Die obligatorische Reservation erlaube es den Kundinnen und Kunden, ihre Reise besser zu planen, da ihr Fahrradplatz garantiert sei, schreiben die SBB auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Ausserdem würden die Velos so auf die verschiedenen Züge und auf die verfügbaren Plätze in den Zügen verteilt, insbesondere am Wochenende. Die Massnahme trage auch zur Sicherheit bei, indem die Fluchtwege freigehalten würden.
Die Reservationspflicht war eine Reaktion auf die explodierende Zahl an Fahrrädern in den Zügen, welche die SBB im Jahr 2020, dem Jahr nach der Corona-Pandemie, verzeichnet hatten. 14 Organisationen, die die Interessen der Radfahrer vertreten, darunter der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) und Pro Velo, hatten die Reservationspflicht bekämpft und im September 2021 eine Petition dagegen eingereicht.
Heute zieht der Präsident des VCS Waadt, David Raedler, eine «gemischte» Bilanz. «Das System hat sich eingespielt und funktioniert relativ gut», sagt er. Er sieht den Vorteil der besseren Verteilung auf die Züge. Die Preisfrage stellt seiner Meinung nach dennoch ein «echtes Problem» dar, da jede Reservierung zwei Franken koste, die zum Preis des Fahrradtickets hinzukämen.
Der Grünen-Politiker im Grossen Rat bedauert, dass die Massnahme «eine zusätzliche Schwierigkeitsstufe» für den Transport von Fahrrädern in den Zügen schaffe und diese dazu führen könnte, dass jemand eher das Auto nehme. Der VCS verfügt jedoch über keine Zahlen zu dieser Art von Verkehrsverlagerung.
Minimalismus-Vorwurf an die Adresse der SBB
Die SBB weisen darauf hin, dass der Preis für Fahrradreservierungen von fünf auf zwei Franken gesenkt wurde und dass in RegioExpress, Interregio und Regionalzügen, also der Mehrheit der Züge, keine Reservationspflicht bestehe. Sie erinnern ausserdem daran, dass die Reservationspflicht in den Intercitys auf der Jurasüdfusslinie bereits seit über 15 Jahren in Kraft ist.
Raedler wirft den SBB vor, das obligatorische Reservationssystem für eine Art Minimalismus zu nutzen. Es werde nicht versucht, noch mehr für die Velotransporte zu unternehmen. Denn seiner Meinung nach ist die grundlegende Frage nicht die der Reservationen, sondern vielmehr die Tatsache, dass es nicht genügend Kapazitäten für den Velotransport in den Zügen gibt. Der VCS fordert, die Fahrradplätze zu erhöhen, ohne jedoch die Anzahl der Plätze für die anderen Reisenden zu verringern.
Der Anwalt schlägt zwei Lösungen vor: Die erste besteht darin, nach dem Vorbild der Rhätischen Bahn einen Waggon für Fahrräder zu reservieren. Zudem sollten die Möglichkeiten, Fahrräder am Zielort zu mieten, verbessert werden. «Es gibt bereits ein gewisses Angebot, aber es könnte noch ausgebaut werden, und die Preise sind relativ hoch», sagt er.
Für Raedler geht es um die Mobilität der Zukunft: «Die Kombination von Zug und Fahrrad ist der Schlüssel zum vollständigen Ersatz des Autos. Wir sehen hier das grösste Potenzial für eine Verlagerung des Verkehrs. Die SBB und die öffentliche Hand müssen dies umsetzen», fordert er.
SBB braucht mehr Zeit für Änderungen
Die SBB ihrerseits geben an, «die Bedürfnisse ihrer Kunden sehr ernst zu nehmen. Nicht nur die der Radfahrer, sondern auch die der Familien, der Pendler oder der Rentner». Sie wiesen darauf hin, dass auf mindestens zwei Sitzplätze verzichtet werden muss, um einen Fahrradplatz zu schaffen.
Die Erhöhung der Anzahl der Fahrradplätze sei zwar eines der «Ziele» der SBB, aber diese Entwicklung braucht Zeit, da das Rollmaterial geändert werden müsse. Das Unternehmen hat angekündigt, in den nächsten Jahren etwa 530 zusätzliche Plätze zu schaffen, «was einer Kapazitätssteigerung von 16 Prozent für Fahrräder entspricht».
Im Jahr 2023 wurden laut offiziellen Zahlen über eine Million Fahrkarten und Velotageskarten für Reisen in der Schweiz verkauft, während über 14'000 Menschen einen Velopass (Jahresabonnement) besassen. Die SBB schufen im selben Jahr zudem rund 2000 neue Veloabstellplätze an den Bahnhöfen.