Die Schweizer Baubranche hat ein massives Problem: Ihr gehen die Fachkräfte aus. Immer weniger Junge wollen einen Bauberuf erlernen. Und viele der bestehenden Fachkräfte stehen kurz vor der Pensionierung.
In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Maurerstifte schweizweit fast halbiert: Während 2010 noch über 1200 Jugendliche aus der Oberstufe eine Maurerlehre begannen, waren es 2019 noch etwas über 700. Das hat Auswirkungen auf die ganze Branche: Denn die Mehrheit der Vorarbeiter, Baupoliere, Bauführer und Baumeister wird aus dem Maurerpool rekrutiert.
Situation spitzt sich zu
Zum Problem beim Nachwuchs kommen Sorgen am anderen Ende der Alterspyramide. Denn die Baubranche hat mit zunehmender Überalterung zu kämpfen. So liegt der Anteil der über 50-Jährigen im Bauhauptgewerbe – also bei Maurern, Strassenbauern, Gleisbauern und Grundbauern – laut dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) derzeit bei 36 Prozent. «Auf dem Bau kann man ab 60 in Rente gehen», sagt Matthias Engel (41) vom SBV. Das heisst: Von den 78'000 Angestellten in diesen Berufen werden rund 28'000 Fachkräfte in den nächsten zehn Jahren wegfallen.
Die sinkende Zahl Lehrlinge und die hohe Zahl anstehender Pensionierungen seien eine alarmierende Kombination, so Engel. Es werde deshalb mit grosser Wahrscheinlichkeit zu starkem Fachkräftemangel auf fast allen Stufen und Funktionen des Bauhauptgewerbes kommen. «Wir haben als Verband die dringend erforderlichen Massnahmen eingeleitet, um diesem Trend entgegenzuwirken», so Engel zu BLICK.
Firmen finden keine Lehrlinge mehr
Die Firma Bernet Bau in Gommiswald SG ist von dieser Situation direkt betroffen. «Eigentlich bilden wir jedes Jahr zwei bis drei Lernende aus», sagt Geschäftsführer Herbert Lins (58). Aber die letzten zwei Jahre konnten wir keine neuen Lernenden anstellen, weil wir keine fanden», sagt Lins.
Das liege einerseits an den geburtenschwachen Jahrgängen – es gibt aber noch einen anderen Grund: «Lehrer und Eltern raten Jugendlichen heute leider eher von handwerklichen Berufen ab», so Lins. Den Schulabgängern werde eine akademische Laufbahn nahegelegt. «Dank grosser Anstrengungen konnten wir unsere Lehrstellen für den Sommer 2020 wieder besetzen», sagt Lins.
Das schlechte Image ist schuld
Das Image der Bauberufe sei schlechter als die tatsächlichen Bedingungen, so der Geschäftsführer eines 50-köpfigen Teams. «Klar ist der Maurerberuf streng, und man ist der täglichen Witterung ausgesetzt.» Doch die körperliche Anstrengung sei längst nicht mehr so gross wie vor einigen Jahren. «Schaufel und Pickel nehmen heute die wenigsten noch in die Hand.»
Nicht nur Hilfsmittel wie Kräne und Bagger hätten den Beruf attraktiver gemacht, sondern auch die Digitalisierung. Und: Auf dem Bau kann man laut dem SBV sehr schnell aufsteigen, etwa zum Polier oder Bauführer.
Diese anspruchsvollen Tätigkeiten sind genauso attraktiv und gut bezahlt wie die Stellen von Akademikern. «Diese Vorteile einer Berufslaufbahn auf dem Bau versuchen wir aufzuzeigen in unserer Berufswerbekampagne», erklärt Matthias Engel vom SBV. Weil die Kampagne vor allem das junge Publikum erreichen soll, ist sie insbesondere auf den sozialen Netzwerken wie Instagram, Facebook und Youtube zu sehen.
Mehr Vakanzen als im Gesundheitswesen
Und trotzdem: Die Anzahl offener Stellen ist in der Baubranche hoch. Im zweiten Quartal 2020 waren es laut dem Schweizer Jobradar 19'212 Vakanzen. In keiner anderen Branche wurden im vergangenen Quartal so viele Jobs ausgeschrieben wie im Baugewerbe. Die Anzahl Vakanzen übertraf sogar die im Gesundheitswesen.
Woran liegt das? «Die Baustelle ist ein komplexer Arbeitsplatz mit hohen Anforderungen, die durch die Digitalisierung fortlaufend steigen», so Engel. Das Qualifikationsniveau sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Typische Hilfskräfte ohne Aus- und Weiterbildungen sind laut SBV kaum noch gefragt. Entsprechend habe der Bedarf an qualifizierten Fachkräften zugenommen.
Noch immer leidet die Baubranche unter ihrem Tieflohn-Image. Darum bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Ein Blick in die Lohnstatistik zeigt aber: Lehrlinge auf dem Bau kommen gut weg. Ein Maurer-Auszubildender verdient im dritten Lehrjahr über 1800 Franken. Selbst bei einer Anlehre zum Baupraktiker gibts im zweiten Lehrjahr 1200 Franken. So schnell so viel Geld gibts nur im Strassenbau mit etwas über 2300 Franken im dritten Lehrjahr.
Der Vergleich zeigt zudem: Während der Lehre wird auf dem Bau zum Teil deutlich besser bezahlt, als in Branchen, die bessere schulische Leistungen voraussetzen. Lehrlinge zum Grafiker müssen sich im dritten Lehrjahr mit 1000 Franken begnügen. Gleich tief ist der Drittjahreslohn für anstrebende Mediamatiker. Selbst KV-Lehrlinge verdienen mit etwa 1500 Franken etwas weniger.
Auch später müssen sich ausgelehrte Bauarbeiter keineswegs mit tiefen Salären abfinden. Laut dem Schweizerischen Baumeisterverband verdient ein Facharbeiter durchschnittlich über 6000 Franken pro Monat. Wer es mit verschiedenen Weiterbildungen zum Bauleiter schafft, kann gar mit einem Gehalt von bis zu 10'000 Franken rechnen.
Noch immer leidet die Baubranche unter ihrem Tieflohn-Image. Darum bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Ein Blick in die Lohnstatistik zeigt aber: Lehrlinge auf dem Bau kommen gut weg. Ein Maurer-Auszubildender verdient im dritten Lehrjahr über 1800 Franken. Selbst bei einer Anlehre zum Baupraktiker gibts im zweiten Lehrjahr 1200 Franken. So schnell so viel Geld gibts nur im Strassenbau mit etwas über 2300 Franken im dritten Lehrjahr.
Der Vergleich zeigt zudem: Während der Lehre wird auf dem Bau zum Teil deutlich besser bezahlt, als in Branchen, die bessere schulische Leistungen voraussetzen. Lehrlinge zum Grafiker müssen sich im dritten Lehrjahr mit 1000 Franken begnügen. Gleich tief ist der Drittjahreslohn für anstrebende Mediamatiker. Selbst KV-Lehrlinge verdienen mit etwa 1500 Franken etwas weniger.
Auch später müssen sich ausgelehrte Bauarbeiter keineswegs mit tiefen Salären abfinden. Laut dem Schweizerischen Baumeisterverband verdient ein Facharbeiter durchschnittlich über 6000 Franken pro Monat. Wer es mit verschiedenen Weiterbildungen zum Bauleiter schafft, kann gar mit einem Gehalt von bis zu 10'000 Franken rechnen.
Der Lockdown hatte auch für die Baubranche weitreichende Folgen. Mehrere Baustellen mussten stillgelegt werden, weil die Abstand- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden konnten. Die Coronakrise hat die Digitalisierung auf dem Bau laut dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) deshalb weiter vorangetrieben. Technische Hilfsmittel wie Tablets, Drohnen und sonstige digitale Arbeitsgeräte kommen auf dem Bau bald ebenso selbstverständlich zum Einsatz wie die Maurerkelle. «Es ist unsere Aufgabe als Berufsverband, dass wir die Aus- und Weiterbildung und damit insbesondere die Berufslehren und die Karrieremodelle konsequent darauf ausrichten», Matthias Engel (41), Mediensprecher des SBV.
Derzeit sind in der Schweiz über 19'000 Stellen in der Bau- und Immobilienwirtschaft unbesetzt, wie aktuelle Zahlen aus der Jobradar-Studie der Firma x28 zeigen. Alleine im Bereich Building Information Modelling (BIM) – mit der Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst werden können – fehlen laut der Hochschule Luzern rund 500 Fachleute. Um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, startet die Hochschule im Herbst den neuen Studiengang «Digital Construction». Rund 200'000 Franken hat sie bisher in den neuen Studiengang investiert. Er soll nach den Semesterferien mit 25 bis 30 Studenten starten. (dvo)
Der Lockdown hatte auch für die Baubranche weitreichende Folgen. Mehrere Baustellen mussten stillgelegt werden, weil die Abstand- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden konnten. Die Coronakrise hat die Digitalisierung auf dem Bau laut dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) deshalb weiter vorangetrieben. Technische Hilfsmittel wie Tablets, Drohnen und sonstige digitale Arbeitsgeräte kommen auf dem Bau bald ebenso selbstverständlich zum Einsatz wie die Maurerkelle. «Es ist unsere Aufgabe als Berufsverband, dass wir die Aus- und Weiterbildung und damit insbesondere die Berufslehren und die Karrieremodelle konsequent darauf ausrichten», Matthias Engel (41), Mediensprecher des SBV.
Derzeit sind in der Schweiz über 19'000 Stellen in der Bau- und Immobilienwirtschaft unbesetzt, wie aktuelle Zahlen aus der Jobradar-Studie der Firma x28 zeigen. Alleine im Bereich Building Information Modelling (BIM) – mit der Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst werden können – fehlen laut der Hochschule Luzern rund 500 Fachleute. Um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, startet die Hochschule im Herbst den neuen Studiengang «Digital Construction». Rund 200'000 Franken hat sie bisher in den neuen Studiengang investiert. Er soll nach den Semesterferien mit 25 bis 30 Studenten starten. (dvo)