Von wegen Werbe-Millionäre
Die meisten schwingen für ein Butterbrot

Nur wenige Schwinger können vom traditionsreichen Sport leben. Fast alle arbeiten neben dem Training zu 100 Prozent. Lohnt sich der Schwingsport finanziell?
Publiziert: 23.08.2019 um 19:45 Uhr
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Matthias Sempach hat sich mit seinem Sieg am Eidgenössischen vor sechs Jahren bei vielen Sponsoren empfohlen. Heute verdient er einen grossen Batzen durch Sponsoring.
Foto: keystone-sda.ch
Noël Brühlmann

Im Tennis sahnen die Weltbesten ab. Und zwar so richtig. Hunderte andere Profis müssen unten durch. Sie trainieren viel, reisen um die Welt – für ein paar Hundert Franken Preisgeld. Wie sieht es bei den Schwingern aus?

Hanspeter Rufer (54) aus Rüti ZH, Mediensprecher des Eidgenössischen Schwingerverbands, stellt gleich klar: «Als Schwinger wird man nicht reich.» Viele Schweizer glauben, dass die Bösen mit Sponsoring- und Preisgeldern überhäuft werden. «Doch das stimmt einfach nicht.» Natürlich gebe es einige Ausnahmen. Das sei aber höchstens ein Dutzend.

Nur Top-Schwinger kassieren 700'000 Franken

Matthias Sempach (33) aus dem luzernischen Entlebuch triumphierte vor sechs Jahren am Eidgenössischen in Burgdorf BE. Deswegen hat es der Berner geschafft, bekannte Sponsoren an Land zu ziehen. So wirbt er für Emmentaler Käse, Toyota oder Bschüssig-Teigwaren. Wie viel Geld er damit einnimmt, will sein Manager Roger Fuchs aber nicht verraten. «Die Werbegelder sitzen nicht mehr so locker, wie gemeinhin angenommen wird.» Experten gehen von Beträgen bis zu 700'000 Franken pro Jahr aus.

Mit Preisgeldern allein hingegen wurde sogar ein Star wie Sempach zu Aktivzeiten nicht reich. Was man an einem Schwingfest gewinnen kann, gibt der Verband nicht bekannt. BLICK weiss: Mehr als 5000 Franken sind die Sachpreise selten wert. «Die Preise, etwa eine schöne Treichel, haben einen emotionalen Wert», sagt Hanspeter Rufer.

Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) in Zug bekommt der Sieger einen Muni. Den kann er entweder behalten, oder sich für 30'000 Franken in bar entscheiden. Das Tier geht in diesem Fall zurück zum Züchter.

Tolerante Chefs sind wichtig

Moderne Spitzenschwinger sind absolute Profi-Sportler. Sie trainieren stundenlang im Schwingkeller, schwitzen im Kraftraum und ernähren sich strikt nach Plan. Und doch arbeiten die meisten voll.

Der ehemalige Top-Schwinger Ueli Banz (36) aus Hasle LU: «Man kann Arbeit und ambitioniertes Schwingen problemlos unter einen Hut bringen.» Bei einem Spitzenschwinger, der 15 Stunden pro Woche trainiert, sei eine gute Planung zentral. «Von grossem Vorteil ist ein toleranter Chef.» Dieser könne etwa Arbeitszeiten so ausrichten, dass der Schwinger je nach Saisonplanung ausgiebig trainieren und zu genügend Erholung kommt.

Finanzierung aus dem eigenen Sack

«Für viele ist das Schwingen auch einfach nur ein Hobby», weiss Banz. Das sei wie bei einem durchschnittlichen Marathonläufer. «Der gewinnt in der Regel keinen Blumenstrauss – und muss am Wettkampf erst noch das Hotel und das Essen selber bezahlen.»

Finanziell lohnt sich der Schwingsport also für die wenigsten Athleten. Für einen Schwinger ist eine Teilnahme an einem Eidgenössischen das Karriere-Highlight. Dafür sind sie noch so gerne bereit, ihre Leidenschaft aus dem eigenen Sack zu bezahlen.

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