Auf einen Blick
Mitten im Baselbieter Allschwil entsteht die Überbauung Clés. 13 Reiheneinfamilienhäuser mit je 180 Quadratmetern Wohnfläche, privatem Garten und zwei Parkplätzen – ein Traum für junge Familien, die im Raum Basel ein Zuhause suchen.
«Ideal für Familien. Die Häuser sind im Baurecht, was die Finanzierung vereinfacht und weniger Eigenkapital abverlangt. So haben auch junge Leute eine Chance, ein Eigenheim für ihre Kinder zu bauen», schreibt denn auch die Maklerfirma den Interessenten.
«Das schien mir erschwinglich»
Im Baurecht bedeutet, dass der Landbesitzer die Parzelle nur vermietet. «Gerade die Tatsache, dass ich den Boden nicht kaufen müsste, gefiel mir», sagt Meret Hellmer, 36, deren Namen wir auf ihren Wunsch geändert haben. Die Miete für das Grundstück, der sogenannte Baurechtszins, sollte laut Inserat 12’800 Franken pro Jahr betragen, also knapp 1100 Franken pro Monat. «Das schien mir erschwinglich.» Für das Gebäude selbst wären zusätzlich zwischen 1,2 und 1,3 Millionen Franken fällig.
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Dafür wollte Helmer eine Hypothek aufnehmen. Sie holte bei der Migrosbank und der UBS Offerten ein. Mit ihren Unterlagen reichte sie auch den Baurechtsvertrag ein, der das «Mietverhältnis» zwischen Haus- und Landbesitzer regelt. Und sie bat Laurent Facqueur, einen Immobilienexperten, den 74 Seiten starken Vertrag ebenfalls unter die Lupe zu nehmen.
Facqueur monierte verschiedene vertragliche Bestimmungen und kam zu diesem Fazit: «Sie gehen bei diesem Vertrag erhebliche langfristige finanzielle Risiken ein.» Und weiter: «Finger weg, ausser Sie haben genügend hohe finanzielle Reserven, ein langfristig genügend hohes Einkommen (auch im Pensionsalter) und wollen aus emotionalen Gründen unbedingt in diesem Haus an dieser Lage wohnen. Aber bitte geben Sie mir in einigen Jahren das Haus nicht zum Verkauf, denn ich werde den Auftrag höchstwahrscheinlich ablehnen.»
Zu einem ähnlichen Schluss kam auch die Hypothekenabteilung der Migrosbank, die keinen Kredit sprechen wollte. Als Begründung führte sie «marktunübliche Abmachungen» an. Etwa die im Vertrag festgeschriebene jährliche Anpassung an den Referenzzinssatz. Tatsächlich lag der Baurechtszins zum Zeitpunkt der Anfrage bereits höher als die im Inserat ausgeschriebenen 12’800 Franken. Die nächste Erhöhung steht Anfang 2025 ins Haus.
Problematischer Erneuerungsfonds
Auch Adrian Wenger, Hypotheken-Experte beim VZ Versicherungszentrum, würde von einem Kauf abraten. «Besonders stossend ist, dass der Hausbesitzer keinen Zugang zum Erneuerungsfonds hat, den er monatlich mit 0,5 Prozent der Bausumme, also mit mehreren Hundert Franken pro Monat, füttert. Der Bodenbesitzer allein bestimmt, was mit dem Geld allenfalls renoviert wird. Und bei der Auflösung des Vertrags fällt die Hälfte des vom Hausbesitzer angesparten Geldes aus unerfindlichen Gründen an den Bodenbesitzer.»
Natürlich habe sie sich gegen den Kauf entschieden, sagt Meret Hellmer. Obwohl die UBS trotz der fragwürdigen Konditionen den Kredit gewährt hätte. «Zu konkreten Kreditfällen äussern wir uns nicht», schreibt die UBS auf Anfrage des Beobachters. Kreditanträge würden auf Basis etablierter Kreditprozesse sorgfältig geprüft. Und bei komplexeren Konstellationen, zu denen auch ein Baurecht gehört, erfolge die Kreditprüfung zudem unter Einbezug einer spezialisierten Kreditabteilung.
Nutzniesser der offenbar recht einseitigen Vertragsbedingungen ist die Zuger Etag Energie und Technologie AG.
Von unüblichen Verträgen will Etag nichts wissen: «Der Baurechtsvertrag wurde in Zusammenarbeit mit Baurechtsexperten aus sechs Kantonen entwickelt und geprüft. Mit den bestehenden Vertragskomponenten wurden bereits über 50 Baurechtsverträge erfolgreich abgeschlossen und von diversen Banken finanziert.»
Verschiedene Firmen aus dem Scientology-Umfeld
Lukrativ ist die Überbauung nicht nur für den Besitzer des Grundstücks, sondern auch für verschiedene am Projekt beteiligte Firmen – die teils aus dem Umfeld von Scientology stammen.
Die Gruppierung ist hoch umstritten. Der Bayerische Verfassungsschutz etwa definiert Scientology als «eine international agierende Organisation, die auf finanzielles Gewinnstreben ausgerichtet ist und ein weltweites, unumschränktes Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten möchte. An die Stelle des Demokratieprinzips und der Grundrechte soll ein auf Psychotechnologien und bedingungsloser Unterordnung der Individuen beruhendes totalitäres Herrschaftssystem unter scientologischer Führung treten.» Scientology wird vom Verfassungsschutz verschiedener deutscher Bundesländer überwacht.
«Grosses Abhängigkeitspotenzial»
In der Schweiz steht Scientology nicht unter besonderer staatlicher Kontrolle. Verschiedene Städte schränken aber öffentliche Standaktionen von Scientology ein.
Und Susanne Schaaf von der Fachstelle Infosekta warnt: «Scientology ist eine problematische Organisation. Aufgrund der vereinnahmenden Strukturen und manipulativen Methoden besteht für die Mitglieder ein grosses Abhängigkeitspotenzial. Die Ansätze in den Bereichen Drogenprävention und Psychiatrie sind polemisch und irreführend, der Umgang mit Ausgestiegenen und Kritikerinnen orientiert sich an Einschüchterung.»
Eine fette Marge
Eine fette Marge beim Projekt Clés darf sich zum Beispiel die Immobilienfirma SRE Totalunternehmung ausrechnen, deren einziges Verwaltungsratsmitglied ein hochrangiger Scientologe ist. Gemäss den Berechnungen von Fachleuten dürfte der Verkaufspreis pro Einheit rund 300’000 bis 400’000 Franken über den Baukosten liegen.
«Die Preise für die Häuser sind marktüblich und die Konditionen wurden durchgehend von den Käufern und deren Banken als marktüblich eingestuft», kontert der Geschäftsführer von SRE Totalunternehmung. Auf die Frage, ob aus dem Projekt Geld an Scientology fliesse, antwortet er, er trenne Beruf und Glauben strikt. Bei der Überbauung Clés in Allschwil sei er ausschliesslich in seinem Namen auf eigene Rechnung tätig.
Tatsache ist: Scientology lebt nicht nur von den Gebühren für ihre Kurse, sondern nach eigenen Angaben vor allem von Spenden ihrer Mitglieder.
Auch bei der mit der Vermarktung betrauten Firma Welcome Home Immobilien sind mindestens drei langjährige, hochdekorierte Scientology-Anhänger beschäftigt. Die Geschäftsführerin des Maklerbüros schreibt dazu dem Beobachter, sie stehe weder beruflich noch privat in Verbindung zu Scientology, und es stehe ihr nicht zu, den persönlichen Glauben ihrer Angestellten zu kommentieren. Auf die Frage, wieso die Objekte trotz bereits gestiegenem Referenzzinssatz mit dem alten Jahreszins von 12’800 Franken ausgelobt wurden, blieb sie die Antwort schuldig.
Neben Welcome Home werden die Reihenhäuser auch von Property One Basel vermarktet. Ihr Geschäftsführer ist ein langjähriger Weggefährte eines Treuhänders, der ein hochrangiges Mitglied der Scientology Kirche Basel ist.
Ein Briefkasten mit sieben Firmennamen
Bereits 2007 gründeten die beiden die Immobilienfirma Swiss Immo Trust, die seit Jahren in Basel einer der führenden Akteure im Geschäft mit der Umwandlung von Mietwohnungen in Stockwerkeigentum ist. «Führende Scientologen gehören zu den aktivsten Immobilienplayern der Stadt», titelte die Basler Zeitung «Tageswoche» 2017.
Bei dem Treuhänder laufen die Fäden vieler mit Scientology verbundenen Immobilienfirmen zusammen. Das zeigt ein mit sieben Firmennamen dekorierter Briefkasten in Binningen BL. Der Treuhänder selber, SRE, Welcome Home Immobilien wie auch die Swiss Immo Trust – aus der die beiden Geschäftspartner inzwischen offiziell ausgestiegen sind – haben dort unter anderen ihre postalische Heimat.
Scientology Schweiz distanziert sich
Konkrete Fragen zu seiner Rolle in den oben genannten Firmen und der Überbauung Clés will der Treuhänder nicht beantworten. «Ich trenne Beruf und Glauben strikt und somit sind Geschäfte, die ich ausübe, vollständig privat und stehen in keinem Zusammenhang mit der Scientology Kirche», lautet seine summarische Antwort. Und sein langjähriger Geschäftspartner von Property One Basel erklärte auf Anfrage, er hege weder Interesse noch Sympathien für Scientology.
Auch die Mutterorganisation, Scientology Schweiz, distanziert sich. «Vor Ihrem Mail habe ich noch nie von diesem Projekt gehört und kann Ihnen versichern, dass in dem Zusammenhang sicher kein Geld zur Scientology Kirche fliesst oder fliessen würde», schreibt Pressesprecher Jürg Stettler auf Anfrage.