Wegen Corona kriselte sein Geschäft – so will Ricola-Chef Thomas P. Meier durchstarten
«Unser Riiicolaaa ist weltbekannt»

Die Corona-Pandemie hat auch bei Ricola Spuren hinterlassen. Im Ergebnis und im Betrieb. Chef Thomas P. Meier schaut aber zuversichtlich in die Zukunft.
Publiziert: 02.08.2021 um 01:28 Uhr
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Thomas P. Meier, CEO von Ricola, in der Bergwelt von Arosa.
Foto: STEFAN BOHRER
Interview: Marc Iseli

Die Kräuterbonbons von Ricola kennt jedes Kind. Ricola ist eine der bekanntesten Marken der Schweiz. 1400 Tonnen Schweizer Bergkräuter verarbeitet Ricola Jahr für Jahr. Knapp 500 Leute arbeiten für die Firma, die seit über 90 Jahren im Besitz der Familie Richterich ist. An der Spitze aber steht ein Familienfremder: Thomas P. Meier (50). Blick erreicht ihn in den Ferien im Tessin. Es regnet, die Wolken hängen tief. Die heile Bergwelt von Ricola ist weit weg.

Herr Meier, ertrinken die Ricola-Kräuter gerade im Dauerregen?
Thomas P. Meier:
Die Kräuter sind zäh und widerstandsfähig, sonst würden sie gar nicht im Berggebiet wachsen. Sie sind robust, allen voran die Minze. Sie wächst ja auch oft am Wegrand und wuchert in vielen privaten Gärten. Eine Ausnahme gibt es aber: die Schlüsselblume. Die ist sehr sensibel. Zu viel Wasser ist Gift für sie. Zum Glück konnten unsere Bergbauern ihre Ernte im Frühling gut einbringen.

Kennen Sie die Arbeit der Bergbauern aus erster Hand?
Ich habe kurz nach meinem Stellenantritt mehrere Bauern besucht und war begeistert. Die Arbeit ist schwer, die Kräuter werden nach naturgemässen Grundsätzen angebaut, es ist viel Handarbeit, man muss jäten und kann nicht einfach mit der Maschine über ein Feld fahren. Trotzdem schätzen die Leute die Zusammenarbeit mit Ricola. Auch weil wir faire Preise zahlen. Zum Teil arbeiten wir seit Jahrzehnten mit ihnen zusammen.

Wie wichtig ist die Positionierung von Ricola im Berg-Umfeld?
Ricola ohne Berg kann ich mir nicht vorstellen. Das gehört zusammen wie die Schweiz und Victorinox.

Ist Ricola in einer Bergwelt ausserhalb der Alpen denkbar: in den Anden, den Rocky Mountains oder einer chinesischen Bergkette?
Nein. Es gibt zwar auch in anderen Regionen lange Traditionen mit Heilpflanzen, gerade in Asien. Aber vom Bild her wollen wir die Schweizer Bergwelt nicht verlassen. Ausserdem weckt die Schweiz Emotionen, bedient auch Klischees. Das Alphorn und unser Ricola-Ruf sind weltweit bekannt. Made in Switzerland ist ein Trumpf in Übersee.

Es gibt auch keine Bestrebungen für eine Produktion ausserhalb der Schweiz?
Das ist momentan kein Thema. Die Kräuter werden hier kultiviert, das Verarbeitungszentrum ist in Laufen. Dort ist Ricola zu Hause.

Ricola experimentierte in den USA vor kurzem mit teuren Vitamin-Lutschbonbons, die in den USA gefertigt wurden. Der Versuch wurde eingestellt. Wie gehts da weiter?
Das US-Team hat den Versuch initiiert und begleitet. Es lief leider nicht wie erwartet. Wir haben unsere Lehren daraus gezogen: Ricola ist gut für den Hals, es ist ein kleiner Moment des Durchschnaufens. Aber es ist ein Alltagsbonbon und kein Medizinalprodukt. Wir sollten uns nicht allzu sehr von unserem Kernangebot wegentwickeln und uns eher fragen, wie mehr Leute ein normales Ricola in die Hände und in den Mund kriegen.

Wie haben Sie das während der Corona-Krise geschafft?
Es war nicht einfach. Wir haben natürlich auch die Folgen der Pandemie gespürt. Das Geschäft an den Flughäfen war sehr schwierig. Aber noch stärker hat uns der Wegfall der Erkältungssaison getroffen. In den meisten Ländern sind wir ein Hustenbonbon. Und weil viele Leute nicht gehustet haben, haben sie auch keine Ricola-Produkte gekauft.

Ricola und die Bergwelt

Ricola ist in der ganzen Alpenwelt anzutreffen. Die Firma hat Lieferanten aus dem Wallis, Emmental, Jura-Südfuss oder dem Puschlav. Sie betreibt fünf Kräuterschaugärten und hat jüngst auch die Partnerschaft mit Arosa Tourismus ausgebaut. Eine wichtige Rolle dabei spielte die persönliche Freundschaft zwischen dem langjährigen Arosa-Kurdirektor Pascal Jenny und Ricola-Chef Thomas Meier. Jenny zeigte Meier die Aroser Bärenwelt, gewann Ricola für das Humorfestival und war schliesslich auch involviert in die Entwicklung und Einweihung des neuen Ricola-Erlebniswegs. Der Weg erstreckt sich über drei Kilometer und informiert an zehn Stationen über Bienen, Kräuter und die Herstellung des Laufener «Bummelis».

Ricola ist in der ganzen Alpenwelt anzutreffen. Die Firma hat Lieferanten aus dem Wallis, Emmental, Jura-Südfuss oder dem Puschlav. Sie betreibt fünf Kräuterschaugärten und hat jüngst auch die Partnerschaft mit Arosa Tourismus ausgebaut. Eine wichtige Rolle dabei spielte die persönliche Freundschaft zwischen dem langjährigen Arosa-Kurdirektor Pascal Jenny und Ricola-Chef Thomas Meier. Jenny zeigte Meier die Aroser Bärenwelt, gewann Ricola für das Humorfestival und war schliesslich auch involviert in die Entwicklung und Einweihung des neuen Ricola-Erlebniswegs. Der Weg erstreckt sich über drei Kilometer und informiert an zehn Stationen über Bienen, Kräuter und die Herstellung des Laufener «Bummelis».

Zuletzt war die Rede von einem Jahresumsatz von 340 Millionen Franken. Stimmt die Grössenordnung noch?
Als Familienunternehmen müssen wir uns nicht zum Umsatz äussern. Aber so viel kann ich sagen: Es war etwas weniger wegen Corona, seit dem zweiten Quartal 2021 zeigen die Zahlen nun wieder nach oben. Wir sehen eine Normalisierung.

Gab es Ansteckungen im Betrieb?
Ausser am Anfang gar nicht. Wir hatten gottlob auch keine schweren Verläufe und von Anfang an Klarheit geschaffen. Ein Krisenstab wurde eingerichtet, wo auch die Mitarbeitenden mitwirkten. Mir war es wichtig, dass sie sich sicher fühlen im Werk. Die Abstandsregeln und die Hygienemassnahmen wurden gut aufgenommen und eingehalten. Ich bin stolz auf unsere Leute.

Wie hat Homeoffice funktioniert?
Ich war am Anfang skeptisch, ob Videokonferenzen wirklich funktionieren. Dann kam die erste Welle, und wir hatten keine andere Wahl. Es ging schliesslich deutlich besser, als ich gemeint habe. Unseren amerikanischen Geschäftsführer habe ich eineinhalb Jahre nicht mehr gesehen, das ging gut. Aber mir fehlte ein vertiefter Austausch, das persönliche Gespräch. Es ist auch extrem schwierig, jeden abzuholen in einem Onlinetreffen.

Reisen Sie schon wieder ins Ausland?
Ja, seit wenigen Wochen wieder. Ich war in Deutschland, Italien und den USA.

Sind Sie geimpft?
Mit Moderna. Vor allem wegen der Reisen. Im Betrieb haben wir aber noch keine abschliessende Haltung zum Thema. Wir wollen auch hier einen Austausch mit allen Leuten und keinen Entscheid von oben herab. Es braucht die richtige Balance.

Und wann kommt es zum Comeback des berühmten «Wär häts erfunde»-Slogans?
Wir arbeiten tatsächlich an einer neuen Kampagne. Wir wollen die Leute wieder zum Schmunzeln bringen – und dafür kooperieren wir auch erneut mit der Agentur Jung von Matt. Jean-Remy von Matt hat den Slogan in den 90ern kreiert. Eigentlich ist er im Ruhestand, aber er hat sich nochmals engagieren lassen. Felix Richterich hat den Kontakt persönlich hergestellt.

Der Mann fürs Süsse

Thomas P. Meier (50) ist seit Mai 2019 CEO von Ricola. Er hat an der HSG St. Gallen Betriebswirtschaft studiert. Er bekleidete verschiedene Schlüsselpositionen in der Markenartikel-Industrie im Bereich Lebensmittel. Darunter auch bei Lindt & Sprüngli, wo er für die Region Asia-Pacific zuständig war. Vor seinem Wechsel zum Bonbon-Hersteller war er CEO von Franke Coffee Systems und Mitglied der Konzernleitung von Franke. Sein neustes Projekt ist der drei Kilometer lange Ricola-Erlebnisweg in Arosa GR.

Thomas P. Meier (50) ist seit Mai 2019 CEO von Ricola. Er hat an der HSG St. Gallen Betriebswirtschaft studiert. Er bekleidete verschiedene Schlüsselpositionen in der Markenartikel-Industrie im Bereich Lebensmittel. Darunter auch bei Lindt & Sprüngli, wo er für die Region Asia-Pacific zuständig war. Vor seinem Wechsel zum Bonbon-Hersteller war er CEO von Franke Coffee Systems und Mitglied der Konzernleitung von Franke. Sein neustes Projekt ist der drei Kilometer lange Ricola-Erlebnisweg in Arosa GR.

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