Steht der Zirkus vor dem Aus?
Circus-Royal-Direktor Skreinig abgetaucht

Der Circus Royal kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nun zeigt sich, wie desaströs die Spielzeit wirklich war. Artisten und Mitarbeiter packen aus, Direktor Oliver Skreinig ist abgetaucht. Die Gemeinde Emmen wartet noch auf Geld für die Platzmiete von 2018.
Publiziert: 16.12.2019 um 11:49 Uhr
|
Aktualisiert: 19.08.2020 um 15:51 Uhr
1/7
Ein Bild aus besseren Zeiten: 2018 drängten Zuschauer noch ins Zelt des Circus Royal. 2019 fanden die Vorstellungen oft fast ohne Publikum statt.
Foto: Siggi Bucher
Christian Kolbe und Patrik Berger

Die Artisten des Circus Royal haben genug, suchen die Öffentlichkeit, hoffen so, vielleicht noch einen Teil der ausstehenden Gagen zu bekommen. Wie auch Olga P.*, die seit Jahren für den Circus Royal arbeitet, auch früher schon schwierige Zeiten durchgemacht hat. Doch am Ende immer die Gage bekommen hat.

Nicht so in diesem Jahr: «Wir brauchen Hilfe, um zu unserem Geld zu kommen. Einen Anwalt in der Schweiz können wir uns nicht leisten», sagt die Tänzerin gegenüber BLICK. Eine Tänzerin, die wie andere Kolleginnen auch noch weitere Jobs übernehmen musste. P. zum Beispiel sass an der Kasse, kassierte den Eintritt von den wenigen Besuchern, die überhaupt noch kamen. «Alle haben für den Circus gekämpft.» erzählt P. «Wir wollten selber Reklame machen, Zuschauer ins Zelt locken, Werbebroschüren verteilen.» Doch Skreinig habe das alles abgeblockt.

Der Hintergrund: Das Zirkusbusiness ist ein hartes Geschäft. Doch so desaströs wie das Jahr 2019 des Circus Royal verläuft eine Spielzeit selten. Diese endete eine Woche früher als geplant, Mitte November im vorarlbergischen Dornbirn. Seither fehlt von Circus-Royal-Direktor Oliver Skreinig (40) jede Spur, offenbar hat er sich noch in der Nacht nach der letzten Vorstellung aus dem Staub gemacht, wie andere Artisten gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» beklagen.

Und nun schwere Vorwürfe gegen Skreinig erheben: Es geht um nicht oder nur teilweise ausbezahlte Gagen, leere Versprechungen, Schwarzarbeit. «Dass es Gagenrückstände von bis zu fünf Monaten gab, ist nicht einmal die Spitze des Eisbergs», sagt ein Artist zum «St. Galler Tagblatt». Gleichzeitig nimmt er den abgetauchten Direktor in Schutz: Oliver Skreinig sei kein schlechter Mensch, er habe nicht aus bösem Willen gehandelt. «Aber er ist unfähig – und hat mit seiner Arbeitsweise den guten Namen des Circus Royal ruiniert», klagt der Royal-Mitarbeiter.

Kein Weihnachtszirkus in Emmen

Nur wenige Zuschauer fanden bei den Vorstellungen jeweils den Weg ins Zirkuszelt. Und das, obwohl der Zirkus wie kürzlich in Winterthur ZH grosszügig Gratis-Tickets verteilte, um wenigsten mit dem Verkauf im Beizli oder von Souvenirs noch etwas Geld zu verdienen. Tänzerin P. sagt dazu: «Jeder im Zirkus hat Skreinig geraten, die Saison abzubrechen, doch er wollte einfach nicht zuhören.»

Das Desaster hatte sich schon früher abgezeichnet. BLICK berichtete über den verzweifelten Versuch des Circus Royal, mittels Crowdfunding fehlende finanzielle Mittel zu beschaffen. Anstatt wie erhofft 75'000 Franken, kamen nicht einmal 3000 Franken zusammen.

In den vergangenen Jahren hatte der Zirkus sein Zelt im Dezember jeweils in Emmen LU aufgebaut und dort einen Weihnachtszirkus betrieben. 2018 bat Skreinig die Gemeinde darum, eine Hälfte der Platzmiete vor dem Engagement, die andere nachher begleichen zu dürfen. Die Gemeinde bot Hand – und wartet immer noch auf die zweite Hälfte der Platzmiete von 2018.

BLICK hat Skreinig mehrfach mit diesem und anderen Vorwürfen konfrontiert. Vergebens. Für dieses Jahr hat sich Skreinig schon gar nicht mehr um den Platz in Emmen beworben. Wusste er da schon, wie schlecht es wirklich um den Circus Royal steht? Auch die Frage, ob der Circus Royal 2020 überhaupt noch einmal auf Tournee geht, liess Skreinig unbeantwortet.

Toilette statt Manege

Das finanzielle Desaster ist das eine – die schlechte Behandlung der Artisten und Mitarbeiter das andere. So zitiert das «Tagblatt» eine Tänzerin, die anstatt in der Manege hinter der Bar arbeiten musste. Oder eine Sängerin, die auch noch die Toiletten zu putzen hatte. Als zudem die Schwarzarbeit von vier moldawischen Zeltarbeitern aufflog, mussten die Artisten das Zelt selber auf- und abbauen.

Das «Tagblatt» versuchte ebenfalls, Skreinig auf allen möglichen Kanälen zu erreichen. Ohne Erfolg, der Direktor bleibt verschwunden.

* Name der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.