen sich derweil eher zurückhaltend mit ihren Antworten. Sie würden ihren Job ja noch behalten wollen, sagen sie schnippisch. Die Stimmung sei in ihrem Team eigentlich weiterhin gut. «Natürlich gibt es auch Abteilungen, wo das nicht so ist», sagt der eine. In seiner Stimme schwingt nicht etwa Besorgnis, sondern Erheiterung mit.
Gezittert werde wohl eher in anderen Abteilungen, fährt er im selben Ton fort. «Bei der Postabteilung oder im Backoffice ist man vermutlich deutlich schlechter dran. Die an der Front, also die Banker, haben wohl eher weniger zu befürchten», meint er. Ein jüngeres Alter helfe sicherlich auch. Dann ziehen die beiden Jungbanker guten Mutes weiter.