Verspätungen und Sicherheitsfragen
SBB müssen zum Krisen-Rapport ins Bundeshaus

Die Verkehrskommission will wissen, wie die SBB ihre Betriebsprobleme wieder in den Griff bekommen wollen – und das Personal macht Druck auf seine Chefs.
Publiziert: 18.08.2019 um 11:59 Uhr
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Aktualisiert: 19.08.2019 um 10:57 Uhr
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Nach einem Sommer voller Verspätungen und dem tödlichen Unfall eines Kundenbegleiters geraten die SBB ins Visier der Politik.
Foto: Walter Ruetsch
Thomas Schlittler

Die SBB kommen nicht aus den negativen Schlagzeilen: Der neue Doppelstockzug von Bombardier wird von Pendlern nur noch Pannenzug genannt. Im Sommer verärgerte die Bahn ihre Kunden mit Verspätungen en masse. Und nach dem tödlichen Unfall vom 4. August in Baden, bei dem ein Zugchef bei der Abfertigung eines Interregio mit dem Arm in einer Tür eingeklemmt und mitgeschleift wurde,gar die Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden infrage gestellt.

Die Politik will dem nicht mehr tatenlos zusehen. Edith Graf-Litscher (55, SP), Präsidentin der nationalrätlichen Verkehrskommission, hat die SBB zum Rapport ins Bundeshaus bestellt, wie SonntagsBlick erfahren hat. Am 2. September wird Personenverkehrschef Toni Häne (63) – die Nummer zwei der SBB – den Verkehrspolitikern Rede und Antwort stehen müssen.

«Wir müssen politischen Druck aufbauen»

SVP-Ständerat Werner Hösli (57) sagt zudem gegenüber der «Sonntagszeitung», dass «die Politik nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Wir müssen jetzt politischen Druck aufbauen». Auch er verlangt von den SBB, dass sie in der Verkehrskommission vorstellig werden und dort erklären, wie sie die Probleme lösen wollen.

Die Medienstelle bestätigt gegenüber SonntagsBlick: «Personenverkehrschef Toni Häne wird die Parlamentarierinnen und Parlamentarier informieren über die laufenden Analysen und mögliche Massnahmen in Sachen Pünktlichkeit.» Details behalten die SBB für sich. Das wird sich vor der Verkehrskommission ändern müssen.

«Ich erwarte von der SBB-Spitze, dass offen kommuniziert wird», sagt Graf-Litscher. Sie will wissen, was die Gründe sind für die Anhäufung der Verspätungen – und was die Verantwortlichen zu tun gedenken, um die Probleme in den Griff zu bekommen.

SVP-Giezendanner will Bundesamt für Schienenverkehr

Doch nach den Geschehnissen der vergangenen Tage dürften in der Verkehrskommission auch Themen aufs Tapet kommen, die grundsätzlicher Natur sind. «Es stellt sich die Frage, ob die Bahn zu schnell zu stark gewachsen ist und nun mit dieser Expansion überfordert ist», sagt Ulrich Giezendanner (65, SVP).

Der Aargauer Transportunternehmer sieht insbesondere Handlungsbedarf beim Bundesamt für Verkehr (BAV), das für die Weiterentwicklung des Schweizer ÖV-Systems verantwortlich ist und für Bahnen, Busse, Schiffe und Seilbahnen hohe Sicherheitsstandards gewährleisten soll. «Ich habe Zweifel, ob das BAV all diese Aufgaben noch erfüllen kann. Vielleicht braucht es ein Bundesamt für Schienenverkehr, um die Sicherheit im Bahnverkehr auch in Zukunft zu gewährleisten.»

Solche Forderungen stossen nicht überall auf offene Ohren. Es gibt auch Kräfte, die den Ball flach halten wollen. «Auch ich ärgere mich über die Verspätungen der SBB. Und der tödliche Unfall ist extrem tragisch und muss seriös untersucht werden. Aber wir sollten nun auch nicht alles schlecht reden und übertreiben», sagt etwa Martin Candinas (38, CVP). Der Bündner weist darauf hin, dass der ÖV immer noch stark wachse. «Das zeigt, dass der Rückhalt und das Vertrauen in der Bevölkerung nach wie vor sehr gross ist.» 

Krisentreffen mit Gewerkschaften

Eine andere Frage ist, wie es um das Vertrauen des SBB-Personals in die eigene Führungsriege rund um CEO Andreas Meyer steht. Umstrukturierungen sorgen schon lange für Unmut. Der tödliche Unfall hat die Basis weiter verunsichert. Es brodelt.

Am Mittwoch hat die Bähnler-Gewerkschaft SEV den Zugbegleitern ein Infoschreiben zugestellt, in dem neue Forderungen an die SBB gestellt werden. Unter anderem verlangt die Arbeitnehmerorganisation, dass überprüft wird, ob bei anderen Wagentypen dieselben Tür-Probleme auftreten können wie bei den EW-IV- Wagen.

Die SBB haben Kenntnis von den Forderungen des SEV. «Diese werden im Rahmen der eingesetzten Taskforce und aufgrund der Resultate der eingeleiteten Sofortkontrollen überprüft», teilt ein Sprecher mit. Kommende Woche trifft sich die Leitung Personenverkehr zudem erneut mit den Gewerkschaftern, um das weitere Vorgehen zu vereinbaren. Auch dann wird Toni Häne wieder im Fokus stehen. Die Nummer zwei der SBB ist momentan wirklich nicht zu beneiden.

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