Die Schweizerinnen und Schweizer sind streng mit ihrer Bahn: Zu spät, zu dreckig, zu teuer – die SBB müssen sich einiges anhören. Dabei gehört unser öffentlicher Verkehr laut verschiedensten Studien zu den besten der Welt. Doch europaweit sind wir mindestens in einer Kategorie auch Schlusslicht, wie eine aktuelle Auswertung vom ÖV-Informationsdienst Litra zeigt.
Die Schweiz hat den langsamsten öffentlichen Verkehr des Kontinents! Tatsächlich sind die SBB-Züge langsam unterwegs: Auf manchen wichtigen Strecken liegt die durchschnittliche Geschwindigkeit bei 100 Kilometern pro Stunde – oder weniger. Ein Beispiel: Von Zürich nach Winterthur beträgt sie gerade einmal 78 Kilometer pro Stunde.
«Die Schweizer Bahn ist sehr langsam»
Im Rest Europas setzen die Bahnbetriebe hingegen nicht auf Schneckenzüge: 300 Kilometer pro Stunde sind zur Norm geworden. Viele Hochgeschwindigkeitsstrecken sind gebaut worden, viele werden zurzeit erstellt oder sind in Planung. Die Schweiz zieht da bislang nicht mit. Nur auf drei Verbindungen erreichen die Züge eine Geschwindigkeit von 200 km/h: zwischen Olten und Bern, im Lötschbergbasistunnel sowie auf der Alpentransversalen unter dem Gotthard und dem Monte Ceneri.
Wenn es nach Swissrailvolution geht, soll sich das in Zukunft ändern. Mehrere Verkehrsexperten haben den Verein Ende 2021 gegründet und sich zum Ziel gesetzt, dass die Schweiz zu schnelleren Bahnverbindungen kommt. Dies berichten die CH-Media-Zeitungen am Donnerstag.
Einer von ihnen ist Guido Schoch. Der frühere Chef der Südostbahn und der Verkehrsbetriebe sagt im Bericht: «Man kann es nicht beschönigen: Die Schweizer Bahn ist sehr langsam. Sehr häufig sind die Fahrzeiten des ÖV von Tür zu Tür nicht konkurrenzfähig.» Im Auto sei man schneller unterwegs. Schoch findet darum, dass es gut wäre, wenn die SBB nicht nur auf drei Streckenabschnitten mit Tempo 200 fahren könnten. Dafür sei der Bau neuer Bahnstrecken nötig.
Schnellzüge führen zu «zusätzlichem Verkehr»
Das Bundesamt für Verkehr betonte auf Anfrage der Zeitung, dass die Schweiz über ein sehr dichtes und verlässliches und vor allem flächendeckendes ÖV-Netz verfüge. Schnellzüge seien nicht in Planung. Die Begründung: Wäre die Bahn so schnell unterwegs wie im Ausland, käme es zu «zusätzlichem Verkehr.»
Das würde bedeuten, dass die Menschen längere Pendlerdistanzen zurücklegen würden. Dies fördere die Zersiedlung und den Energieverbrauch, schreibt das Bundesamt für Verkehr. Darum seien «weitere, generelle Beschleunigungen und Schnellfahrstrecken weder sinnvoll noch umsetzbar». (nim)