Arbeitsmedizinerin fordert
Schweiz soll Siesta einführen

Die aktuelle Hitzewelle ist für Büezer gefährlich – und wird immer mehr zur Norm: Die Zahl der Hitzetage hat deutlich zugenommen. Eine Siesta wie in südlichen Ländern könnte die Risiken mildern, findet eine Arbeitsmedizinerin.
Publiziert: 11.07.2023 um 09:49 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2023 um 15:27 Uhr
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Temperaturen von über 30 Grad sind bei körperlicher Arbeit ein Risiko.
Foto: Keystone

Die Arbeit auf dem Bau ist auch an normalen Tagen schon ein riesiger Krampf. Die aktuelle Tropenhitze setzt den Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern nun so richtig zu. Am meisten bekommen das Büezer im Strassenbau zu spüren. Bei Temperaturen ab 30 Grad nehmen die gesundheitlichen Risiken und die Unfallgefahr deutlich zu. Die Arbeitsmedizinerin bei der Schweizerischen Unfallversicherung Suva liebäugelt deshalb mit einem Modell nach südländischem Vorbild. «Ich persönlich denke, da können wir von den Mittelmeerländern lernen. Vonseiten Arbeitsmedizin kommen wir nicht drumherum, Überlegungen in Richtung Siesta zu machen», sagt Christine Marty im Interview mit dem «Tages-Anzeiger».

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Demnach würden die Mitarbeiter am Morgen noch etwas früher beginnen, über Mittag eine längere Pause – die Siesta – machen und die Arbeit am späteren Nachmittag wieder aufnehmen. Die Arbeiter würden also am frühen Nachmittag nicht arbeiten – genau dann ist die Hitze am grössten und die UV-Exposition am höchsten.

Mehr Unfälle an Hitzetagen

Die Gewerkschaft Unia forderte am Montag, dass die Baufirmen die Arbeit spätestens bei Temperaturen von 35 Grad einstellen müssten. In der Schweiz gibt es kein Hitzefrei, wenn das Thermometer eine bestimmte Temperatur anzeigt.

Einige Baufirmen setzen an Hitzetagen aber bereits heute auf Siesta-ähnliche Arbeitszeiten. Gemäss Marty wäre es sinnvoll, künftig flächendeckend über ein solches Modell nachzudenken. Dafür sei jedoch ein politischer Prozess notwendig.

Die Zahl der jährlichen Hitzetage hat sich in der Schweiz seit den 1960er-Jahre verdreifacht. Das birgt Risiken: Ab 30 Grad nimmt bei körperlich anstrengenden Arbeiten die Unfallgefahr zu. Gemäss Suva ereignen sich an solchen Tagen fünf bis zehn Unfälle mehr als normalerweise.

Arbeitgeber in der Verantwortung

Einige Arbeiter klappen unter der enormen Hitze zusammen. Doch auch die abnehmende Konzentration oder der schlechtere Schlaf treiben die Unfallzahlen an Hitzetagen nach oben. Besonders brutal wird es für die Arbeitskräfte im Strassenbau. Der verarbeitete Asphalt ist rund 160 Grad heiss. In Kombination mit Temperaturen von über 30 Grad verwandelt sich die Strasse in einen Glutofen.

In solchen Fällen stehen die Arbeitgeber in der Verantwortung. Sie müssen geeignete Massnahmen treffen, zum Beispiel häufigere Pausen zulassen und Schattenplätze zur Verfügung stellen.

Ab 32 Grad soll Belastung reduziert werden

Für Arbeiten auf dem Bau existieren eine ganze Reihe von Empfehlungen – vom Baumeisterverband, von den Gewerkschaften und auch vom Bund. Sie appellieren an die Mitarbeiter, sich mit weiten Kleidern, Kopfbedeckungen und Sonnencreme zu schützen.

Der Bund rät bei mittelschweren körperlichen Arbeiten ab 25 Grad dazu, Überstunden zu vermeiden und besonders mühsame Arbeiten am frühen Morgen zu verrichten. Ab 32 Grad sollen die Arbeitsbelastung reduziert, die Arbeitszeiten angepasst und zusätzliche Pausen eingelegt werden. Ab 36 Grad spricht der Bund von einem «grossen Gesundheitsrisiko» und empfiehlt, die Situation vor Ort durch einen anerkannten Spezialisten beurteilen zu lassen. (smt)

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