Auf einen Blick
Tausende Einheimische stürmten diesen Oktober die Strände der Kanaren-Insel Teneriffa. Sie haben die Schnauze voll: Letztes Jahr reisten mehr als 85 Millionen Touristen nach Spanien – ein Rekord. Im ganzen Land gibt es deshalb Proteste gegen Massentourismus.
An anderen beliebten Ferienorten in Europa werden Stimmen gegen Touristinnen und Touristen ebenfalls lauter. Denn immer mehr Reisende strömen in die Destinationen, bringen die Infrastruktur an ihre Grenzen und fallen zum Teil mit respektlosen Verhalten auf. Blick verrät dir, wo du im nächsten Jahr mit Protesten rechnen musst – und wer bereits Massnahmen ergriffen hat.
Spanien (47,9 Mio. Einwohner)
Die Spanierinnen und Spanier demonstrieren im ganzen Land gegen den Massentourismus – neben den Kanaren unter anderem in Malaga oder Barcelona. Grund dafür sind die immer höheren Wohn- und Lebenshaltungskosten. Neben Protestmärschen am Strand müssen Touristen damit rechnen, von Einheimischen mit Wasserpistolen bespritzt zu werden. Die Demonstranten fordern eine Obergrenze für die Anzahl Touristen, eine Besucher-Steuer sowie bezahlbaren Wohnraum. Auch auf Mallorca haben die Einheimischen genug. Obwohl auf der Ballermann-Insel 45 Prozent der Wirtschaftsleistung aus dem Tourismus stammt, würde nur eine Minderheit davon profitieren.
Italien (59,5 Mio. Einwohner)
Italien zwischen Mittelmeer und Adria gilt als beliebtes Reiseziel. Seit April 2024 müssen Touristen in Venedig deshalb eine Eintrittsgebühr von 5 Euro bezahlen. Darauf gehen zahlreiche Demonstrierende auf die Strasse: Sie sind der Meinung, diese Gebühr bringe nichts. Stattdessen fordern sie wirksame Massnahmen, wie eine Beschränkungen für die Mietplattform Airbnb. Für 2025 wird der Eintrittspreis für die ewige Stadt der Liebe erhöht: Neu müssen Touristen doppelt so viel bezahlen. Auch in Neapel gehen zahlreiche Einheimische auf die Strasse, um sich gegen den Massentourismus stark zu machen. Mit einer Unterschriftensammlung will man die Eröffnung neuer Bed & Breakfasts im Zentrum verhindern.
Portugal (10,4 Mio. Einwohner)
In der portugiesischen Kleinstadt Sintra – 25 Kilometer entfernt von Lissabon – werden die Stimmen gegen den Tourismus ebenfalls lauter. Dahinter steckt vor allem die Bewegung Qsintra, die Mechanismen fordert, um den Massentourismus einzudämmen. Die Bewegung wehrt sich beispielsweise gegen den Bau neuer Hotels. Auch Transparente mit Sprüchen wie «Sintra ist nicht Disneyland» prangen an Häuserwänden. Zudem demonstrieren Einheimische in zahlreichen portugiesischen Städten für mehr bezahlbaren Wohnraum. Einerseits sorgen die Touristenströme dafür, dass Wohnungen immer teurer werden. Andererseits ziehen viele Wohlhabende wegen der tiefen Steuern nach Portugal.
Griechenland (10,2 Mio. Einwohner)
Am 24. und 25. Oktober strandeten Touristen auf den Inseln Griechenlands: Wegen eines landesweiten Streiks gegen den Massentourismus fuhren keine Fähren mehr. Die Streikenden wollen mehr Lohn sowie geregelte Arbeitszeiten. «Wir fordern 12 Prozent mehr Lohn für die nächsten zwei Jahre sowie eine 5-Tage-/40-Stunden-Woche», so der Verband für Tourismus-Angestellte. Der Arbeitskräftemangel verschlimmere das Problem. Zudem kommt die Wasser- und Abfallwirtschaft an ihre Grenzen. Touristen müssen deshalb mit weiteren Streiks rechnen.
Österreich (9,2 Mio. Einwohner)
Die Bewohnerinnen und Bewohner im österreichischen Hallstatt stören sich ebenfalls am Massentourismus. Das mag verwundern. Jedoch zählt das 700-Einwohner-Dorf als Weltkulturerbe. An Spitzentagen strömen bis zu 10'000 Besuchende nach Hallstatt. An den Hauswänden der Bewohner hängen deshalb Plakate mit der Aufforderung, keinen Lärm zu machen. Grund für den Ansturm ist unter anderem eine südkoreanische Netflix-Serie. Die Einheimischen forderten 2023 eine Beschränkung der Touristenzahlen. Die Anzahl Reisebusse wurde mittlerweile begrenzt. In China wurde Hallstatt wegen seiner Bekanntheit gar nachgebaut.
Niederlande (17,9 Mio. Einwohner)
In der niederländischen Hauptstadt Ferien zu machen, wird für Touristen immer schwieriger. Denn das Angebot wird von den Behörden verknappt. Seit April ist Amsterdam ein «Sperrgebiet für neue Hotels». Konkret: Ein neues Hotel darf nur dann gebaut werden, wenn ein anderes schliesst und die Anzahl Logierplätze dadurch nicht steigt. Auslöser waren nicht etwa Proteste, sondern eine Petition von 2020: 30'000 Einheimische forderten die Begrenzung der Touristenströme. Seit 2021 sind in der Hauptstadt maximal 20 Millionen Übernachtungen zugelassen. Da diese Zahl 2023 überschritten wurde, zieht Amsterdam nun die Notbremse. In den nächsten fünf Jahren soll deshalb die Anzahl Flusskreuzfahrtschiffe drastisch reduziert werden.