Lonza-Chef Albert Baehny warnt
«Wenn der Corona-Impfstoff da ist, gibts Konflikte»

Der Schweizer Pharmazulieferer Lonza liefert die kritischste Komponente zur Produktion eines Corona-Impfstoffs an das US-Unternehmen Moderna. Doch die Amerikaner entscheiden, wer den Impfstoff bekommt. Das bestätigt der Lonza-Chef, Albert Baehny.
Publiziert: 20.05.2020 um 10:18 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2020 um 17:28 Uhr
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Der Lonza-CEO Albert Baehny möchte vor allem Leben retten. Die Verteilungsfrage, wer den Impfstoff als Erstes bekommt, hat gerade keine Priorität.
Foto: ZVG
Franziska Scheven

Der Schweizer Pharmazulieferer Lonza liefert dem US-Unternehmen Moderna einen der kritischsten Wirkstoffe für die Entwicklung der Covid-19-Impfung.

Aber welches Land zuerst den Impfstoff bekommen wird, entscheiden die Amerikaner.

«Wir arbeiten intensiv daran, in der Lage zu sein, so schnell wie möglich einen Impfstoff zu produzieren und Millionen von Leben zu retten», Albert Baehny (67) in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Das klingt recht naiv: Zum jetzigen Zeitpunkt profitieren nur die USA.

Kein Deal mit Moderna

Über die Frage, wer den Impfstoff danach bekommt und ob die Verteilung gerecht sei, habe man einfach «noch keine Zeit» gehabt zu diskutieren, so der Manager.

«Wir besitzen den Impfstoff eben nicht. Der gehört der Firma Moderna. Und sie wird entscheiden, an wen er verkauft wird», bestätigt nun der Lonza-Chef. «Prioritär ist, die Technologie und Kapazität bereitzustellen.»

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Teures Vertrauen

Baehnys Risikobereitschaft kann das Unternehmen teuer zu stehen kommen. Lonza investiert laut Baehny über 100 Millionen Franken in neue Produktionslinien für den Impfstoff. Es könnten in Visp VS bis zu drei neue Anlagen entstehen.

Das Ziel: Die Herstellung von 300 Millionen Impfdosen im Jahr. Aber ob der Impfstoff tatsächlich funktionieren wird und ob die Schweizer etwas von dem Mittel abkriegen, bleibt unklar.

Trump will «America First»

Stand jetzt: Der Bundesrat und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) würden laut Baehny derzeit mit dem US-Unternehmen über die Verteilung verhandeln. Generell gilt: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verbietet es, einzelne Staaten bei Impfstoffen zu bevorzugen.

Klar ist aber auch: Die Regierung des US-Präsidenten Donald Trump (73) unterstützt Moderna bei der Impfstoff-Forschung mit 500 Millionen Dollar. Trump verfolgt seit Beginn seiner Präsidentschaft eine «America First»-Strategie. Das lässt vermuten, dass er die Amerikaner mit einem möglichen Impfstoff zuerst versorgen möchte.

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Auch pikant: Der ehemalige Lonza-Verwaltungsrat Moncef Slaoui ist gerade erst zu Trumps neuen Leiter der Impfstoffoperation ernannt worden. Dafür hat er seinen Posten bei Lonza geräumt.

«Es ist zwar denkbar, dass es Konflikte geben wird», räumt Baehny ein, der Mitte des Jahres ebenfalls seinen Posten als Lonza-Chef abgeben wird, «meine Rolle ist aber nicht zu spekulieren, sondern zu liefern und Mut zu haben zu investieren».

Moderna entscheidet

Das US-Onlineportal «Stat News» stellt derweil die potenzielle Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs von Moderna in Frage. Das auf den Gesundheitssektor spezialisierte Portal untersuchte die vorgelegten Zwischenergebnisse. Diese würden keine kritischen Daten liefern, die zur Bewertung der Wirksamkeit nötig seien, heisst es.

Aber Baehny lässt sich davon nicht entmutigen. «Wir hoffen auf Resultate Ende des Jahres», so Baehny. «Wenn die positiv sind, können wir Anfang nächsten Jahres beginnen zu produzieren».

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