Wäre Hermann Struchen noch am Leben, er hätte sich an der heutigen Generalversammlung der Credit Suisse mit Sicherheit zu Wort gemeldet. Struchen hat sich in der breiten Öffentlichkeit als Votant an diversen Generalversammlungen von Schweizer Grosskonzernen einen Namen gemacht. Er ist im Oktober 2017 im Alter von 87 Jahren verstorben.
Vor dem aktuellen Kontext bleiben vor allem seine Aussagen an Generalversammlungen der Credit Suisse in Erinnerung. «Das Beste an der Credit Suisse ist der Christbaum am Paradeplatz», sagte er noch an der GV im Frühjahr 2017. Auch der damalige Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (63) bekam sein Fett weg: «Herr Rohner, als Mensch sind Sie mir eigentlich sehr sympathisch. Aber für uns Aktionäre war das letzte Jahr eine Katastrophe!» Er selbst hatte mit seinen Credit-Suisse-Aktien über Jahre nur Geld verloren.
«Ich habe es kolossal streng»
Hermann Struchen erhielt an den Generalversammlungen für kritische Aussagen zu den Management-Vergütungen regen Applaus. «Saläre über einer Million sind legalisierte Diebstähle», sagte er bei einer Gelegenheit. Es könne nicht sein, dass in einer Aktiengesellschaft nur die Führungsetage dick Geld verdiene, während die Aktionäre leer ausgehen würden. Kritik, die er nach dem Untergang der Credit Suisse sicherlich wiederholt hätte.
Besonders gerne bewertete Struchen das kulinarische Angebot an den Versammlungen. «Wenn man lange leben will, muss man richtig essen», sagte er zur Verpflegung der Aktionäre. Hier kam die Credit Suisse bei ihm für einmal positiv weg. Die Bank lasse bei der Bewirtung mit Laugengipfeli, Sandwiches und Schokolade keine Wünsche offen. «Es ist fast wie im Himmel», so Struchen, der sich auch über einen Kugelschreiber als Geschenk freute.
Struchen verbrachte sein ganzes Leben in Zürich-Altstetten und besuchte jährlich rund 30 Generalversammlungen. «Ich habe es kolossal streng», sagte er einmal mit einem Augenzwinkern. Den jetzigen Niedergang der Bank musste er nicht mehr miterleben.