In der Gerüchteküche brodelt es seit Tagen. In der Nacht auf Mittwoch hat Sunrise nun bestätigt, dass mit Liberty Global über einen Kauf von deren Schweizer Tochter UPC gesprochen wird. Wie in solchen Fällen üblich, wurde jedoch betont, dass es keine Gewissheit über einen Deal gebe.
Mit einem Zusammenschluss würde auf dem Schweizer Markt eine deutlich grössere Nummer zwei hinter Marktführerin Swisscom entstehen. Zusammen kämen die beiden Unternehmen auf einen Umsatz von rund 3,2 Milliarden Franken (Zahlen von 2017; Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor). Sunrise würde knapp 60 Prozent und UPC gut 40 Prozent beisteuern.
Der Abstand zur Swisscom wäre aber auch nach einem Deal noch immer riesig. Diese kam 2017 im Schweizer Telekomgeschäft auf einen Umsatz von über 7 Milliarden Franken. Insgesamt erwirtschaftete die Swisscom 2017 einen Umsatz von knapp 11,7 Milliarden; die 2018er-Zahlen werden am (morgigen) Donnerstag publiziert.
Sunrise und UPC haben unterschiedliche Profile und würden sich damit bis zu einem gewissen Grad ergänzen. So ist Sunrise im Mobilfunkgeschäft stark, UPC im TV-Bereich. Auf der anderen Seite fristet das TV-Geschäft bei Sunrise und das Mobilfunkgeschäft bei UPC eher ein Mauerblümchen-Dasein.
Zudem nutzen heute beide Firmen die Infrastruktur der Swisscom. Konkret verwendet Sunrise teilweise Swisscom-Leitungen für sein Internet- und TV-Angebot. Und UPC-Handy-Kunden telefonieren und surfen über das Swisscom-Mobilfunknetz.
Analysten haben deshalb bereits den Taschenrechner gezückt und das Synergiepotenzial eines Deals ermittelt. So sehen zum Beispiel die Experten der US-Bank Goldman Sachs ein Potenzial von 215 Millionen Franken pro Jahr. Auf der anderen Seite würden aber einmalig auch Kosten in dieser Grössenordnung anfallen.
Kaufpreis von bis zu 8 Milliarden Franken!
Die Meinungen gehen bei Experten generell auseinander, wie sinnvoll ein Zusammenschluss wäre. Positiv werden neben dem Synergiepotenzial die Chancen auf Marktanteilsgewinne auf Kosten der Swisscom gesehen. Skeptiker befürchten auf der anderen Seite, dass Sunrise viel für UPC bezahlen müsste und allenfalls nicht mehr gleich hohe Dividenden ausschütten könnte. Herumgereicht wird ein Kaufpreis von bis zu 8 Milliarden Franken.
Diese Stimmen versuchte Sunrise in der Mitteilung zu beruhigen. Es werde lediglich zu einer Transaktion kommen, wenn diese strategisch überzeuge und nachweislich Wert für die Aktionäre schaffe, hiess es. Man sei zudem auch im Fall eines Deals einer umsichtigen Kapitalstruktur verpflichtet und wolle die bestehende progressive Ausschüttungspolitik beibehalten.
Einem Deal zustimmen müsste die Wettbewerbskommission. Dabei wird in Analystenkreisen angenommen, dass diese heute einer solchen Fusion eher zustimmen würden.
Zur Erinnerung: 2010 untersagte sie eine Fusion von Sunrise und Orange (heute: Salt). Begründet wurde dies damit, es blieben nur zwei Anbieter mit einem eigenen Netz übrig, was den Wettbewerb behindern könnte. Heute stützten sich Wettbewerbshüter bei ihren Entscheiden weniger auf die absolute Zahl an Anbietern ab, meinen Experten.
Für einen Deal braucht es zudem wohl den Segen des deutschen Mobilfunkanbieters Freenet, der knapp ein Viertel an Sunrise besitzt. Freenet-Finanzchef Ingo Arnold liess über die deutsche «Börsenzeitung» ausrichten, dass er einem möglichen Zukauf von Sunrise grundsätzlich nicht im Wege stehen wolle. Allerdings komme es auf die Rahmenbedingungen an.
Weil diese unklar sind, ist auch die Reaktion des Aktienkurses auf die aktuellen Verhandlungen uneindeutig. Am Dienstag gab der Kurs von Sunrise um 2,5 Prozent nach, am frühen Mittwochnachmittag steht er 1,9 Prozent im Plus.
Wechselt UPC dann das Mobilnetz schon wieder?
Ironie der Geschichte: Letztes Jahr hat UPC angekündigt, mit seinem Handyangebot von Salt aufs Swisscomnetz zu wechseln - dieser Schritt wurde im Januar 2019 vollzogen. Bei einer Übernahme durch Sunrise ist mehr als denkbar, dass die neue Besitzerin alles daran setzt, die Kunden aufs eigene Netz zu holen.
Was ein Zusammenschluss für die Konsumenten bedeuten würde, ist schwierig zu sagen. «Im Ausland hat sich mehrfach gezeigt, dass Fusionen zu Preiserhöhungen führen», sagt Ralf Beyeler, Telekom-Experte des Vergleichsdienstes Moneyland, zu BLICK.
«Die Weko dürfte wahrscheinlich eine Auflage machen, dass die neue Gesellschaft ihr Netz zu regulierten Konditionen zur Verfügung stellen müsste», so Beyeler. (SDA/bö/uro)