Die Geschichte von Christian Schaub (53) hat viele Leser bewegt. Der Speditionskaufmann auf Jobsuche ist stinksauer, weil ihm das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) Basel eine Einladung zu einer Info-Veranstaltung «Arbeiten in Deutschland» geschickt hat (BLICK berichtete). Das war für den Arbeitslosen zu viel, er machte seinem Unmut Luft. Er sehe keinen Grund, nach Deutschland arbeiten zu gehen, er möchte einen Job in der Schweiz.
Doch Schaub ist nicht der Einzige, der solche Einladungen bekommen hat. BLICK-Leser Markus S.* (54) berichtet, die Ausgleichskasse des Kantons Aargau habe ihn darauf hingewiesen, er könne im Ausland arbeiten gehen. «Das haben die sehr ernst gemeint», so S. zu BLICK.
Suchradius erweitern
Der inzwischen ausgesteuerte Aargauer hat jahrelang Behinderten geholfen, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. Nun braucht er selber Hilfe. Die Umschulung zum Lastwagenchauffeur bezahlt er aus dem eigenen Sack. Kostenpunkt: rund 15'000 Franken.
Auch ein Leser aus Brugg AG hat von der Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV) eine Einladung zu einer Info-Veranstaltung bekommen, an der er sich über eine Anstellung in Deutschland informieren könne. Isabelle Wyss (46), Leiterin Arbeitsmarktliche Integration Kanton Aargau, bestätigt dem BLICK, dass auch der Kanton Aargau solche Veranstaltungen durchführe: «Wir wollen die Leute ermuntern, ihren Suchradius zu erweitern. Dazu haben wir Stellensuchende gezielt angeschrieben.»
Unter anderem Stellensuchende über 50. «Die Arbeitgeber sind in Deutschland offener gegenüber älteren Arbeitnehmern. Ü50 ist dort ein viel kleineres Thema», erklärt Wyss. Die Arbeitsmarkt-Spezialistin kann den Unmut der Arbeitslosen über die Info-Veranstaltungen verstehen: «Es ist sicher nicht einfach, in Deutschland zu arbeiten und in der Schweiz zu wohnen. Aber der Aufwand könnte sich in Einzelfällen lohnen.»
So einfach ist Arbeiten in Deutschland nicht
Das hingegen glaubt BLICK-Leser Rainer L.* (60) nicht. Er erzählt von den bürokratischen Hürden, die seine 49-jährige Lebenspartnerin erdulden muss. Sie wohnt bei ihm in Winterthur ZH, pendelt jeden Tag 50 Kilometer ins deutsche Stockach am Bodensee. Jobs in der Schweiz hat sie lange gesucht – ohne Erfolg.
Dass viele Arbeitslose aus der Schweiz einen Job im grenznahen Deutschland finden könnten, diesen Optimismus teilen die Ostschweizer Kantone nicht. «Dass auf den RAV gemeldete Personen mit Wohnsitz in der Schweiz im grenznahen Ausland Arbeit suchen bzw. finden, ist höchst selten», schreibt der Kanton St. Gallen auf Anfrage von BLICK. Ähnlich tönt es aus dem Kanton Thurgau.
Für die Gewerkschaften ist klar: Wer im Ausland eine Stelle sucht, soll das freiwillig tun. «Es darf auf keinen Fall ein Zwang sein. Arbeitssuchende aus der Schweiz ins Ausland abzuschieben, wäre inakzeptabel und rechtlich unzulässig», sagt die Unia. *Name geändert