Die Schweiz ist Vizemeisterin. Nicht an der Fussball-Europameisterschaft (was nicht ist, kann ja noch werden!), dafür in der globalen Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder. Die Rangliste wird einmal jährlich vom renommierten Management-Institut IMD in Lausanne herausgegeben.
In der neusten Ausgabe kann die Schweiz Boden gut machen, verbessert sich um einen Platz: vom letztjährigen dritten neu auf den zweiten Rang. Nur ein Land schneidet noch besser ab: Singapur. Neben Singapur und der Schweiz ebenfalls auf dem Treppchen steht Dänemark.
Top 20 der wettbewerbsfähigsten Länder
Rang | Land |
1. | Singapur |
2. | Schweiz |
3. | Dänemark |
4. | Irland |
5. | Hongkong |
6. | Schweden |
7. | Vereinigte Arabische Emirate |
8. | Taiwan |
9. | Niederlande |
10. | Norwegen |
11. | Katar |
12. | USA |
13. | Australien |
14. | China |
15. | Finnland |
16. | Saudi-Arabien |
17. | Island |
18. | Belgien |
19. | Kanada |
20. | Südkorea |
Gutes Schweizer Image – trotz CS-Aus
Die Rangliste bewertet 67 Länder und nimmt dabei vier Indikatoren mit diversen Sub-Faktoren unter die Lupe: Wirtschaftsleistung, Effizienz der Regierung, Effizienz der Unternehmen und Infrastruktur.
Bei zwei der vier Indikatoren landet die Schweiz auf dem Spitzenplatz, namentlich bei der Effizienz der Regierung und der Infrastruktur. Uns kommen hierbei etwa die politische Stabilität, das Bildungssystem und die hohe Lebensqualität zugute. Auch das System der Schweizer Berufslehre und die starke KMU-Landschaft fallen in der Erhebung positiv ins Gewicht.
Bestnoten sahnt die Schweiz auch bei der internationalen Reputation ab – nach dem Ende der Credit Suisse keine Selbstverständlichkeit. «Die Art und Weise, wie die Schweiz die CS-Krise gelöst hat, zeigte der Welt: Sie kann das», lobt Arturo Bris. Er ist Finanzprofessor am IMD und Direktor des IMD World Competitiveness Center, das das World Competitiveness Ranking erstellt.
Ohne Bevölkerungswachstum kein Wirtschaftswachstum
Zu den Schlusslichtern gehört die Schweiz hingegen beim Preisniveau: Beim Sub-Faktor Lebenshaltungskosten landen wir auf Rang 62 von 67. Bei den Mietpreisen für Büros auf Platz 59.
Eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz sieht Bris beim Bevölkerungswachstum: Die tiefe Geburtenrate in der Schweiz bremst das Wachstum aus. «Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir mehr Arbeitskräfte anziehen», so Bris. «Im Nahen Osten und in Afrika wächst die Bevölkerung. Diese Menschen müssen wir anziehen, um ein Schrumpfen der Erwerbsbevölkerung in der Schweiz zu verhindern.»
Bris ist sich bewusst, dass das eine politisch heikle Forderung ist. Die SVP betrieb letztes Jahr einen erfolgreichen Wahlkampf mit der Stimmungsmache gegen die «10-Millionen-Schweiz», hat in der Zwischenzeit eine Volksinitiative zum Thema eingereicht.
Auf ihrem guten zweiten Platz in der Weltrangliste ausruhen sollte sich die Schweiz jedenfalls nicht, mahnt Bris. «Viele Weltregionen sind schneller unterwegs, die Schweiz sollte nicht selbstgefällig werden.» Schwellenländer holen mit den Industrieländern auf. China etwa steht auf Rang 14, Thailand auf Rang 25, Indonesien auf Rang 27.
KI auf Kosten des Klimas
Neben der statistischen Analyse gehört auch eine Umfrage unter knapp 7000 Führungspersonen aus den untersuchten Ländern zur Studie. Die Befragten sehen drei primäre Herausforderungen: die Einführung Künstlicher Intelligenz (KI), die Gefahr einer weltweiten Konjunkturabschwächung sowie geopolitische Konflikte.
Der Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft hingegen scheint bei den Managern in den Hintergrund gerückt zu sein. «Die Unternehmen merken, dass sie nicht alles gleichzeitig haben können: Nachhaltigkeit, digitale Transformation, Wettbewerb, Wachstum», erklärt Bris. Also gehen sie Kompromisse ein – und entscheiden sich offenbar in vielen Fällen, die Nachhaltigkeit zu opfern. Der globale Konsumgüterkonzern Unilever zum Beispiel hat jüngst seine Ziele für die Reduktion von Plastikverpackungen zurückbuchstabiert.