Bier selber zapfen oder das Mineralwasser in die eigene Flasche giessen: Das ist jetzt in einigen Coop-Filialen möglich. Etwa im Basler Südpark oder im Bahnhof Baden AG. Das Bier stammt aus dem Braukessel von Valaisanne, das Mineralwasser von Rhäzünser.
Die Aktion ist ein Schritt zur Verringerung des Verpackungsmülls. Ab dem Sommer testet Coop weitere Abfüllstationen. Für flüssige Wasch- und Geschirrspülmittel und für haltbare Lebensmittel wie Reis oder Haferflocken.
Damit folgt Coop seiner grössten Konkurrentin. Die Migros hat im vergangenen Jahr einige Unverpackt-Stationen eingeführt. Testweise. Erst vor wenigen Tagen teilte sie mit, der Pilotversuch habe so gut funktioniert, dass sie ihr Unverpackt-Angebot nun auf weitere Regionen und Läden ausweite.
30'000 Tonnen Material gespart
Mit dem Unverpackt-Sortiment reagieren die beiden Detailhändler auf das steigende Umweltbewusstsein der Kundschaft. Die Detailhändler setzen alles daran, ihr Engagement für den Klimaschutz immer wieder unter Beweis zu stellen.
Coop habe bereits über 30'000 Tonnen Verpackungsmaterial reduziert oder optimiert, heisst es im Communiqué. Die Migros gibt an, seit Einführung ihrer Verpackungsfrei-Stationen letzten Herbst schon über 42'500 Einwegverpackungen gespart zu haben.
Aber ist das Unverpackt-Sortiment tatsächlich umweltfreundlicher? Ja, sagt eine Coop-Sprecherin auf Anfrage. Denn die Lebensmittel werden in viel grösseren Gebinden transportiert, was nicht nur beim Endverkauf, sondern bereits bei der Lagerung und beim Transport Verpackungsmaterial spare.
«Das funktioniert nicht»
Olivier Richard, Gründer des Westschweizer Franchisings Chez Mamie, das sich dem Verkauf nachhaltiger und unverpackter Produkte verschrieben hat, hält das Engagement der beiden Detailhändler jedoch für wenig glaubwürdig: «Sie machen das, um Geld zu verdienen, weil sie eine steigende Nachfrage spüren. Doch das funktioniert nicht», behauptet er.
Denn bei Unverpackt-Läden regiere nicht bloss der Profit: «Bei uns steckt auch ein ethisches und philosophisches Konzept dahinter, dass wir den Planeten schützen und die Produzenten absolut fair entlöhnen wollen», sagt er. Das könne durch Grossproduktion schlicht nicht erreicht werden.
Dennoch will Richard das Engagement der Detaillisten nicht komplett verteufeln: Dass sie die Aufmerksamkeit auf das Thema «Unverpackt» lenken, findet er grundsätzlich gut.
Bewusster Konsum
Iris Huber, Gründerin des verpackungsfreien Ladens Bare Ware aus Winterthur ZH freut sich, dass mit dem Einstieg der Detailhändler der Verkauf unverpackter Produkte breiter gestreut wird. Aber sie betont auch, dass das Engagement dort nicht aufhören dürfe.
«Wir Unverpackt-Läden haben nebst der Reduktion von Abfall noch weitaus grössere Ziele, an denen wir kontinuierlich arbeiten», sagt Huber.
Dazu gehörten nebst fairer und nachhaltiger Herstellung auch ein bewusster Konsum und das Vermeiden von Food Waste. «Daher werden schnell verderbliche Produkte bei uns nur in kleinen Mengen angeboten», so die Unternehmerin. (SDA/ise)