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So schwierig ist der Arbeitsmarkt für Ältere wirklich
Offizielle Zahlen zu Ü50-Arbeitslosen täuschen!

Die Situation älterer Arbeitsloser spiegelt sich nur ungenügend in der offiziellen Arbeitslosen-Statistik wider. Deshalb hat BLICK bei Experten nachgefragt.
Publiziert: 08.05.2019 um 18:15 Uhr
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Die offizielle Statistik täuscht: Das Problem der Altersarbeitslosigkeit ist grösser, als die Zahlen zeigen.
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Christian Kolbe

Basel will Arbeitslosen die Stellensuche auch im grenznahen Ausland schmackhaft machen. Das bringt aber nicht viel, ausser grossen Ärger bei den Betroffenen (BLICK berichtete). Gemeldet haben sich zumeist ältere Arbeitnehmer. Denn die Situation vieler Stellensuchender über 50 ist gravierender, als es die offiziellen Zahlen zeigen. Sie fühlen sich nicht mehr gebraucht, im Stich gelassen, haben oft den Mut verloren, zahlen Umschulungen aus dem eigenen Sack. 

Die heute veröffentlichten Arbeitslosenzahlen für den Monat April zeigen: Selbst die Altersarbeitslosigkeit geht etwas zurück, allerdings weniger als die Jugendarbeitslosigkeit. 

Ältere suchen länger 

Pascal Scheiwiler (46), Chef der Outplacement-Firma von Rundstedt Schweiz, betreut im Auftrag von Firmen entlassene Mitarbeiter, hilft ihnen, sich beruflich neu zu orientieren. Für ihn ist klar: «Die gezielte Diskriminierung älterer Arbeitnehmer stelle ich nicht fest.» Er weiss aber auch: «Es dauert bei älteren Arbeitnehmern auf Jobsuche länger, bis sie wieder einen Job finden.»

Die Unternehmensberaterin Elisabeth Michel-Alder weiss um die Diskrepanz zwischen den offiziellen Zahlen und den zum Teil harten Schicksalen von Stellensuchenden jenseits der 50. Es gebe Indikatoren, die auf eine Verschärfung der Situation für über 50-Jährige hinweise: «Die Zahl älterer Sozialhilfebezüger ist in den letzten Jahren dramatisch angestiegen.» Zudem steige die Anzahl jener Leute, die ganz aus dem Arbeitsleben aussteigen, bevor sie das ordentliche Pensionsalter erreicht haben – meist ohne lukrative Frühpensionierungsregelung.

Es braucht andere Weiterbildungsprogramme

Auch nehme die Zahl Selbständigerwerbender über 55 deutlich zu: «Diese Leute brauchen lieber ihr Erspartes auf oder halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, als sich beim Sozialamt zu melden.» Michel-Alder verurteilt all die politischen Bestrebungen, Sozialhilfegelder zu kürzen und Sozialhilfeempfänger schlechtzumachen: «Diese Menschen sind keine Flohner, doch das negative Image setzt ihnen sehr zu.» 

Was lässt sich dagegen tun? Für Michel-Alder braucht es viel mehr Weiterbildungsprogramme, die auf Menschen über 45 zugeschnitten sind. «In der Schweiz fehlen Angebote, die sich gezielt an Menschen richten, die in ihrem Berufsleben schon einiges erreicht haben, die aber noch mal etwas Neues wagen wollen.» Das Problem in der Schweiz: Das gesamte Bildungssystem ist auf Aufstieg, nicht auf Umstieg ausgerichtet.

Der Ball liegt in erster Linie bei den Unternehmen, findet Scheiwiler. «Die grossen Firmen haben erkannt, dass es für ausgemusterte Angestellte eine professionelle Betreuung brauche. Diese Einsicht fehlt bei vielen KMU.» Denn wenn sich schon eine Kündigung nicht vermeiden lässt, so sollte ein Arbeitgeber wenigstens seiner sozialen Verantwortung gerecht werden.

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