Mit grossem Optimismus aber auch einem flauen Gefühl im Magen bereiten sich die Spanier auf die Wiedereröffnung des Landes für den Massentourismus am 1. Juli vor. Werden sich die Touristen nach den Schreckensmeldungen aus dem Corona-Hotspot wieder an die Strände und in die Tapasbars wagen?
Spanier leben vom Tourismus
Nachdem das von der Pandemie besonders hart getroffene Land monatelang in Schockstarre verharrte, kann sich jetzt niemand Bedenken oder Zögern leisten. Immerhin trägt der Tourismus mehr als 12 Prozent zum Nationaleinkommen bei, in keinem europäischen Land ist der Anteil höher.
«Ich habe etwa 30'000 Euro durch die gut zweimonatige Zwangsschliessung verloren», sagt Adrián Caricart, Inhaber des Weinlokals La Vella Lleteria im Küstenort Premia de Mar bei Barcelona. «Auch wenn die Touristen wiederkommen, lässt sich das nichtaufholen, aber wenigstens können wir dann überleben», sagt er stellvertretend für Hunderttausende Spanier, die vom Tourismus leben. Viele von ihnen verdienen in der Hauptsaison das Geld, mit dem sie den Rest des Jahres über die Runden kommen müssen.
Unsicherheiten bestehen
Aber etwas unwohl ist Adrián auch, wenn er aus seinem Lokal auf die Tische der Restaurants und Cafés auf dem kleinen Platz gleich neben der Kirche schaut: Da sitzen die Einheimischen am frühen Abend fröhlich und lautstark noch unter sich, kaum einer hält Abstand und viele haben die Maske unterm Kinn baumeln. Auf Mallorca, in Madrid und in Lloret ist das derzeit nicht anders als in Premia. «Das wird schwer zu kontrollieren sein», sagt Adrián.
Kaum ein Tag vergeht, an dem die Regierung und die Verbände nicht neue Regeln und Gebote aufstellen. So will der Touristenmagnet Barcelona die Strände künftig per Video überwachen. Eine App soll vor einer Überfüllung am Wasser warnen, viele Strände richten Abgrenzungen, Korridore und Kontrollpunkte für den Zugang ein. An den 369 Stränden Mallorcas und der anderen Balearen-Inseln wird es allerdings bis auf Weiteres keine Abgrenzungen und keine besonderen Massnahmen geben.
Weniger Touristen erwartet
«Wie wird man so die Sicherheit der Badegäste garantieren können?», wurde der balearische Tourismusminister Iago Negueruela von der Regionalzeitung «ARA Balears» gefragt. «Die Anzahl der Touristen, die kommen werden, wird sehr gering sein», so der sozialistische Politiker. Man sei ja an viel höhere Zahlen gewohnt. In der Tat. Die meisten der 16,5 Millionen Urlauber, die 2019 auf den Inseln waren, werden dieses Jahr mit Sicherheit noch nicht wiederkommen.
Ähnlich sieht es Chef des Interessensverbandes «Palma Beach», Juan Miguel Ferrer. «Ich kann mir an den Stränden hier keine Trennwände oder Besucherlimits vorstellen», sagt er. An der Playa de Palma habe man immerhin 6,5 Kilometer Sand. «Es gibt viel Platz für Social Distancing».
Wie an vielen anderen Orten werden Bademeister und Strandpolizisten aber auch darauf achten, dass die Grundbestimmungen eingehalten werden, in erster Linie der Sicherheitsabstand von zwei Metern zwischen Handtüchern und Sonnenschirmen. Und Schutzmaske überall dort, wo sich dieser Abstand nicht einhalten lässt. Ähnliche Regelungen gelten beispielsweise auch in Italien. Die Zentralregierung kündigte am Wochenende an, dass das Maskentragen auch nach Ende des Notstands am 20. Juni Pflicht bleiben wird. (way)