6,3 Milliarden Franken waren einfach zu viel. Für diese Summe hätte der Telekomkonzern Sunrise die Konkurrentin UPC übernehmen wollen. Die grösste Sunrise-Aktionärin Freenet machte da nicht mit. Deshalb hat Sunrise nun die Reissleine gezogen und den Übernahmevertrag offiziell gekündigt.
Ein teures Unterfangen. Sunrise muss eine Konventionalstrafe von 50 Millionen Franken bezahlen. Dazu kommen weitere Kosten von 70 bis 75 Millionen, etwa für bereits angefallene Integrationskosten oder Beratungs- und Rechtsgebühren. Total: 125 Millionen Franken!
Zum Vergleich: 2018 machte Sunrise unter dem Strich einen Gewinn von 107 Millionen Franken. Richtig weh tut: Die Nummer 2 in der Schweizer Branche hat mehr als einen Jahresgewinn verspielt.
«Sunrise hat einen Nachteil»
Wer trägt nun die Kosten des gescheiterten Deals? Steigen bei Sunrise die Preise? «Es ist anzunehmen, dass die Kunden die Rechnung des gescheiterten Deals bezahlen werden», sagt Ralf Beyeler (41) vom Vergleichsdienst Moneyland. Er glaubt, dass Sunrise trotzdem eine starke Nummer 2 bleiben werde.
«Das zeigt sich auch daran, dass seit einigen Jahren Swisscom die Sunrise im Produktbereich immer wieder kopiert», so der Telekom-Experte. Aber: Mit der Übernahme von UPC wäre es Sunrise möglich gewesen, an vielen Orten als einziger Anbieter schnelles Internet anzubieten. «Insofern hat Sunrise hier einen Nachteil.» Den werde Sunrise aber mit 5G wettzumachen versuchen.
Mit UPC wäre Druck grösser gewesen
Für Jean-Claude Frick (46), Telekom-Experte vom Vergleichsdienst Comparis, hingegen ist klar: «Dass wegen des gescheiterten Deals die Abopreise erhöht und damit die Kunden belastet werden, halte ich für ausgeschlossen.» Sunrise werde Swisscom auch künftig unter Druck setzen. «Zusammen mit UPC hätte dieser Druck aber deutlich stärker sein können», sagt auch Frick.
Der Wettbewerb spiele zwar in der Schweiz. «Wegen der dominanten Stellung von Swisscom aber auf relativ teurem Niveau.» Eine grössere Sunrise, die UPC übernommen hätte, wäre in der Lage gewesen, den Wettbewerb zu verschärfen. «Für die Kunden ist der geplatzte Deal daher eine verpasste Chance», sagt Frick. Das Scheitern der Fusion kommt für ihn nicht überraschend. «Obwohl sich praktisch alle Parteien grundsätzlich einig waren, dass der Deal sinnvoll wäre, war der Preis dafür einfach zu hoch.»
Die Sunrise-Spitze konzentriert sich nun auf den Alleingang. «Es geht jetzt um Sunrise. Wir fokussieren uns auf unseren Plan für 2020», sagt Chef Olaf Swantee (53). Die Ergebnisse des dritten Quartals zeigten, dass Sunrise gut unterwegs sei.
Aber es brauche gewisse Anpassungen bei der Strategie des Alleingangs. «Wir müssen uns im intensiver gewordenen Wettbewerb überlegen, wo wir uns verbessern und wo wir weiter investieren müssen», sagt Swantee.
Swantee stärkt Kurer den Rücken
Sunrise zeigt sich «sehr enttäuscht», wie eine Sprecherin zu BLICK sagt. Der Zusammenschluss wäre eine «einmalige Gelegenheit gewesen, einen starken Konkurrenten zum Staatsbetrieb zu schaffen». Die Kosten für den gescheiterten Deal trage Sunrise, sagt sie.
Ein Grossteil davon werde dank der günstiger ausgefallenen Kosten bei der Auktion der 5G-Lizenzen ausgeglichen. Einsparungen seien keine geplant.
Zum von vielen Medien geforderten Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Peter Kurer (70) sagt Swantee: «Kurer ist ein sehr starker Verwaltungsratspräsident.» Unter seiner Führung habe man es geschafft, Sunrise zu positionieren. «Das Management wird Peter Kurer weiterhin unterstützen», so Swantee.