SPD-Kanzler verströmt Optimismus und wettert gegen Abschottung
Für Scholz ist «De-Globalisierung ein Holzweg»

In Davos spannte der deutsche Bundeskanzler einen weiten Bogen zwischen den globalen Krisen. Für ihn ist die Lösung klar.
Publiziert: 26.05.2022 um 18:54 Uhr
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Aktualisiert: 26.05.2022 um 19:46 Uhr
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Der Auftritt war Scholz' erster in Davos als Bundeskanzler.
Foto: keystone-sda.ch
Fabienne Kinzelmann

Ukraine, Energie, Klima, Hunger, Corona. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (63) machte am WEF den Rausschmeisser – und liess keine der Krisen unerwähnt, welche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Tagen zuvor beschäftigt hatten. Der Sozialdemokrat wetterte dabei gegen all jene, die Nationalismus und Protektionismus als Antwort darauf sehen.

«Um es ganz klar zu sagen: Die De-Globalisierung ist ein Holzweg», sagte Scholz in seiner Grundsatzrede am Donnerstagmittag. Und betonte später im Gespräch mit Klaus Schwab (84) nochmals: «Die Antwort auf alle Fragen ist: internationale Zusammenarbeit.»

In dem Zusammenhang sprach sich Scholz auch für eine Stärkung der europäischen Integration und der Nato aus. Der EU-Beitritt westlicher Balkanstaaten etwa müsse vorangetrieben werden, Finnland und Schweden seien im Verteidigungsbündnis «herzlich willkommen».

«Putin erhöht den Druck für Klimaschutz»

Scholz betont, dass nur ein Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld die europäische Sicherheit garantiere. Einen «Diktat-Frieden», bei dem die Ukraine kapituliere und auf Putins Forderungen eingehe, werde es auf Wunsch der Ukraine nicht geben – und er halte es für richtig, die Ukraine dabei zu unterstützen.

Wie auch EU-Chefin Ursula von der Leyen (63) schlug Scholz schnell den Bogen von der Unabhängigkeit von russischem Öl zum Klimaschutz. Ein Ende der strategischen Abhängigkeiten von russischen Energieimporten sei geboten und Klimaneutralität 2050 das Ziel. «Am Beispiel der Klimapolitik zeigt sich: Putin erhöht den Druck, aber er ist nicht der Auslöser.»

Scholz sprach über den wachsenden Einfluss von Indien, China und anderen Ländern dank starker Volkswirtschaften. «Darin, dass diese Länder durch ihre ökonomische Macht mehr Mitsprache fordern, liegt keine Bedrohung.»

Scholz als Gegengewicht zu Trump und Co.

Scholz' Auslegeordnung einer neuen multipolaren Welt ist der Gegenentwurf zu protektionistischen Strömungen der vergangenen Jahre wie etwa unter US-Präsident Donald Trump (75). Klar sei aber auch, dass eine neue multipolare Welt nicht regellos sei. Und die Interessen ökonomisch schwacher Länder dürften nicht übergangen werden: «Internationale Ordnung braucht internationale Solidarität.» Das Stichwort sei eine «nachhaltige, resiliente, solidarische Globalisierung».

Scholz stellte mehrere partnerschaftliche Initiativen vor, um etwa den Klimaschutz in dieser Hinsicht voranzutreiben. Wie einen «Klimaklub», dem jedes Land beitreten kann, das gewisse Mindeststandards erfüllt – der Vorschlag geht auf den Wirtschaftsnobeltpreisträger William Nordhaus (80) zurück.

Vor vollem, maskenlosen Saal warnte Scholz: «Die Pandemie ist noch nicht vorbei!» Neben der Impfstoffversorgung für ärmere Länder stellt er eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den Mittelpunkt.

Seine Grundsatzrede schloss der deutsche Kanzler schliesslich mit einem Hinweis auf das diesjährige WEF-Motto: «Ja, wir sind an einem Wendepunkt der Geschichte. Aber wir sind diesen Umbrüchen nicht schutzlos ausgeliefert.» Die Herausforderungen sollten nur zu einem anspornen: noch mehr internationaler Zusammenarbeit.

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